34 Tage vor dem Start jetzt doch eine Absage der physischen Buchmesse. Warum war das nötig und wer hat das entschieden?
Nachdem sich meine Hoffnungen nicht erfüllt hatten, dass sich die Corona-Situation verbessert, war die Entscheidung des Aufsichtsrats der Frankfurter Buchmesse richtig, die physische Messe nicht stattfinden zu lassen und sich auf die digitalen Formate und die Veranstaltungen in der Festhalle und in der Stadt zu konzentrieren.
750 Verlage wollten auf der »Special Edition« der Buchmesse ausstellen. Wie haben die auf die Absage reagiert?
Ich habe in den letzten zwölf Stunden mit vielen gesprochen, mit den Nationalständen, den Schweizern, den französischen und spanischen Kollegen, die alle geplant hatten zu kommen – und jetzt selbst sehen, dass es aufgrund der Restriktionen nicht möglich ist, die Buchmesse als europäische Messe abzuhalten. Wir stoßen also auf viel Verständnis.
Haben die Aussteller schon gezahlt? Bekommen sie ihr Geld zurück?
Es war von Anfang an klar: Wenn wir absagen, werden die Standgebühren zurückerstattet. Das betrifft auch die schon erfolgten Ticketverkäufe.
Was bedeutet die Absage der klassischen Hallenbelegung wirtschaftlich für die Frankfurter Buchmesse?
Wir verlieren viel Geld in diesem Jahr, das ist klar, aber wir haben auch viel Unterstützung erfahren, durch die Kulturstaatsministerin Monika Grütters, das Land Hessen, die Stadt Frankfurt und viele mehr. Aber es ist natürlich wirtschaftlich ein Desaster.
Wird auch Geld reinkommen? Gibt es Fördermittel?
Ja, das Bundeskulturministerium unterstützt uns mit mehreren Millionen Euro. Wichtig ist, dass es mit der Buchbranche weitergeht, wir wollen in diesem Jahr auch Leuchtfeuer sein und »Signals of Hope« aussenden, so einer unserer Slogans.
Die FBM 2020 findet virtuell und mit Publikumsveranstaltungen statt, aber ohne Verlagspräsentation in den Messehallen, Konferenzen, Meetings, Business-Lounge und so weiter. Was hält die Buchmesse zusammen, wenn es keinen gemeinsamen Ort für die ganze Branche inklusive Publikum gibt?
Die Messe lebt von der persönlichen Begegnung. Dieses entscheidende Element wird in diesem Jahr ausbleiben. Aber die Buchmesse muss in jedem Jahr einen Spagat hinbekommen zwischen den wirtschaftlichen Interessen und den Veranstaltungen für das Publikum. Für beide Seiten haben wir eine Fülle von Möglichkeiten geschaffen.
Ist eine Buchmesse ohne Messehallen nicht eher ein Literaturfest?
Die Buchmesse ist natürlich auch ein Literaturfest. Und das wollen wir feiern. In der Woche der Buchmesse wird keiner dem Buch und dem Lesen entgehen können.
Was hat das Gastland Kanada vor?
Kanada hat sich sehr früh Gedanken gemacht, wie die Autoren virtuell präsentiert werden. Die Ergebnisse werden demnächst vorgestellt.
Welche Möglichkeiten haben Verlage, ihre Bücher unter dem Label Frankfurter Buchmesse in diesem Oktober an die Leser*innen zu bringen?
Wir haben auf fancy Gimmicks verzichtet und stattdessen ein robustes System geschaffen. Wichtig ist die Registrierung im Veranstaltungskalender, dort gibt es dann die Möglichkeit, eigene Inhalte zu präsentieren. Viele Verlage produzieren eigene Features, die sie über unsere Kanäle in weitere Kanäle geben. Die Frankfurter Buchmesse mit ihrer Plattform buchmesse.de ist der Kumulationspunkt. Dazu kommen ein volles Programm in der Festhalle und mehr als 80 Veranstaltungen an verschiedenen Locations in der Stadt.
Was bietet die Frankfurter Buchmesse dem Fachpublikum?
Wir haben ein digitales Konferenzprogramm aufgesetzt,
die Rechteplattform und eine Plattform für den Austausch geschaffen. Wir werden auch versuchen, digital Party zu machen.
Zum Abschluss ein Blick in die Zukunft: Was ist Ihre Prognose? Wie wird die FBM 2021 aussehen?
Wir werden eine körperliche Buchmesse haben, wir werden große Teile des digitalen Angebots weiter nutzen, wir werden am Wochenende noch stärker zum Festival werden und unter der Woche B2B in den Fokus stellen. Immer vorausgesetzt, die Corona-Situation entwickelt sich zum Guten.