Crowdfunding als Marketing-Tool

Crowdfunding ist mehr als Geld einsammeln

8. Februar 2016
Redaktion Börsenblatt

Eines der Themen der diesjährigen future!publish war Crowdfunding, vorgestellt von Katja Marczinske. Dabei ging es weniger um das Geld der Crowd, sondern Möglichkeiten des Marketings, der Markenbildung und der Marktforschung.

Dass Verleger von »Vorlegen« kommt und eine finanzielle Dienstleistung etwa Autoren gegenüber bedeutet ist in der Branche eine Binsenwahrheit. Bei vielen, nicht nur Kultur-Projekten, geht es darum, für Projekte oder Produkte Gelder zur Vorfinanzierung zu bekommen. Das kann über Beteiligungen passieren, manch wagemutiger in der Branche besorgt sich dafür auch Venture Capital oder wagt sich vereinzelt sogar an die Börse. Mit Crowdfunding-Plattformen wurde diese Dienstleistung in den letzten Jahren dann digitalisiert, Plattformen wie Kickstarter, Startnext oder Companisto sind sogar in der Buchbranche keine Unbekannten mehr. Aber Crowdfunding hat nicht nur eine monetäre Seite, also platt Geld mit Projekt zusammenzuführen. Crowdfunding hat auch etwas damit zu tun, Begeisterte zu finden, zu motivieren und zu binden, hat also eine nicht zu unterschätzende Netzwerk- und Marketingfunktion. 

Crowdfunding als Marketing-Tool

Crowdfunding ist zunächst ein Projekt, das einer bestimmten Zielgruppe vorgestellt wird. Wer es schafft, diese Zielgruppe zu Multiplikatoren zu machen (was wiederum stark von Qualität, Eigenheiten und Viralität des Produkts abhängt), kann eine mitunter überraschend hohe Reichweite erzeugen. Diese dient nicht nur zur Verbreitung des ursprünglichen Produkts, sondern auch zur Markenbildung – vielleicht auch in neuen Zielgruppen, die man über die traditionellen Kanäle nicht erreicht. Zudem können mit Faktoren wie Limitierung (nur ein über Crowdfunding aktiver Teil der Zielgruppe bekommt das Produkt in einer bestimmten Ausprägung – edel aufgemacht, vorab, in Kombination mit anderen Medien oder Zugaben) psychologische Faktoren ausgespielt werden. Sammler von numerierten oder signierten Buchausgaben wissen genau, was damit gemeint ist. Auch Nischen-Themen können bespielt werden, vielleicht ein Autoren-Blog oder eine Lesereise finanziert werden. Letzteres ist auch ein Hinweis darauf, dass es durchaus möglich ist, auch den Buchhandel einzubeziehen. Warum nicht eine Schaufenster-Aktion für einen Autor oder ein Thema zusammen mit der »Fan-Base« umsetzen? Die Möglichkeiten unterliegen eigentlich nur der Beschränkung durch Produkt, Zielgruppe und eigener Phantasie.

Und jetzt auch noch Crowdfunding?

Eine aufschlussreiche und berechtigte Frage ist die nach den internen Ressourcen für Crowdfunding. »Jetzt soll ich also noch nebenher neben allem anderen auch noch Crowdfunding machen?« kam denn auch prompt aus dem Publikum in Berlin. Dem liegt aber ein grundlegendes Missverständnis zugrunde, dem nicht nur Verlage unterliegen und das auch immer wieder schön vorgetragen wird, wenn es um neue Kanäle wie Soziale Netzwerke geht: Marketing geht nicht »nebenher«. Neue Kanäle schon gar nicht, da hier erst Erfahrungen gesammelt werden müssen. Es gibt ein Produkt, es gibt eine Zielgruppe und die von dieser (!) definierten Marketing- und Kommunikationskanäle. Marketing mal nebenbei mit mikroskopischem oder keinem Budget und Ressourcen ist von vorneherein auf Scheitern oder zumindest keine Skalierung programmiert. Dann vielleicht lieber mal auf eine Print-Anzeige verzichten.

Crowdfunding ist was für die »Kleinen«

Wenn es um Beispiele für (erfolgreiches) Crowdfunding geht, werden gerne Verlage wie der Berliner mikrotext-Verlag, Das wilde Dutzend oder der Freiburger Kladde Buchverlag genannt. Breite Aufmerksamkeit hat das Thema vor allem aber seit der Aktion des Hanser Verlags um das Roman-Abo von Tilman Ramstedt bekommen, übrigens eine Aktion, die auch virtuos über viele andere Kanäle (zB Youtube) ausgespielt wurde. Und genau dies ist der entscheidende Punkt: eine Marketing-Aktion konzipieren, bei der alle relevanten Kanäle geplant und bespielt werden. Marketing über Crowdfunding ist einer dieser Kanäle. Und er geht auch nicht mehr weg.