Einzelhandel

Shoppingcenter: Krise oder Aufwind?

7. Februar 2024
Redaktion Börsenblatt

Der Zentrale Immobilien Ausschuss sieht eine positive Trendwende für Shopping Center. Zugleich muss der Verband zugeben: Die Besucherzahlen haben sich seit Corona nicht erholt. Leerstand und der Onlinehandel machen der Branche zu schaffen. Neue Konzepte sind gefragt.

Blick auf das Shoppingcenter Skyline Plaza in Frankfurt

Blick auf das Shoppingcenter Skyline Plaza in Frankfurt

Eine aktuelle Pressemitteilung des Spitzenverbands der Immobilienwirtschaft liest sich eine Verkaufsbroschüre: „Shopping-Center in Deutschland haben die Talsohle verlassen und setzen zunehmend neue Akzente fürs soziale Zusammenleben“.

Die Studie „Shopping-Center 2024: Bestandsaufnahme und Zukunftsfähigkeit einer Branche“, die der ZIA (Zentraler Immobilien Ausschuss e.V.) und EY Real Estate gemeinsam erarbeitet haben, will auch in Zahlen belegen, wie sich die angezählte Branche von den verheerenden Folgen der Corona-Pandemie berappelt.

„Die Trendumkehr ist geschafft, der Weg bergauf setzt sich beschleunigt fort. Mit einem professionellen Center-Management und einem individuellen Angebots-Mix setzen viele Center starke kreative Akzente“, äußert sich Iris Schöberl, Vizepräsidentin des ZIA. Schöberl betont, dass der Einzelhandel in den Centern auch in Zukunft eine Schlüsselrolle einnehme:  „Eine lebendige Stadt ohne Handel ist wie ein Auto ohne Räder – da fehlt der Drive. Wir brauchen aber verstärkt einen Mehrwert der Marke „Einkaufen plus‘, der zusätzliche Besucherinnen und Besucher in die Center zieht und sie zum Ort sozialer Begegnung macht“, sagt die ZIA-Vizeprädentin. „Am Ende macht’s der Mix.“

Eine lebendige Stadt ohne Handel ist wie ein Auto ohne Räder – da fehlt der Drive.

Iris Schöberl, Vizepräsidentin des ZIA

Mehr als nur Handelsfächen

Dieser Mix sieht laut Studie aktuell so aus:

  • Mit Dienstleistungs- und Gesundheitsangeboten punkten mittlerweile fast alle Center: 89 Prozent.
  •  Freizeit- und Unterhaltungsangebote finden sich aber nur in 52 Prozent der Shopping-Center.
  • Der Lebensmitteleinzelhandel hat sich mittlerweile als typischer Ankermieter etabliert (75 Prozent).
  • Auch Drogerien (35 Prozent) haben einen hohen Stellenwert.

„Bei fast 60 Prozent der Center, die sich an der Befragung beteiligten, gab es in den zurückliegenden fünf Jahren größere Investitionen in Revitalisierungs- oder Modernisierungsmaßnahmen“, erklärt Schöberl. Die hätten sich im doppelten Wortsinn ausgezahlt. Dies bestätigt auch Oliver Schweizer, Leiter des Immobiliensektors bei EY in Deutschland: „Über 70 Prozent der Center zeichnen sich durch besonders starke Performancewerte in Mietvolumen, Leerstand und Neuvermietung aus. Bei drei Viertel der Shopping-Center wurden bei Bestandsmietern Ende 2023 höhere Mieten erzielt als Anfang 2022. Diese Zahlen bestätigen, dass ein aktiver Ansatz im Center-Management Früchte trägt.“

Die Krux: Zugleich belegt die Studie von ZIA und EY Real Estate: Die Besucherfrequenz hat längst noch nicht das Vor-Corona-Niveau erreicht. Die Besucherfrequenz ist bei 86 Prozent aller Center noch nicht wieder auf dem Vor-Corona-Niveau. Nur in Centern mit großem Einzugsgebiet ist sie stabil geblieben. Eine Trendumkehr ist wenig wahrscheinlich.

Gleichzeitig konnten die Betreiber die Preise von Mietverträgen auch nicht maßgeblich steigern, die Laufzeit der gewerblichen Mietverträge ist im Sinkflug. All das erhöht den Druck und nimmt finanziellen Spielraum, der für die Modernisierung der Flächen dringend notwendig ist.

Anfang 2023 hatte PWC in einer anderen Studie rund einem Drittel der Shopping-Center in Deutschland das drohende Aus bescheinigt. Für eine Mehrheit der Kunden (62 Prozent) sei das Konzept von Einkaufscentern generell nicht überlebensfähig.

Mit neuen Konzepten und Flächenumnutzung Richtung Zukunft

Gute Nachrichten für die Branche lassen sich aber auch herauslesen:

  • Die Zahl der neu abgeschlossenen Mietverträge ist gestiegen: Knapp 75 Prozent der Center konnten die Bestandsmieten im Vergleich zu 2022 steigern, ein Viertel bewegt sich auf konstantem Niveau.
  • Bei 75 Prozent der Center hat sich die Flächenproduktivität der Mieter im Vergleich zu 2019 erhöht, 2023 ist bei fast allen Centern eine Steigerung erkennbar.
  • Kund*innen geben im Center mehr Geld aus und tätigen zielgerichtet auch größere Einkäufe.

Darauf setzen Shopping-Center in der Zukunft:

  • Schon heute sind kollaborative, bzw. konsumfreie Zonen und Flächen für soziale Aktivitäten in den Malls weit verbreitet, darunter fallen zum Beispiel Angebote für Senioren oder Vereine, 86 Prozent der befragten Shopping-Center bieten bereits solche soziale Ankerpunkte sowie Begegnungsstätten
  • 82 Prozent der Betreiber wollen durch eine starke Ausweitung sozialer und kultureller Veranstaltungen das Center zu einem sozialen Mittelpunkt zu machen.