Buchcharts – die aktuellen Bestsellerlisten

Bill Kaulitz kapert Platz 2

10. Februar 2021
Matthias Glatthor

"Tokio Hotel"-Sänger Bill Kaulitz landet mit seiner Autobiografie "Career Suicide" sofort auf dem Silberrang beim Sachbuch (HC). Und der Virologe Hendrik Streeck ist mit seinem Corona-Buch "Hotspot" neu dabei. Bei der Belletristik (HC) ist Marah Woolf mit Teil 3 ihrer HexenSchwesternSaga höchstplatzierte Neueinsteigerin. Was sich sonst noch in unseren aktuellen Bestsellerlisten tut, lesen Sie hier.

Belletristik: Hexen und Alltagsheldinnen

Marah Woolf, die im kommenden Oktober ihr zehnjähriges Jubiläum als Autorin feiern kann (wie sie auf ihrer Website https://marahwoolf.com verrät), landet mit "Sister of the Night – Von Ringen und Blut" (Nova MD; ET: 2. Februar) neu auf Platz 6 der Belletristik-Charts (Hardcover). Es ist der dritte, abschließende und umfangreichste Band (608 S.) ihrer "HexenSchwesternSaga", die sie im Juni 2020 mit "Sister of the Stars" (480 S.; kam in der KW 26/2020 neu auf Platz 13 in unsere Wochencharts, konnte sich aber nur eine Woche darin halten) gestartet hatte. Der zweite Band, "Sister of the Moon" (480 S.) folgte dann im September. In der Reihe, so auch im Finale, setzt die Ich-Erzählerin, die Hexe Vianne, zusammen mit ihren Schwestern Aimée und Maelle alles daran, die Welt vor einer Invasion der Dämonen schützen. Mit dem ersten Band der Reihe hat Woolf den Bronze-Rang beim Lovelybooks Leserpreis 2020 in der Kategorie Fantasy & Science Fiction ergattert.

Warum schreibt die Autorin aus Sachsen-Anhalt unter einem Pseudonym? "Ich war und bin der Meinung, dass sich in meinem Genre Bücher mit englischen Autorennamen besser verkaufen", schreibt sie auf ihrer Website in einem FAQ. Unter dem weiteren Pseudonym Emma C. Moore verfasst sie seit einigen Jahren auch Liebesromane.

"Die Mitternachtsbibliothek" (Droemer; Ü: Sabine Hübner; ET: 1. Februar), eine Zwischenwelt zwischen Diesseits und Jenseits, ermöglicht es der Protagonistin Nora Seed, die sich umbringen wollte, andere Verläufe ihres Lebens "nachzulesen". Aber wären diese unbedingt besser gewesen? Der britische Autor Matt Haig, der eigene Erfahrungen mit Depressionen und Angststörungen hat, formuliert eingangs als Widmung: "Für alle Menschen, die im Gesundheitswesen tätig sind. Und für die Pflegekräfte. Danke!" und stellt dem Text dann ein Zitat von Sylvia Plath voran. Der Verlag verheißt eine "Hymne auf das Leben", und die Erkenntnis, dass wir durch unsere Entscheidungen unser Leben geformt haben – das gut so ist, wie es ist. Neu auf Platz 10.

In einem Trailer stellt Matt Haig sein Buch vor:

Trailer zur "Mitternachtsbibliothek"

Die weiteren drei Neueinsteiger sind der Unterhaltungsliteratur zuzuordnen: Susanne Fröhlich legt mit "Abgetaucht" (Knaur; Platz 12; ET: 1. Februar) den elften humorvollen Roman um ihre chaotische Alltagsheldin Andrea Schnidt vor. Rührt dafür ihre typische Mixtur an. Der 1995 geborene Comedy-Autor, Podcaster (zusammen mit Christian Huber: "Gefühlte Fakten") und Journalist Tarkan Bagci hat unter anderem für Jan Böhmermanns "Neo Magazin Royale" (ZDF neo) getextet. In seinen Roman "Die Erfindung des Dosenöffners" (Ullstein; Platz 19; ET: 1. Februar) geht es um den Journalisten Timur Aslan, der in der Lokalredaktion einer Kleinstadtzeitung festhängt – und von einer großen Karriere träumt. Ob ihm eine Story über die 70-jährige Annette, die den Dosenöffner erfunden haben will, dazu verhelfen kann?

