LYX-Festival in Köln

New-Adult-Extravaganz

5. August 2024
Nele Marggraf

11 Uhr am Samstagmorgen: Eine Stunde nach dem ersten Einlass sind die Säle des Gürzenich im Zentrum der Kölner Altstadt längst gut gefüllt.  Bastei Lübbes Tochterverlag LYX veranstaltet schon länger Pop-Up-Events in großen deutschen Städten, jetzt bekommen Fans des beliebten New-Adult-Genres ein eigenes Festival. Der Plan ist aufgegangen: 4.000 Besucher:innen wurden gezählt. 

Auf den Buchstaben des Verlags können sich Besucher:innen verewigen

Die Location ist ein Traum in Pastellrosa und auch die Gäste, hauptsächlich weibliche Personen im Alter von 16 bis 35, sind entsprechend gekleidet. Sie alle lustwandeln zwischen Workshops, Talks, Lesungen, Büchertischen und vielen weiteren Aktionen. Die Stimmung ist gelöst und bereits zu dieser frühen Stunde tragen viele – zum Teil zum Bersten gefüllte – Einkaufskörbe mit Büchern mit sich herum. Eine Besucherin hat das Gesamtwerk einer Autorin im Schlepptau: “Ich kannte Morgane bis eben gar nicht, ich habe sie bei einem Talk gesehen und fand sie so nett und relatable, ihre Bücher sind sicher gut! Außerdem kann ich sie mir hier direkt alle signieren lassen.“ Die französische Autorin Morgane Moncomble ist zusammen mit den Amerikanerinnen Brittainy C. Cherry und Scarlett St. Clair Gast des #teamLYXabroad Talks, der in einem großen, hellen Saal im ersten Stock stattfindet. Die Schlange ist lang, die Erwartungen hoch. Ein Mutter-Tochter-Duo unterhält sich angeregt über das letzte Mal, als sie Brittainy auf der Frankfurter Buchmesse getroffen haben – jetzt haben sie die neuen Bücher zum Signieren dabei. 

Von Fans für Fans

Die drei jungen Frauen, die auf der kleinen Bühne Platz nehmen, repräsentieren die internationalen Autor:innen des LYX-Verlags. Obwohl sie leicht erhöht sitzen, ist beim Dialog mit dem Publikum keinerlei Hierarchie zwischen den Fans und den Schriftstellerinnen zu bemerken. “Wir sind alle für die Liebe hier, und das verbindet uns – trotz Sprachbarriere“, sagt Moncomble, ihre beiden Kolleginnen sowie die Moderatorin und das Publikum stimmen durch lauten Applaus zu. Sie sprechen über das Reisen, das der Beruf mit sich bringt, über ihre persönlichen Lieblings-“Book-Boyfriends“ und wie einsam die Arbeit an einem Roman sein kann. Die drei sind lebende Erfolgsgeschichten: Cherry und St. Clair haben ihre Bücher zu Beginn ihrer Karrieren, aus mangelndem Interesse der Verlage, selbst veröffentlicht – mit offensichtlichem Erfolg.

Moncomble schrieb auf der Plattfortm Wattpad, bevor sie das erste Mal von einem Verlag publiziert wurde – Die erste Übersetzung ihrer Romane erfolgte in Zusammenarbeit mit LYX.  “Schreibe, was du als Leserin selbst gerne liest“, antwortet Moncomble auf die Publikumsfrage, wie man erfolgreiche Autorin wird. Cherry und St. Clair betonen, dass man dranbleiben muss: “Nur weil Verlage dir die Tür vor der Nase zu machen, heißt das nicht, dass du keine Autorin sein kannst. Du musst nur deinen eigenen Weg finden.“

Es wird schnell klar, dass sowohl die Veranstaltung als auch die Bücher aus einem “von-Fans-für-Fans“ Gedanken geboren sind. Cherry, die ihre Bücher als “angsty slow burn romance” beschreibt, spricht offen und nahbar über ihre Schreibroutine: “Meine wichtigste Regel? Nicht ständig weinen! Der Prozess ist oft genau so emotional wie meine Bücher.“ St. Clair erzählt, dass sie sich eine verdunkelnde Folie für ihren Laptopbildschirm kaufen musste, da ihr auf Reisen ständig Leute über die Schulter geschaut und mitgelesen hätten:  “Das, was ich da schreibe, ist auf jeden Fall zu ‘spicy‘ um einfach so mitgelesen zu werden“, sagt sie und das Publikum lacht auf. Sie wissen genau, dass St. Clairs Bücher nicht für den Durchschnitts-Geschäftsreisenden geschrieben sind – sondern für sie.

