Bestseller-Jahrescharts 2021

Die Champions: Juli Zeh, Hape Kerkeling und Stefanie Stahl

29. Dezember 2021
Matthias Glatthor

Juli Zeh, die bereits das Halbjahresranking angeführt hat, triumphiert auch über das ganze Jahr bei der Belletristik (HC). Hape Kerkeling holt sich genauso souverän den ersten Platz beim Sachbuch (HC). Bei den Ratgebern ist mit Stefanie Stahl ein gewohntes Gesicht ganz vorn. Der "Miss Merkel"-Krimi von David Safier überrascht mit Platz 1 in den Börsenblatt-Jahrescharts.

Belletristik: Platz 1 für Juli Zeh

In den vergangenen Jahren hatte Sebastian Fitzek mit seinen jeweils im Oktober (KW 43) erschienenen neuen Thrillern immer die Nase vorn in den Hardcover-Jahrescharts Belletristik (2018: "Der Insasse"; 2019: "Das Geschenk" und  2020: "Der Heimweg") – diesmal muss er Juli Zeh den Vortritt lassen: Deren Dorfroman "Über Menschen" (Luchterhand; ET: 22. März) erklimmt mit 445.000 verkauften Exemplaren, davon laut Verlag allein diesen Dezember über 30.000, souverän den Jahresthron. Über alle Ausgabearten lag die Verkaufszahl laut Verlag am 23. Dezember bei 570.000. Warum hat Zehs Buch den Nerv der Zeit getroffen? "Weil es die großen Themen unserer Zeit – seien es Klimawandel, Rassismus, Pandemiegeschehen etc. – anspricht und daneben auch die momentan herrschenden Widersprüche einfängt und thematisiert", so Luchterhand-Verlegerin Grusche Juncker gegenüber Börsenblatt online. Es sei ein Plädoyer für Menschlichkeit. Das Buch sei kürzlich in die 12. Auflage gegangen, die Papierbeschaffung sei kein Problem gewesen. Man habe, so die Verlegerin, "vorausschauend geplant, uns entsprechend bevorratet und daher keinen Engpass infolge des Weihnachtsgeschäfts erlebt".

  • Juli Zeh hatte bereits die Halbjahrescharts angeführt, siehe Börsenblatt online: "Über Menschen" von Juli Zeh meistverkauftes Buch. (Das meistverkaufte Buch des Jahres ist dann jedoch laut Media Control die bei Heyne erschienene TB-Ausgabe von Delia Owens' "Der Gesang der Flusskrebse" [ET: 25. Januar; Ü: Ulrike Wasel, Klaus Timmermann) geworden – der Titel liegt bei uns an der Spitze der TB-Jahrescharts).

Bei Juli Zeh hat Börsenblatt online nach neuen Projekten gefragt. Ihre Antwort: "Ich habe immer viele Texte gleichzeitig in der 'Mache' und kann noch nicht genau sagen, ob einer davon fertig wird und wenn ja, welcher. Zur Zeit schreibe ich mit eher wenig Druck. Nach 'Über Menschen" brauche ich eine Verschnaufpause." Und was wünscht sie sich für 2022? "Für uns alle wünsche ich mir eine Rückkehr zur Normalität – des Lebens und des Lesens. Ich wünsche mir, dass bis dahin alle durchhalten, Autoren und Autorinnen, Verlagsmitarbeiter, Leserinnen. Dass niemand aufhören muss, das zu tun, was er oder sie am meisten liebt."

Und Sebastian Fitzek?

Fitzek erreicht mit "Playlist" (Droemer; ET: 27.Oktober) durch einen Weihnachts-Endspurt Platz 2 – die gleiche Position fährt er beim Paperback ein, mit seinem Nicht-Thriller "Der erste letzte Tag" (Droemer; ET: 28. April). Das ist aber noch nicht alles von ihm in unseren Jahrescharts: 

  • Platz 21 (Belletristik Hardcover): "Der Heimweg" (Droemer; ET: 21. Oktober 2020)
  • Platz 25 (Belletristik Paperback): "Das Geschenk" (Droemer; ET: 1. September)

Mit "Der erste letzte Tag", einem "Roadtrip voller Komik, Dramatik und unvorhergesehener Abzweigungen", so Droemer, habe man die "Fitzek-Fanbase" um ein ganzes Stück erweitern können. Die Gesamtauflage aller Fitzek-Titel im Verlag liege aktuell bei über 14 Milionen Exemplaren.