"Gespenster" (Atlantik; Ü: Eva Bonné; ET: 2. Februar), der erste Roman der britischen Autorin, Journalistin und Podcasterin Dolly Alderton, kommt neu auf Platz 25 in die Belletristik-Hardcoverliste. Zum Inhalt: Die Londonerin Nina George Dean, die wir an ihrem 32. Geburtstag kennenlernen, charakterisiert sich so: "Seit meiner Trennung von Joe vor zwei Jahren war ich inaktiver Single – einer, der nicht auf Verabredungen geht." Das wäre natürlich keine gute Basis für den weiteren Plot – also meldet sich Nina bei einer Dating-App an. Alderton beschreibe "bittere Wahrheiten aus dem Dating-Haifischbecken dieser Tage, mit denen sich viele Frauen identifizieren werden", urteilte etwa "Barbara". Der Roman habe das Potenzial, ein Nachfolger der weltbekannten 'Bridget-Jones'-Reihe zu werden", meinte "Der Spiegel".

Im Segment "New Adult" kommt mit "Not Your Type" (Knaur Tb.; ET: 1. Februar) der erste Band der neuen Serie "Love is queer" von Alicia Zett. Eine der Hauptfiguren des romantischen Romans ist eine Trans-Person. Das Buch beginnt neu auf Platz 9 in den Belletristik-Charts (Paperback). Der zweite Band "Maybe Not Tonight", über die Liebe zweier junger Männer erscheint im Mai. Alicia Zett, die sich selbst als "Queer Writer & Filmmaker" bezeichnet, hat einen YouTube-Kanal mit über 40.000 Abonnenten.

Sachbuch: Kaulitz, Streeck und Söder

Bill Kaulitz, 31, Leadsänger und mit seinem Zwillingsbruder Tom (das ist der neue Ehemann von Heidi Klum) Gründer der Band "Tokio Hotel" legt mit "Career Suicide" (Ullstein; ET: 1. Februar) seine Autobiografie vor – kann damit auf Anhieb Platz 2 in den Sachbuch-Charts (Hardcover) erringen. Den Spitzenreiter Barack Obama mit "Ein verheißenes Land" (Penguin; seit 11 Wochen auf Platz 1) kann er nicht verdrängen.

Wie kam "Career Suicide" zustande? "Als wir begannen, mit Bill Kaulitz‘ Management darüber zu sprechen, dass sich aus seinen einzigartigen Erfahrungen ein spannendes Buchprojekt entwickeln könnte, haben wir zunächst längerfristig gedacht", berichtet eine Ullstein-Sprecherin gegenüber Börsenblatt online. "Als sich abzeichnete, dass Bill Kaulitz wegen der Corona-Pandemie seine Tourpläne absagen muss, hat das Ganze dann Fahrt aufgenommen. Er hat schon vor längerer Zeit angefangen, einige Geschichten aus seinem Leben aufzuschreiben, und jetzt hatte er Zeit und Lust, sich diesem Projekt zu widmen."

Kaulitz habe etwa vier Monate intensiv an dem Buch geschrieben. "Ihm stand dabei Dunja Pechner zur Seite, die Tokio Hotel fast von Anfang an als PR-Frau begleitet hat" und seine Arbeitsweise und viele der im Buch beschriebenen Ereignisse sehr gut kenne. Das Vorwort steuerte Benjamin von Stuckrad-Barre bei, die beiden würden sich schon lange kennen und seien befreundet. "Wir hatten 'Panikherz' [Anm.: von Stuckrad-Barre] von Anfang an als Bezugspunkt für das Projekt im Kopf, daher passte das sehr gut." Kaulitz habe viele Interviews gegeben, war in Podcasts zu Gast und habe im Hörfunk über sein Buch erzählt. Zusätzlich habe es eine große Social-Media-Kampagne inklusive Vorablesen und netgalley gegeben.

