Deutsch-Französischer Jugendliteraturpreis 2024

Stress gewinnt

14. Oktober 2024
Olivia Zielke

Der diesjährige Deutsch-Französische Jugendliteraturpreis geht an Lucia Zamolo für ihr genreübergreifendes Sachbuch "Und dann noch ..." sowie an Chloé Guidoux und Claire Martha für das kulinarische Kunstbuch "Quand l’art passe à table".

 

In der Staatskanzlei: (von links) Jessica Heide, saarländische Staatssekretärin für Bildung und Kultur, die Gewinnerinnen Chloé Guidoux und Lucia Zamolo sowie die französische Honorarkonsulin Myriam Bouchon

In der Staatskanzlei: (von links) Jessica Heide, saarländische Staatssekretärin für Bildung und Kultur, die Gewinnerinnen Chloé Guidoux und Lucia Zamolo sowie die französische Honorarkonsulin Myriam Bouchon

Saarländische Staatskanzlei in Saarbrücken, kurz vor 11 Uhr, die Gänge füllen sich mit Gästen der diesjährigen Verleihung des Deutsch-Französischen Jugendliteraturpreises, darunter zahlreiche Schüler:innen sowie Student:innen aus Straßburg. David Lindemann, Chef der Staatskanzlei und Bevollmächtigter für Europaangelegenheiten, hob in seiner Begrüßung die Bedeutung der deutsch-französischen Beziehungen hervor und lobte vor allem die Schüler:innen zweier Schulen aus St. Avold und Saarbrücken, die "in Kürze alle zwölf nominierten Bücher gelesen haben, um als Jugendjury ihre Siegertitel zu küren." Schmunzelnd merkte er an, es gebe heutzutage manchmal Abiturient:innen, die nicht mal ansatzweise so viel gelesen hätten. Doris Pack von der Stiftung für die deutsch-französische kulturelle Zusammenarbeit dankte den Lehrer:innen, die sich für den Spracherwerb und das Übersetzen einsetzen, da nicht alle fließend Deutsch und Französisch sprächen, dies aber für die internationale Kommunikation wichtig sei. Myriam Bouchon, Honorarkonsulin der Republik Frankreich in Saarlouis, betonte, dass alle Titel der Shortlist eine Brücke zwischen beiden Kulturen schlagen. Zudem verstärkten die Illustrationen in den Büchern den Inhalt der Werke, sodass die jungen Lesenden auch bildhafte Erfahrungen damit machen können. Bouchon freute sich über die Fülle an Novitäten: "Es gibt nie zu viele Bücher ..."

Es gibt nie zu viele Bücher. Es lebe die deutsch-französische Freundschaft, es lebe die Jugend, es lebe Europa!

Myriam Bouchon, Honorarkonsulin der Republik Frankreich in Saarlouis

Die Top 12

Bei der Vorstellung der Shortlist wurde am 11. Oktober in Saarbrücken deutlich, dass die Themen der Sachbücher nicht unterschiedlicher hätten sein können. Von der Rettung der Kunst über eine Reise nach Sibirien bis hin zum Umgang mit dem Tod waren viele Themen vertreten. Auch die zivilisatorische Bedeutung der Toilette hat es auf die Shortlist geschafft: "Am Anfang war es ein Aprilscherz des Verlags – aber das Interesse und die Nachfrage waren in kürzester Zeit so groß, dass Tessloff sich zu einem neuen Band der WAS IST WAS-Reihe entschloss und bei mir nachfragte“, erzählte Autor Florian Kinast.
Die gesamte Shortlist samt Bibliografien finden Sie hier: (Die Shortlist 2024 steht (boersenblatt.net)

Lieblingsbuch der Kinder

Auch Schüler:innen durften in den vergangenen Wochen während ihres Unterrichts die Bücher begutachten und hatten gemeinsam einen Gewinnertitel gewählt. Die Herzen der deutschen Kinder hatte "Stimmt das?" von Anna Schindler und Katrin Dageför erobert. In dem Buch finden sich 42 kuriose Behauptungen und die Antworten darauf wieder. "Im Zeitalter der Fake-News bietet dieses Werk eine Art Hilfestellung. Es geht nicht darum, alle Fragen mit einem klaren Ja oder Nein beantworten zu können, ein Vielleicht reicht auch manchmal schon aus“, erklärte Schindler. "Das Überraschendste während der Lesungen ist für mich, wie viel Vorwissen die Kinder bereits haben.“

