Analyse zum endgültigen Aus der Weltbild GmbH & Co. KG

Aus Fehlern nichts gelernt?

15. August 2024
Christina Schulte

In wenigen Wochen sind die Weltbild-Buchhandlungen und der Shop Geschichte. Es scheint, als habe sich das Unternehmen zwischen seinen beiden Insolvenzen 2014 und 2024 nicht weiterentwickelt. Eine Analyse von Christina Schulte, Chefredakteurin des Börsenblatts.

Weltbild-Filiale in Leipzig

Nach der ersten Insolvenz im Jahr 2014 konnte Weltbild, damals noch eines der Branchenschwergewichte, in Teilen gerettet werden. Zehn Jahre später findet sich niemand mehr, der das Risiko eingehen möchte, das zurecht gestutzte Unternehmen mit 440 Mitarbeitern weiterzuführen. Zur Erinnerung, welche Bedeutung Weltbild einst hatte: 2012 lag der Umsatz des Unternehmens bei rund 1,6 Milliarden Euro, unter dem Firmendach gab es Verlage und ca. 300 Filialen, 6.400 Mitarbeiter waren bei den Augsburgern beschäftigt. Nun steht die Liquidation für ein deutlich kleineres Haus an, das mehr denn je ein Gemischtwarenladen ist. Eine klare Ausrichtung fehlt.

Geblieben sind 14 Weltbild-Filialen, in denen bereits der Räumungsverkauf läuft. Auch der Shop mit tausenden Produkten verschiedenster Art wird schließen. Wenngleich das Ausmaß für die Branche nicht so erschütternd ist wie 2014: Verlage, Dienstleister, Logistiker und weitere Unternehmen aus der Buchbranche werden auch dieses Mal von der Pleite hart getroffen. Ein Großteil von ihnen bleibt bereits ein zweites Mal auf ausstehenden Forderungen in schmerzhafter Höhe sitzen.

Vor zehn Jahren die gleiche Kritik wie heute

Blickt man auf die erste Insolvenz zurück, gibt es zahlreiche Parallelen. Die katholische Kirche, die damalige Eigentümerin von Weltbild, wollte das defizitäre Unternehmen nicht weiter finanzieren und stellte im Januar 2014 beim Amtsgericht Augsburg einen Insolvenzantrag. Gleiches gilt nun für die Droege Group, den Gesellschafter der Weltbild GmbH & Co. KG. Weitere, dringend benötigte Finanzspritzen blieben damals wie heute aus. Bei den katholischen Alteigentümern gab es zudem Diskussionen über das Sortiment: Dass erotische und esoterische Bücher angeboten wurden, ging den Bischöfen gegen den Strich. Auch Kritik an der unklaren Fokussierung und dem breiten Angebot wurde damals bereits laut. Genauso wurde die Ansprache der Kundinnen und Kunden per Katalog bemängelt, schon vor zehn Jahren ein teures Marketinginstrument – und heute noch umso mehr.

Konkurrenten aus Fernost

Es sieht fast so aus, als wäre das Unternehmen auf der Stelle stehen geblieben und hätte nichts aus den Fehlern der ersten Insolvenz gelernt. Liest man die Begründung des Insolvenzverwalters Christian Plail, warum Weltbild 2024 keinen Käufer gefunden hat, kommt das einem Déjà-vu gleich. Konkurrenz durch andere Online-Händler, ein unklares Markenprofil, ein diffuses Angebot, zu hohe Kosten.

War 2014 in erster Linie Amazon der große Konkurrent für Weltbild sind es jetzt neben dem Giganten aus den USA asiatische Billigshops wie Temu oder Shein, die Weltbild das Leben schwer machen. Die Digitalisierung, die Kundenansprache via Social-Media – das sind Entwicklungen, die Weltbild verschlafen hat. Das Konzept, marode Unternehmen aufzukaufen und deren Produkte auf weltbild.de zu integrieren (2023 etwa die Schmuckmarke Paul Valentine und die Barfußschuhmarke Groundies), scheint jedenfalls nicht aufgegangen zu sein. Die Leidtragenden der verfehlten Strategie sind einmal mehr die Beschäftigten, die jetzt allesamt gehen müssen. Und die Gläubiger, die ein weiteres Mal Verluste in Kauf nehmen müssen.