Hendrik Streeck, Direktor des Instituts für Virologie am Universitätsklinikum Bonn, war und ist während der Corona-Pandemie ein in den Medien vielfach präsenter Experte. In einer Studie hatte er früh das Infektionsgeschehen in Gangelt im Kreis Heinsberg, dem ersten Corona-Hotspot in Deutschland untersucht. Mit "Hotspot" (Piper; ET: 1. Februar) – neu auf Platz 5 in den Sachbuch-Charts (Hardcover) – blickt er zurück und liefert laut Verlag zudem "einen spannenden Einblick in die aktuelle Forschung und zugleich neueste Erkenntnisse zu Sars-CoV-2 und dem Pandemiegeschehen." Zur Entstehung des Buches sagt Streeck im Interview mit der "Augsburger Allgemeinen": "Ich habe von Anfang an ein Videotagebuch geführt, als wir nach Heinsberg gefahren sind, und danach viel aufgeschrieben. Somit hatte ich eine Basis. Aber ohne die Hilfe des Verlages hätte ich das nicht machen können."

Profiliert hatte sich in der Corona-Krise Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, in Umfragen war sein Beliebtheitswert gestiegen. Rechtzeitig vor der Bundestagswahl und der Kür des Kanzlerkandidaten von CDU/CSU ist nun erschienen: "Söder – Die andere Biographie" (Hoffmann und Campe; ET: 2. Februar) aus der Feder von Anna Clauß, die als Bayern-Reporterin und Kolumnistin von München aus für den "Spiegel" arbeitet. "Das vorliegende Buch ist meine Version seiner Geschichte", schreibt Clauß im Vorwort. Söder sei bereit gewesen, mit ihr zu sprechen, "obwohl er wusste, dass ich nicht zu seinen Fans gehöre, dass ich in meinen politischen Kommentaren meist feministisches, statt konservatives Gedankengut verbreite und dass er das Buch nicht vorab lesen durfte." Die Biografie steigt neu auf Platz 23 in die Hardcover-Charts ein.

Beziehungskisten

Um Rezepte für gelungene Beziehungen, Hochzeiten und Familienleben geht es bei etlichen Neueinsteigern in der Sachbuch (PB)- und der Ratgeberliste. Drei davon kommen aus der Edel Gruppe:

  • Platz 5 (Sachbuch Paperback): "Zweit.nah" (Eden Books; ET: 5. Februar) von Lina Mallon. Die Fortsetzung von "schnell.liebig" aus dem Frühjahr 2020.
  • Platz 10 (Sachbuch Paperback): "Die Brautflüsterin" (Eden Books; ET: 5. Februar) von Sanna Lindström
  • Platz 5 (Ratgeber): "Generation Beziehungsunfähig. Die Lösungen" (Edel Books; ET: 5. Februar) von Michael Nast

Ist die Nachfrage nach solchen Themen im Corona-Jahr gestiegen? "Das Gelingen der Partnerbeziehung ist während Corona auf jeden Fall noch stärker in den Fokus gerückt – der Lockdown lässt wenig Raum für Grautöne", meint Eden Books Verlegerin Jennifer Kroll auf Anfrage. "Am Ende ist die Frage: Allein oder zusammen durch diese schwierige Zeit?"

Die Bestsellerautorin Lina Mallon sei schon seit vielen Jahren als Bloggerin in Sachen Liebe / Beziehung unterwegs und biete ihren Followern eine komplexe, sehr persönliche Perspektive auf das Thema. "Dass sie so schnell nach ihrem ersten Buch 'schnell.liebig' schon nachgelegt hat, ist auch dem verrückten letzten Jahr geschuldet – auch bei ihr hat sich einiges verändert. Den Weg gehen ihre Leserinnen offenbar sehr gern mit."  Mallon sei seit Corona in einer Fernbeziehung und könne ein Lied davon singen, wie wichtig es ist, in dieser Situation authentisch und nah zu kommunizieren – das sei ein zentrales Thema ihres Buches. Sie habe eine sehr treue Leserschaft. Für die Buchhandlung Lüders in Hamburg etwa habe Mallon 100 Exemplare signiert, die am selben Tag ausverkauft waren, führt Kroll als Beispiel an.