Gute Stimmung trotz langer Schlangen bei den Autogrammstunden

Liebe zum Detail

Ein Ausschnitt von St. Clairs Roman “King of Battle and Blood“ kann ebenfalls auf dem Festival gehört werden; Auf einer Empore die mit gemütlichen Kissen und Sesseln ausgestattet ist, können sich die Besucher:innen Kopfhörer leihen und so vom ganzen Veranstaltungsort aus verschiedenen Leseproben lauschen, die von Sprecher:innen live gelesen werden. Wenn gerade niemand liest, laufen verschiedene Hörbücher des Verlags.

Von der Erhöhung hat man außerdem einen guten Blick auf die verschiedenen DIY-Stationen, die im unteren Bereich aufgebaut sind: Von Buttons über Lesezeichen bis hin zu Armbändern kann hier gebastelt werden, was das Zeug hält – und das Angebot wird begeistert angenommen. Das Festival scheint alles in allem perfekt auf seine Besucher:innen zugeschnitten zu sein und lockt New-Adult-Fans aus ganz Deutschland an. Zwei junge Büchhändlerinnen sind extra aus Bayern ins Rheinland gefahren, um das Festival zu besuchen: “Das Herzblut, was in die Gestaltung der Räume und in die Details geflossen ist, macht richtig glücklich“ schwärmen sie.

In mehreren Ecken der großen Säle sind Szenen aus Buchwelten aufgebaut; ein Büro im Dark-Academia Stil mit den Maxton-Hall Büchern in den dunklen Regalen und eine Umkleide, wie sie im Roman Icebreaker aus dem “Maple Hills“ Universum von Hannah Grace beschrieben wird. Besonders gefreut hätten sie sich auf die Workshops, die, wie sich dann auf der Veranstaltung herausstellte, leider sehr begrenzte Kapazitäten haben. Da sie sich für das reguläre, knapp 60 Euro teure Ticket entschieden haben und nicht für die 20 Euro teurere DeLYX-Variante, kommen sie morgens erst eine Stunde nach den DeLYX-Besucher:innen in die Location. “Das ist sehr schade, weil wir unbedingt die frühen Workshops besuchen wollten, die dann aber sicher alle schon voll sind.“ Hier sehen viele Besucher:innen Verbesserungspotential, die Schlange vor den Workshopräumen scheint endlos, genau wie die Enttäuschung der Gesichter mancher Fans, die es trotz langen Anstehens nicht geschafft haben, einen Platz zu ergattern. Ansonsten sind die beiden wunschlos glücklich: “Es ist einfach schön, hier einen bestimmten Schlag an Menschen zu treffen, der auch abgesehen von gemeinsamen Buchgeschmack Werte und Interessen mit uns teilt.“

Dark-Academia Schauplatz im Stile der beliebten Maxton Hall Bücher

Für Eiskunstlauf-Fans: Umkleide aus dem Roman "Icebreaker"

Sandra Dittert: "Unvergleichliches Wochenende"

Auch die Veranstalter sind zufrieden – Sandra Dittert, Vorständin Marketing & Vertrieb rekapituliert: „Hinter uns liegt ein unvergleichliches Wochenende voller besonderer Momente und Eindrücke, die uns noch lange begleiten werden. Unsere Community hat unsere Angebote mit großer Begeisterung angenommen und mit ihrer positiven und wertschätzenden Art zu drei sehr glücklichen Tagen beigetragen. Mit dem Festival haben wir so viele LYX-Autorinnen, Illustratorinnen, Hörbuchsprecher:innen und Leser:innen an einem Ort zusammengebracht, wie noch nie und mit diesem neuen Format konnten wir eine ganze neue Art der Begegnung für die Community ermöglichen. Wir bedanken uns bei der Community und allen Beteiligten, die dieses Wochenende zu einem ganz besonderen Erlebnis gemacht haben.“

Nele Marggraf (25) studiert Theater, Film- und Medienwissenschaften und ist Werkstudentin in der Börsenblatt-Redaktion. Sie hat für uns das LYX-Festival besucht.