Auch von Sebastian Fitzek wollten wir vor Weihnachten wissen, was sein nächstes Projekt ist. "Schreiben ist für mich wie atmen. Ich kann es nicht sehr lange unterdrücken, auch nicht über die Feiertage. Das nächste Buchprojekt ist allerdings schon abgeschlossen. Ende März erscheint 'Schreib oder Stirb', ein Thriller, den ich mit Micky Beisenherz geschrieben habe und mit dem ich etwas Neues ausprobiere, denn hier trifft Fitzek-Thrill auf Beisenherz-Humor", so Fitzek. Für 2022 hofft er, dass das Jahr "noch etwas für mich selbst bis dato Unvorhergesehenes bereithält". Und er wünscht sich "weniger Zoom-Meetings, mehr Begegnungen in der Realität."

Auf dem Treppchen: Lucinda Rileys "Verschwundene Schwester"

Platz 3 der Jahrescharts geht an "Die verschwundene Schwester" (Goldmann; ET: 24. Mai; Ü: Sonja Hauser, Karin Dufner, Sibylle Schmidt, Ursula Wulfekamp) der im Juni 2021 verstorbenen Lucinda Riley. Über alle Ausgabearten habe man über 600.000 Exemplare abgesetzt, davon als Hardcover rund 400.000 Stück, gibt Goldmann an. Die TB-Ausgabe soll im März 2022 kommen.

Es ist der siebte Band von Rileys "Sieben Schwestern"-Reihe, die sich laut Verlag im deutschsprachigen Raum bislang rund 6,8 Millionen Mal verkauft hat. Den abschleißenden achten Band der Reihe "Atlas – Die Geschichte von Pa Salt" wird, wie bereits gemeldet Rileys Sohn Harry Whittaker vollenden – die deutsche Ausgabe ist für Mai 2023 angekündigt.

Übrigens: Die Meldung über den achten Band der "Sieben Schwestern" war 2021 die meistgelesene auf Börsenblatt online:

Alle Bücher der Autorin wären hierzulande rund 14 Millionen Mal über den Ladentisch gegangen.

Der "Miss Merkel"-Coup

Einen überraschenden Coup hat David Safier, passend zum Abgang der Bundeskanzlerin von der politischen Bühne, mit seinem Krimi "Miss Merkel. Mord in der Uckermark" (Rowohlt Kindler; ET: 23. März) hingelegt: Er steht damit am Ende auf Platz 1 der Belletristik-Jahrescharts (Paperback). Man hat knapp 400.000 Exemplare verkauft, teilte der Verlag vor Weihnachten mit. Und weiter geht es: Der Folgeband "Miss Merkel. Tod auf dem Friedhof" soll am 1. März 2022 erscheinen. "Die Idee, aus Frau Merkel eine Art deutsche Miss Marple zu machen, hat im Verlag sofort gezündet", sagt Programmleiterin Ulrike Beck.

Sachbuch: Platz 1 für Hape Kerkeling

Alles, was Hape Kerkeling schreibt, wird ein Hit, so auch sein Katzenbuch "Pfoten vom Tisch!" (Piper; ET: 30. Juni), mit dem er auf den Gipfel der Jahrescharts Sachbuch (Hardcover) stürmt. Vor Weihnachten war man bei 500.000 verkauften Exemplaren, teilt der Verlag mit – als Hardcover, E-Book und Hörbuch (laut Media Control ist es Deutschlands meistgehörtes Hörbuch 2021). Man sei in der 7. Auflage, so Piper, "alle Materialien hatten wir mit der Druckerei langsfristig abgestimmt und waren deswegen immer lieferbar. Die Nachdrucke haben aber etwas länger gedauert als sonst."

Kerkeling sitzt bereits an seinem nächsten Buch, wie er dem Börsenblatt verrät: "Den Titel habe ich schon. Die ersten 90 Seiten stehen. Es wird mein bestes Buch. Gewissermaßen historisch." Man darf gespannt sein. Und was wünscht sich Kerkeling, der am liebsten an seinem Schreibtisch im Garten schreibt, für 2022? "Dass Menschen in Scharen in die Buchhandlungen strömen", sagt er auf Anfrage.

Hinter Kerkeling reihen sich Mai Thi Nguyen-Kim mit "Die kleinste gemeinsame Wirklichkeit" (Droemer; ET: 1. März) und Sahra Wagenknecht mit "Die Selbstgerechten" (Campus; ET: 14. April) ein. Nguyen-Kims verkaufte Gesamtauflage aller Titel liege bei 380.000 Exemplaren, teilt Droemer mit. Von Wagenknechts "Debattenbuch des Jahres", so Campus, habe man inzwischen fast 250.000 Exemplare aufgelegt – und den Großteil auch an die Leser:innen gebracht.