Auf die Brautmode-Designerin Sanna Lindström sei der Verlag zugegangen. Sie hätte selbst schon lange den Wunsch gehegt, ein Buch zu schreiben. "Aus dem persönlichen Umfeld haben wir mitbekommen, dass sehr viele Brautpaare den großen Tag auf 2021 verschieben mussten wegen Corona, da lag es nah, das Buch auch erst jetzt zu bringen. Zudem ist im Februar Valentinstag", so Kroll.  

Von Michael Nasts Titel habe man bereits über 15.000 Exemplare sind verkauft, man sei jetzt in der zweiten Auflage, sagt Lena Borowski von Edel Books. Nast habe mit seinem Vorgänger, dem Besteller "Generation Beziehungsunfähig" (2016), den Grundstein für den von seinen Leser*innen lang ersehnten Nachfolger geschaffen. "Das Gelingen einer Beziehung bleibt stets aktuell, und die Fortführung seiner Thesen und Lösungsvorschläge kommt jetzt sicher zur richtigen Zeit", so Borowski. Das Thema Beziehungen im Lockdown komme aber nicht explizit vor. Unterstützt werde der Titel durch eine umfangreiche Online-/Social-Media-Kampagne inklusive einer digitalen Buchpremiere für die Fans, hinzu kämen diverse TV-Auftritte.

Die Wirtschaftspsychologin und "Vertrauensexpertin" Eva Schulte-Austum kommt mit "Vertrauen kann jeder" (Knaur; ET: Mai 2019) wieder zurück in die Ratgeber-Charts – auf Platz 15. Der Beziehungsratgeber klettert dafür 60 Plätze aufwärts – mit einem Thema, dass in den langen Lockdown-Wochen offenbar relevant ist. Die Autorin erzählt mittels Geschichten "neun bewährte Rezepte, die Beziehungen gelingen lassen und uns für den Alltag stark machen", so der Verlag.

Neu auf Platz 10 in der Ratgeberliste ist "Wild Child" (Piper Pb.; ET: 1. Februar) von der Pädagogin Eliane Retz und der Kommunikationswissenschaftlerin Christiane Stella Bongertz. Die beiden wollen zeigen, wie Eltern Konflikte mit kleinen Kindern von 1 bis 5 Jahren liebevoll lösen können. Und der Titel? "Wir finden …, dass wild child eine wunderbare Bezeichnung für kleine Kinder ist. Denn auch die sind wild und scheren sich nicht um Konventionen oder darum, was 'man' so macht." Daher komme es oft zu besagten Konflikten, denen sie eine bindungsorientierte Erziehung entgegensetzen. Ihr Buch soll "als Informationsquelle und Nachschlagewerk dienen, aber auch als ganz konkreter Retter in der Not".

Der Link zu den Wochenlisten:

https://www.boersenblatt.net/news/bestseller

Insgesamt gibt es 27 Neueinsteiger in die aktuellen Wochencharts sowie 13 Wiedereinsteiger (jeweils ohne die Liste Essen & Trinken / Ernährung).

Über die Bestsellerlisten

Die Börsenblatt-Bestsellerlisten basieren auf Verkaufszahlen, die von unserem Kooperationspartner Media Control erhoben werden. Hierzu werden wöchentlich, elektronisch die Verkaufszahlen aus den Warenwirtschaftssystemen von deutschlandweit mehr als 6.550 Verkaufsstellen ausgelesen: Sortimentsbuchhandlungen inklusive eCommerce, Bahnhofsbuchhandel, Kauf- und Warenhäuser sowie Elektro- und Drogeriemärkte. Bezogen auf das Umsatzvolumen bilden die Daten 88 Prozent des gesamten deutschen Buchmarktes ab. Mehr Informationen dazu finden Sie hier.