Reisen ins Ehrengastland Slowenien

Im Land der träumenden Bücher

29. September 2023
Nils Kahlefendt

Klein, aber hochaktiv zeigt sich der Buchmarkt in Slowenien. Eine Reportage aus dem Gastland der Frankfurter Buchmesse.  

Literaturhauptstadt Ljubljana 

Ljubljana hat viele Gesichter. »Bin inmitten von dir bestens bei mir«, schrieb der Kärntner Slowene Peter Fabjan (1966 – 2016) über die 300 000-Einwohner-Metropole, in der kein König oder General, sondern ein Dichter den Hauptplatz okupiert: France Prešeren (1800 – 1849), einer der Großen der europäischen Romantik, schaut im bronzenen Gehrock kummervoll in eine Nebenstraße – von einer gelben Hausfassade in der Wolfova ulica blickt das Relief der Julija Primic, in die Prešeren unglücklich verliebt war, ausdruckslos zurück. Der Dichter war zu Lebzeiten nicht gut genug für die reiche Kaufmannstochter. Nun hat sie ihn bis in alle Ewigkeit vor der Nase. 

Zu Prešerens Füßen die dreigeteilte Brücke über die Ljubljanica, auf der Akkordeonspieler immergleiche Schnulzen intonieren und Paare Vorhängeschlösser als ewigen Treuebeweis anbringen. Seit vergangenem Jahr gehört das Ensemble – wie gefühlt halb Ljubljana erbaut von Jože Plečnik – zum Unesco-Weltkulturerbe. Der Wiener Bahoe Verlag hat dem zentraleuropäischen Architekten zum 150. Geburtstag eine witzige Comic­biografie spendiert. Zehn Gehminuten weiter öffnet sich wie durch Zauberhand ein Türchen in einem Bauzaun, und Renata Zamida steht vor uns, von 2018 bis 2020 geschäftsführende Direktorin der nationalen Buchagentur JAK und unter Ministerpräsident Janša entlassen. Die damals geschlagenen Wunden scheinen weitgehend verheilt; seit Sommer 2021 leitet Zamida das neu gegründete Kulturzentrum ROG. Wie ein Raumschiff aus dem Industriezeitalter wirken die Hallen der alten Fahrrad­fabrik, wo ein HUB für die Kreativindus­trie entsteht. Hier wird, mit EU-Mitteln gefördert, das Herz eines neuen Kulturdistrikts schlagen, vergleichbar mit dem Arsenal in Venedig oder der Leipziger Baumwollspinnerei.

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