Herbert Blank gestorben
Herbert Blank, über Jahrzehnte einer der profiliertesten und erfolgreichsten Antiquare Deutschlands, ist am 22. Januar im Alter von 93 Jahren gestorben.
Herbert Blank, über Jahrzehnte einer der profiliertesten und erfolgreichsten Antiquare Deutschlands, ist am 22. Januar im Alter von 93 Jahren gestorben.
Vor drei Jahren, Ende Januar 2020, war Herbert Blank mit einem prominent platzierten Stand als Aussteller auf der 59. Stuttgarter Antiquariatsmesse im Württembergischen Kunstverein am Schloßplatz vertreten. Für seine Kund:innen mitgebracht hatte er Bücher unter anderem von Hölderlin, Else Lasker-Schüler, Antoine Saint-Exupéry und vor allem Paul Celan, im Messekatalog allesamt vier- oder fünfstellig ausgezeichnet. Im März 2020 ging die Welt in den ersten Covid-19-Lockdown, bei den digital flankierten Messeersatzunternehmungen des Verbands Deutscher Antiquare 2021 und 2022 war Blank nicht mehr dabei.
Bekanntheit erlangte Blank nicht nur durch seine 1971 im Gustav-Siegle-Haus am Leonhardsplatz beginnende jahrzehntelange Beteiligung an der Stuttgarter Verbandsmesse (deren Messeausschuss er in den 1970er Jahren zusammen mit Fritz Neidhardt, Roger Klittich und Carl-Ernst Kohlhauer angehörte), sondern auch durch exquisite Verkaufskataloge, gewidmet etwa der Literatur des 18. Jahrhunderts, der Gruppe 47, Ernst Jünger, Goethe und Gottfried Benn (eine bibliographisch genaue Auflistung der Blank'schen Katalogproduktion, mehr als 50 größere Kataloge umfassend, wäre höchst wünschenswert!). Das Zusammentragen der Bücher und die akribische Katalogbearbeitung nahmen oft Jahre in Anspruch; Blanks Preisgestaltung korrespondierte mit Angebotsqualität und Aufwand. Spektakulär war 2001 Herbert Blanks "Kafka-Coup" – die Übernahme einer von Blank rekonstruierten Bibliothek Franz Kafkas durch das Industrieunternehmen Porsche, das die Sammlung als Geschenk nach Prag gab (der fünf Jahre später unternommene ähnliche Versuch Blanks mit Walter Benjamin glückte nicht in vergleichbarer Weise; nur der erste Teil der "Dokumentation einer verlorenen Bibliothek" wurde als Katalog 56 im Oktober 2006 veröffentlicht).
Herbert Blank wurde am 20. Juni 1929 in Nürnberg geboren, erlebte also das Ende des Zweiten Weltkriegs als Jugendlicher. Auf eine abgebrochene Ausbildung in einer Bäckerei in Schwäbisch Gmünd, zu der eine Landwirtschaft mit Milchkühen gehörte, folgte eine buchhändlerische Ausbildung in Stuttgart mit einer mehrmonatigen Zwischenstation im Antiquariat der Frankfurter Bücherstube. 1956 bis 1965 leitete Blank den anthroposophisch orientierten Verlag Freies Geistesleben in Stuttgart, die Anthroposophie hatte große persönliche Bedeutung für Blank, nach eigenem Zeugnis. Zum 1. Oktober 1965 gründete Blank in Stuttgart sein Antiquariat, mit Philosophie und Literatur als Schwerpunkten. 1970 findet sich sein Name erstmals im Gemeinschaftskatalog des Verbands Deutscher Antiquare, dem er über fünf Jahrzehnte als Mitglied angehörte. Zu den frühen Erfolgen des Antiquars zählte die Übernahme der Bibliothek von Karl Löwith, mit dem Gelehrten selbst ausgehandelt. 1982 tauchte Blank in einem mit Fotos von Herlinde Koelbl illustrierten Beitrag von Eckart Kleßmann im "Zeitmagazin" auf, zusammen mit Hans Schneider, Maria Conradt, Frieder Kocher-Benzing und Jürgen Holstein – Blank gehörte ohne Zweifel zum westdeutschen antiquarischen Hochadel.
Einkaufsquelle für Blank waren private Nachlässe und natürlich Auktionen, da war er ein kundiger und hartnäckiger Bieter. In die Karten ließ Blank sich selten blicken (dazu gehört wohl ein geduldiges Lager); ein Mitarbeiterstamm oder ein Ladenlokal passten nicht zum Geschäftsmodell. Zu Blanks illustrem Kundenkreis gehörten Institutionen – das Deutsche Literaturarchiv in Marbach sei stellvertretend genannt – aber auch engagierte Privatsammler. Blank war in vielerlei Hinsicht der marktbewusste, netzwerkende und zugleich diskrete Buchhändler als bemerkenswerte Einzelpersönlichkeit – und ragte als solche weit in eine Zeit hinein, in der Antiquariatshandel vielfach anders zu funktionieren scheint.
Ein Nachruf auf Herbert Blank in der Zeitschrift "Aus dem Antiquariat" folgt.