Der Buchmessestand von Kein & Aber verblüffte schon durch seine Architektur: Ein sehr hoher Kubus, die Frontseite mit einer Gardine aus miteinander verketteten Büchern des Verlages gestaltet. Eine große Öffnung lud zum Eintritt ins Innere des Raumes ein. Hier warteten aber keine Bücherregale auf die Besucher, jedenfalls keine analogen. Vom Eingang aus fiel das Auge direkt auf eine riesige Projektion mir zahlreichen Buchcovern. Wenn ein Cover digital markiert wurde, was automatisch geschah, konnte man es mit der Hand berühren, um damit eine raumfüllende, also dreidimensional anmutende Bewegtbildprojektion zu starten, die, ja … die was?
Vor allem, so der Verleger Peter Haag im Gespräch, soll die Projektion im Kubus kein Leinwanderlebnis, sondern ein Raumgefühl vermitteln. Die Projektionen zu acht Neuerscheinugen des Verlages sind deshalb auf den ganzen Raum hin konzipiert worden. Das sei etwas anderes, als auf einen Screen zu schauen. (Deshalb kann das hier eingebettete Video das Raumerlebnis selbst nicht wiedergeben.) Und noch etwas ist dem Verleger wichtig: Die Projektionen sollen nicht in erster Linie den Inhalt der Bücher präsentieren, sie sollen nicht (wie Buchtrailer oft) etwas über das Buch sagen. (Obwohl die Projektionen schon auf die jeweiligen Buchinhalte Bezug nehmen.) Sie sollen hauptsächlich Lust auf das Buch machen, Neugierde wecken, spannunsvolle Erwartung evozieren. Und tatsächlich, so Peter Haag: "Ich krieg extremes Feedback, ich muss wirklich sagen, es ist erstaunlich. Die Leute sind total erfreut,wahnsinnig erfreut, zum Teil mit offenem Mund, sie glauben es zunächst nicht, aber dann werden sie aktiv. Die Cover kann man ja interaktiv anwählen, und davon wird reger Gebrauch gemacht. Und ich habe Leute gehört die gesagt haben, ach, ich habe jetzt total Lust, dieses Buch zu lesen. Und das ist natürlich der beste Satz, den ich hier gehört habe."
Die Konzeption der Projektionen stammt vom Zürcher Künstlerkollektiv Projektil, auf die Peter Haag bei verschiedenen Events aufmerksam wurde. Und es handelt sich nicht um einen einmaligen Messeauftritt. Im Gegenteil. In diesem Jahr wurden acht Bücher visualisiert. Aber das Projekt wird fortgesetzt, die "Backlist" der Installationen wächst also von Messe zu Messe. Die Neuerscheinungen selbst wurden übrigens eher beiläufig auf einer Leiste an der Seite des Kubus präsentiert. Es war zu beobachten, dass viel in ihnen geblättert wurde.
Peter Haag empfindet die Buchmesse übrigens nicht mehr als Händlermesse, insofern hat sich der klassische Buchstand für ihn erledigt. Die Buchmesse sei vielmehr eine Bücherschau. Er glaubt, die Buchmesse sei ein grandioses Asset. Die Branche habe mit der Buchmesse etwas sehr Wertvolles. Alle Medien berichteten darüber, was bedeutet wir hätten ein extrem wichtiges Instrument in der Hand, um in der gesamten Öffentlichkeit präsent zu sein. Und damit müsse total sorgsam umgegangen werden. Die Verlage und die Messe selbst sollten sich dem Stillstand verweigern. Sie sollten sich, das Publikum im Auge habend, weiterentwickeln und nicht in den Präsentationsformen des 20. Jahrhunderts verharren.
Künstlerische Projektionen auf der Art+
Auf dem Space der Art+ in Halle 4.1 konnte man eine riesige, insgesamt 800 Quadratmeter große Projetionsfläche anschauen und betreten. Drei Künstler haben hierfür visuelle Installationen geschaffen. Die Projektion von Peter Burr, 1980 in New York geboren, sei hier als Beispiel gezeigt. Vielleicht auch als Anregung, welche Möglichkeiten der Inszenierung auch für Bücher ausprobiert werden könnten.