Bernie Sanders in Berlin

Standing Ovations bei Buchvorstellung

16. Oktober 2023
Redaktion Börsenblatt

Vergangene Woche kam US-Senator Bernie Sanders nach Berlin und stellte dabei vor 1200 Gästen auch sein neues Buch "Es ist okay, wütend auf den Kapitalismus zu sein" vor. Das Börsenblatt hat Tropen-Verleger Tom Müller gefragt, wie er die Tage mit Sanders erlebt hat.

Bernie Sanders mit Verleger Tom Müller beim Besuch des Topen-Verlagsbüros 

Ausverkaufter Saal

"Ausnahmezustand in Berlin: Als Bernie Sanders am Abend die Bühne betritt, erheben sich die Menschen, es gibt Standing Ovations. Der Saal ist ausverkauft, 1200 Besucher sind gekommen zur Premiere seines neues Buches 'Es ist okay, wütend auf den Kapitalismus zu sein'. Auch der Schriftsteller Daniel Kehlmann ist gekommen", sagt Tom Müller. Die Sehnsucht nach einem Hoffnungsträger progressiver Politik sei groß in Deutschland, "besonders da die Parteien links der Mitte selten so schlecht dastanden wie nach den letzten Landtagswahlen in Bayern und Hessen. Sanders Buch und er als Person scheinen einen Nerv zu treffen. Linke Lösungen statt rechter Parolen." Sanders Plädoyer: "Wir dürfen die Leute nicht für dumm verkaufen!"

Ausverkaufter Saal bei der Buchvorstellung im Haus der Kulturen

Gespräche über die deutsche Verlagslandschaft

Als er am nächsten Morgen mit seiner Frau Jane Sanders das Tropen Büro in Berlin Kreuzberg besucht, geht es aber erstmal um ganz andere Themen. "Er vertieft sich in das Buch 'Berlin Wonderland' von Anke Fesel und Chris Keller, ein Bildband, der die Berliner Stadtgeschichte der Postwendejahre erzählt", berichtet Müller. "Sanders will wissen, wie sich Ost und West entwickelt haben, welche Unterschiede es gibt in den politischen und den Lebensverhältnissen."

Tom Müller, Bernie Sanders und Jane Sanders beim Durchblättern eines Bildbands

"Er erkundigt sich nach der deutschen Verlagslandschaft und fragt, was die Herausforderungen sind, mit denen wir zu kämpfen haben. Besonders das Funktionieren der Buchpreisbindung interessiert ihn, und wie es dazu beigetragen hat, dass die Dominanz von Amazon im Büchermarkt hierzulande nicht so stark ist wie in anderen europäischen Ländern, besonders in den Vereinigten Staaten und in Großbritannien. Er fragt nach der Rolle der Buchläden und staunt als ich ihm sage, dass es knapp 3000 sind in Deutschland."

Bernie Sanders mit Verleger Tom Müller

Matzoballsuppe und dann ins Kanzleramt

Während des Gesprächs gibt es eine traditionelle jüdische Matzoball Hühnersuppe von dem lokalen Café Masha’s Bagel & Delicatessen, "deren Betreiberin wie Bernie Sanders in Brooklyn geboren ist, und die in den Trump-Jahren nach Berlin 'geflohen' ist, weil sie die Hetze nicht mehr ertragen konnte", sagt Tom Müller. "Nach 30 Minuten muss Bernie Sanders schon weiter, er hat einen Termin im Kanzleramt." Auch dort seien ganz offenbar linke Lösungen gefragter denn je, meint Müller.