Ratgeber: Platz 1 für Stefanie Stahl

Auch in diesem Jahr führt bei den Ratgebern (HC, PB) kein Weg an Stefanie Stahls Longseller "Das Kind in dir muss Heimat finden" (Kailash, 2015) vorbei – sie erreicht erneut Platz 1 in der Endabrechnung. Über alle Ausgabearten (Print, E-Book, Audio-Dowonload, MP3) habe man 2021 über 450.000 Exemplare verkauft, so der Verlag. Aktuell sei die 37. Auflage lieferbar, insgesamt wurden seit Erscheinen über alle Ausgabearten mehr als zwei Millionen Exemplare abgesetzt.

Stefanie Stahl, so erklärt sie gegenüber Börsenblatt, freut sich riesig, "dass das 'Heimatkind' so ein Giga-Erfolg ist". In ihren Augen sei es so erfolgreich, weil es jeden Menschen angehe. "Jeder sollte sich mit seiner Psyche befassen. In meinen Buch gebe ich den Leserinnen und Lesern eine Problemlösestruktur an die Hand, will heißen: Jeder kann seine individuellen Probleme mit dieser Struktur bearbeiten und das ist meines Erachtens auch das Erfolgsrezept."

Können wir etwas Neues ihr erwarten? "Ja, ich sitze an einem nächsten Buchprojekt, und das wird diesmal das dickste Brett, das ich je gebohrt habe", verrät Stefanie Stahl gegenüber dem Börsenblatt. Es werde um die menschliche Psyche gehen, sie will darin ihr psychotherapeutisches Handeln offenlegen.

Blick aufs Podest

Neben der auf die Eins abonnierten Stefanie Stahl zeigen sich in unseren Jahrescharts zwei prominente Köche auf dem Treppchen: Den Silberrang zieht Steffen Henssler mit "Hensslers schnelle Nummer" (Gräfe und Unzer; ET: 3. März) an Land – der Titel stammt von seinem gleichnamigen TV-Format mit Blitz-Rezepten. Bisher hat man über 230.000 Exemplare des Kochbuchs verkauft, so der Verlag auf Anfrage. In den letzten Wochen vor Weihnachten habe die Nachfrage noch einmal zugelegt. Henssler plant inzwischen weiter: "Nach dem großen Erfolg war klar, dass das einen zweiten Teil braucht", sagt er dem Börsenblatt. Es gebe aber einen riesigen Unterschied: "Diesmal mache ich alles in Eigenregie ohne Verlag." Man versuche natürlich jedes Mal den Lesern und Fans was neues zu bieten: "Im zweiten Teil von HSN werden wir eine noch höhere Vernetzung zwischen der Online Welt und der analogen Welt bieten. Deswegen haben wir zu jedem einzelnen Rezept ein Video gedreht, das über einen QR Code exklusiv nur für die Käufer des Buches abrufbar sind." Das Buch soll es ausschließlich in seinem Onlineshop geben. Für den Buchhandel keine freudige Nachricht, wenn es denn so kommt.

Den dritten Platz holt sich der israelisch-britische Koch Yotam Ottolenghi für seinen Evergreen "Simple – Das Kochbuch" (DK Verlag; ET: 28. September 2018). Im gerade zu Ende gehenden Jahr habe man bis in die erste Dezemberwoche rund 140.000 Bücher abgesetzt, insgesamt stehe die Absatzmenge bei mehr als 400.000, erklärt Vertriebs- und Marketingleiterin Barbara Thieme. Seit Erscheinen verkaufe man jedes Jahr mehr Exemplare: "Wenn der Trend so weitergeht, dann kommen wir im nächsten Jahr an eine Gesamtauflage von 600.000 heran."

Es ist nicht der einzige Ottolenghi-Titel, der in unseren Jahrescharts Farbe zeigt: Gleich auf Platz 4 kommt "Flavour" (zusammen mit Ixta Belfrage; ET: 11. September 2020), auf Platz 12 "Jerusalem" (zusammen mit Sami Tamimi; ET: Januar 2013) und auf Platz 16 sein neuester Streich "Ottolenghi Test Kitchen – Shelf Love" (zusammen mit Noor Murad; ET: 4. Oktober), alle beim DK Verlag.

Insgesamt haben die Münchner acht Kochbücher von Ottolenghi und eins seiner Test Kitchen veröffentlicht, die Gesamtauflage bewege sich in Deutschland auf 1,8 Millionen zu.

Link zu den Jahrescharts 2021

Unsere kompletten Jahrescharts 2021 Belletristik, Sachbuch, Ratgeber, Kinder- und Jugendliteratur, Krimi, Romanhafte Biografien sowie Belletristik Independent finden Sie hier: 

https://www.boersenblatt.net/thema/jahresbestseller-2021

Mehr zu den Jahrescharts 2021 und eine Auswertung der 51 Wochencharts (inklusive Verlagsranking) lesen Sie im Börsenblatt 51/52, das am 30. Dezember erscheint.