Anna Schindler und Katrin Dageför

Anna Schindler und Katrin Dageför 

Die Preisträgerinnen 2024

Den diesjährigen Deutsch-Französischen Jugendliteraturpreis erhielt Lucia Zamolo für ihr Buch "Und dann noch … Wie Stress weniger stresst" (Bohem). Die Autorin und Illustratorin studierte Design mit den Schwerpunkten Illustration und Kommunikation an der Münster School of Design sowie Englische Philologie und Bildungswissenschaften. Ihre Bachelorarbeit ´Rot ist doch schön´ war ihr Debüt, für das sie die Serafina – den Preis für Nachwuchsillustrator:innen – gewann. Seitdem hat sie bereits mehrere Auszeichnungen für ihre Werke erhalten, ihre Titel wurden bislang in 15 Sprachen übersetzt.
Dieses Jugendsachbuch setze sich mit einem bislang noch wenig behandelten Thema auseinander, das jedoch für Jugendliche und junge Erwachsene an Bedeutung merklich zunehme, so die Jury. Zamolo beschäftigt sich mit Stress und schildert die unterschiedlichen Arten des Drucks – von außen sowie von innen. "Die Typografie und durchgestrichene Wörter offenbaren Denkprozesse, ebenso die Handschrift; Sätze ziehen sich wie trudelnde Schleifen surrender Fliegen über die Seiten: Das Buch ist eine Mischung aus Tagebuch und Website-Optik, Hervorhebungen leiten das Auge des Betrachters durch die Seiten. Letztlich entsteht hier ein neuer Buchtypus, der Genregrenzen sprengt: Es ist ein Sachbuch, es ein Ratgeber, es ist eine subjektiv erzählte Geschichte mit autobiografischen Anteilen", begründete die Jury ihre Entscheidung. Zamolo sei nicht die allwissende Erzählerin, sondern nehme die Leser:innen Schritt für Schritt mit und visualisiere Zusammenhänge niedrigschwellig in infografikartigen Bildern: "Mit jeder Seite wird das Thema des Buchs zum Thema der Leser:innen."

Dieses Buch gehört in jede Schulbibliothek. 

Stefan Hauck, Jury des Deutsch-Französischen Jugendliteraturpreises, in der Laudatio auf Lucia Zamolos "Und dann noch ..."

Lucia Zamolo und David Lindemann

Beglückwünschung der Preisträgerin Lucia Zamolo durch David Lindemann und Stefan Hauck

Beglückwünschung der Preisträgerin Lucia Zamolo durch David Lindemann und Stefan Hauck

Auf französischer Seite erhielten die Autorin und Jugendbuchverlegerin Chloé Guidoux und Illustratorin Claire Martha den diesjährigen Preis für ihr Buch "Quand l´art passé a table" (Thierry Magnier). Während Guidoux sich für Museen, Essen und fürs Lesen begeistert, schwankt das Herz von Martha zwischen Wissenschaft und Kunst. Sie hat didaktische Illustration studiert und ihr präziser und strenger Strich umfasst eine breite Palette an Stilen und Tonalität.

Dieses Buch repräsentiere zwei Genre gleichzeitig – ein Kochbuch und ein Kunstbuch, so die Jury. Die Stärke dieses großformatigen Bilderbuchs liege in seiner Vielschichtigkeit – es sei auf den ersten Blick wie ein klassisches Rezeptbuch gegliedert, in Vor-, Haupt- und Nachspeisen, aber beim genauen Hinsehen lebe das Werk von den faszinierenden Verbindungen zwischen Meisterwerken der Malerei und Kochrezepten. Leser:innen fänden darin auch Erläuterungen und Definitionen zu ästhetischen Epochen und künstlerischen Techniken, Anekdoten zu kulinarischen Traditionen und zur Erfindung neuer Speisen.

Kunst zum Knabbern, Rezepte zum Staunen: "Quand l’art passe à table" ist ein synästhetischer Prachtband, der ein Abenteuer für die Sinne bietet

Jury des diesjährigen Deutsch-Französischen Jugendliteraturpreises
Preisträgerin Chloé Guidoux

Preisträgerin Chloé Guidoux 

Chloé Guidoux mit Honorarkonsulin Myriam Bouchon (links)

Autorin Chloé Guidoux mit Honorarkonsulin Myriam Bouchon (links)

Die Jury des Deutsch-Französischen Jugendliteraturpreises 2024

Die Jury des Deutsch-Französischen Jugendliteraturpreises 2024 bestand aus Nicola Bardola, Germaine Goetzinger, Alfred Gulden, Stefan Hauck, Alexandra Rak, Britta Benert, Gilles Buscot, Géraldine Elschner, Isabelle Enderlein und Mathilde Lévêque.