Statt ehedem bis zu 2.300 sind inzwischen nur noch 350 Mitarbeiter für Weltbild in Augsburg tätig; 260 Mitarbeiter verloren im vergangenen Jahr ihren Arbeitsplatz, als die die frühere Weltbild Logistik nach Tschechien ausgelagert wurde. Einem der in Tschechien gekündigten Logistiker soll der Betriebsratsvorsitzende geraten haben, sich krank zu melden. "Der Arbeitgeber musste so reagieren", erklärt Weltbild-Sprecherin Eva Großkinsky auf Anfrage von boersenblatt.net. Ihm sei von besorgten Mitarbeitern mitgeteilt worden, dass der Betriebsratsvorsitzende einen Mitarbeiter zum Betrug (durch Vortäuschung einer Erkrankung) aufgefordert habe. "Nach Rücksprache mit dem betroffenen Mitarbeiter hat dieser dies schriftlich bestätigt. Daraufhin musste der Arbeitgeber tätig werden und hat beim Betriebsratsgremium einen Antrag zur fristlosen Kündigung eingereicht", so Großkinsky.
Nach Angaben der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft Verdi bestreitet der Betriebsratsvorsitzende ein solches Verhalten, und Verdi-Sekretär Thomas Gürlebeck sieht den Versuch der fristlosen Kündigung als "haltlose Behauptung der Geschäftsleitung". Es sei "erschreckend, mit welcher Aggressivität die Weltbild-Geschäftsführung um den Düsseldorfer Gesellschafter Droege gegen den Betriebsratsvorsitzenden vorgeht." Weltbild weist die Vorwürfe von Verdi zum aggressiven Umgang zurück: "Diese Vorgehensweise hat nichts mit dem Betriebsrat als Gremium zu tun und war unabhängig von der Person notwendig", erklärt Großkinsky.
Der Leiter der Katholischen Betriebsseelsorge in Augsburg, Erwin Helmer, sieht in dem Kündigungsversuch einen "ungeheuren Vorgang": Er beklagt in einem offenen Brief an die Droege-Gruppe, dass Weltbild einem "aktiven und in der Sache immer vernünftigen und hoch engagierten Betriebsratsvorsitzenden übel mitspielt."
Die Weltbild-Geschäftsführung braucht für die Entlassung jedoch die Zustimmung des Weltbild-Betriebsrats, der das Ansinnen einstimmig abgelehnt hat. Um die Angelegenheit zu klären, hat die Geschäftsführung nun einen Antrag beim Augsburger Arbeitsgericht beantragt. Der wird am 23. Juli um 10.15 Uhr darüber beraten; vor dem Gerichtstermin ruft Verdi ab 9.30 Uhr zu einer Demonstration für den Betriebsratschef vorm Arbeitsgericht auf.