Rowohlt-Verlegerin Barbara Laugwitz

"Solche Erfolge bedeuten auch nach innen etwas, für die Mitarbeiter"

12. Juli 2018
Redaktion Börsenblatt
Halbzeit in den Charts – mit einem klaren Favoriten: Rowohlt (Holtzbrinck-Gruppe).  Verlegerin Barbara Laugwitz über die Rolle, die Bestseller heute spielen, und was der Verlag mit den Erfolgen jetzt anfängt.  

Rowohlt dominierte im ersten Halbjahr die Belletristik-Liste und führt auch die Sachbuch-Charts an, in beiden Fällen mit Lizenzen: Hat sich der finanzielle Einsatz also gelohnt?
Ja, Rowohlt kann sich wirklich freuen über seine Erfolge in diesem Frühjahr. Natürlich geht jedem Kauf einer ausländischen Lizenz ein intensives Abwägen des finanziellen Risikos voraus, und wir haben richtig gerechnet, ja, der Einsatz hat sich gelohnt.

Was bedeuten Ihnen diese Erfolge?
Erst mal feiern wir sie. Wirtschaftlich sind sie absolut notwendig geworden. Aber Erfolge bedeuten auch nach innen etwas, für die Mitarbeiter, und darum war dieses Frühjahr etwas Besonderes für uns, als Rowohlt-Bücher mehrere Wochen lang sowohl in der Belletristik als auch im Sachbuch die Bestsellerlisten anführten – beginnend im Januar mit "Tyll" von Daniel Kehlmann. Später waren dann gleichzeitig Jojo Moyes’ neuer Roman "Mein Herz in zwei Welten" und "Feuer und Zorn" von Michael Wolff Nummer eins der Listen. Dass es uns im Falle von "Feuer und Zorn"gelungen ist, das Buch innerhalb von fünf Wochen – vom Tag des Einkaufs der amerikanischen Lizenz bis zur Auslieferung der fertigen Bücher – auf den Markt zu bringen, war toll, und die Voraussetzung dafür war natürlich, dass alle Abteilungen - Lektorat, Vertrieb, Herstellung, Presse und Werbung – ihren Teil beigetragen und Außergewöhnliches geleistet haben. Und deshalb, denke ich, können sich in so einem Fall dann auch alle mit dem Erfolg identifizieren. Aber auch kleinere Erfolge freuen uns, beispielsweise dass wir einen bis Anfang des Jahres in Deutschland unbekannten spanischen Autor, Fernando Aramburu, mit seinem neunten Roman, "Patria" - einem beeindruckenden Familienroman - in den Top 15 der Bestsellerliste platzieren konnten, oder daß unsere Autorin Lucy Fricke mit "Töchter" endlich den verdienten Erfolg feiern konnte. Ihr Roman hält sich schon seit Wochen auf der Liste.

Halten Sie solche Erfolge auch für Titel denkbar, die weniger populär und medienaffin sind?
Jedes Buch muss immer aufs Neue den Leser erreichen und begeistern. Und ich bin froh, daß es immer wieder Bücher gibt, die das tun. Und auch, in gleicher Weise, daß Leser sich immer wieder begeistern lassen. Carmen Korns Erfolg hat genauso angefangen: mit der Begeisterung der Leser für den ersten Band ihrer Hamburg-Trilogie "Töchter einer neuen Zeit".

Manche glauben, ob ein Buch zum Bestseller wird, lasse sich anhand von Algorithmen mittlerweile ratzfatz vorab feststellen. Trauen Sie solchen Theorien?
Wenn wir die Formel für einen garantierten Bestseller gefunden hätten, würde ich mich freuen. Leider ist es noch nicht so weit: Ob wir ein Buch veröffentlichen oder nicht, ist immer noch hauptsächlich vom berühmten Bauchgefühl abhängig.

Ist es durch den deutlichen Rückgang der Buchkäufe in den vergangenen Jahren schwieriger geworden, Titel in die Charts zu bringen?
Nein. Da es immer noch eine große Vielfalt an Büchern und Autoren gibt, die Konkurrenz zwischen den veröffentlichten Büchern also nicht kleiner geworden ist. Was sich geändert hat: Die großen Bestseller bleiben sehr sehr lange auf der Liste.

Ihre Bestseller-Kandidaten für den Bücherherbst?
Hoffnungen setzen wir in Paolo Giordanos neuen Roman "Den Himmel stürmen", der in Italien bereits die Bestsellerlisten erobert hat, auch in der Presse reichlich mit Lob beschenkt worden ist. Dann sehen wir selbstverständlich mit Freude den Büchern unserer langjährigen Erfolgsautoren entgegen, zum Beispiel dem dritten und abschließenden Band von Carmen Korns Hamburg-Saga "Zeitenwende" oder dem neuen Buch von Eckart v. Hirschhausen "Die Bessere Hälfte", das er zusammen mit seinem Freund Tobias Esch geschrieben hat. Ein Buch mit der beruhigenden Botschaft: "Je älter wir werden, desto glücklicher werden wir". Aber das sind noch lange nicht alle unsere Hoffnungsträger. Und ja, das muss ich nun doch noch sagen: Schon Ende Juli wird das Debüt von Katharina Adler bei Rowohlt erscheinen, "Ida" – ein groß angelegter Roman über ihre Ur-Großmutter, die als Freuds "Fall Dora" weltberühmt wurde. Noch ein Hoffnungsträger!

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