Urteil des Bundesgerichtshofs

Werbung mit dem Begriff "klimaneutral": Was ist erlaubt?

28. Juni 2024
Redaktion Börsenblatt

Mit dem Begriff "klimaneutral" dürfen Unternehmen für Produkte nur dann werben, wenn in der Werbung selbst erläutert wird, welche konkrete Bedeutung diesem Begriff zukommt. Sprich, ob es eine Reduktion oder eine Kompensation von CO2-Emissionen gab. Das hat der Bundesgerichtshof entschieden. 

Zulässigkeit von Werbung mit dem Begriff "klimaneutral"

Das hat der unter anderem für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs am 27. Juni entschieden, so die Mitteilung des BGH. Worum ging es? 

Die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs hatte gegen das Unternehmen Katjes geklagt, das Produkte aus Fruchtgummi und Lakritz herstellt. Katjes hatte in einer Fachzeitung damit geworben, dass seit 2021 alle seine Produkte klimaneutral produziert würden. Ein Logo zeige den Begriff "klimaneutral" und weise auf die Internetseite eines "ClimatePartner" hin. Der Herstellungsprozess der Produkte von Katjes laufe nicht CO2-neutral ab. Katjes unterstütze indes über den "ClimatePartner" Klimaschutzprojekte.

Diese Werbeaussage hält die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs für irreführend. Sie könne so verstanden werden, als ob der Herstellungsprozess selbst klimaneutral ablaufe. Zumindest müsse die Werbeaussage dahingehend ergänzt werden, dass die Klimaneutralität erst durch kompensatorische Maßnahmen hergestellt werde. 

Zunächst hatte das Landgericht die Klage abgewiesen, auch die Berufung der Klägerin war ohne Erfolg geblieben. Mit der Revision vor dem Bundesgerichtshof hatte die Klägerin nun Erfolg. Der BGH hat nun Katjes zur Unterlassung der Werbung und Erstattung vorgerichtlicher Abmahnkosten verurteilt. Die beanstandete Werbung sei "irreführend" und "mehrdeutig", weil der Begriff "klimaneutral" nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen von den Lesern der Fachzeitung – nicht anders als von Verbrauchern – sowohl im Sinne einer Reduktion von CO2 im Produktionsprozess als auch im Sinne einer bloßen Kompensation von CO2 verstanden werden könne.

Bei einer Werbung, die einen mehrdeutigen umweltbezogenen Begriff wie "klimaneutral" verwendet, müsse deshalb zur Vermeidung einer Irreführung regelmäßig bereits in der Werbung selbst erläutert werden, welche konkrete Bedeutung maßgeblich ist. Aufklärende Hinweise außerhalb der umweltbezogenen Werbung seien insoweit nicht ausreichend. Eine Erläuterung des Begriffs "klimaneutral" sei hier insbesondere deshalb erforderlich gewesen, weil die Reduktion und die Kompensation von CO2-Emissionen keine gleichwertigen Maßnahmen zur Herstellung von Klimaneutralität darstellen, sondern die Reduktion gegenüber der Kompensation unter dem Gesichtspunkt des Klimaschutzes vorrangig ist. Die Irreführung sei auch wettbewerblich relevant, da die Bewerbung eines Produkts mit einer vermeintlichen Klimaneutralität für die Kaufentscheidung des Verbrauchers von erheblicher Bedeutung sei.