Um die E-Book-Käufer besser kennenzulernen, hat sich der Piper Verlag Ende 2015 an einem speziellen Digitalprojekt mit dem Namen Marille beteiligt. Bei der technischen Umsetzung holte sich der Verlag Unterstützung in Großbritannien, bei Andrew Rhomberg und seinem Unternehmen Jellybooks, das sich auf das Datentracking in E-Books spezialisiert hat. Damit das Leseverhalten der Nutzer aufgezeichnet werden kann, versieht Jellybooks das E-Book mit einer Software namens "Candy.js". In einer rund dreimonatigen Phase bekamen die Testleser bei Piper eine ausgewählte Anzahl an kostenlosen elektronischen Leseexemplaren zur Verfügung gestellt. Im Gegenzug stimmten sie zu, dass ihre Daten ausgewertet werden.
Dabei zeigten sich auch die technischen Tücken des Trackings, wie Kornelia Holzhausen berichtet, Leiterin Digitale Medien bei Piper und für Marille verantwortlich: "Um die Daten der Nutzer analysieren zu können, müssen die E-Books im EPUB3-Format vorliegen. Das können einige Reader jedoch noch nicht verarbeiten." Für das Piper-Projekt Marille zog diese Vorgabe Einschränkungen nach sich, eine Teilnahme mit Kindle- oder Tolino-Geräten etwa war aufgrund der technischen Anforderungen nicht möglich. Wie Andrew Rhomberg berichtet, arbeitet das Jellybooks-Team derzeit aber an einer Lösung, damit künftig auch der Tolino ins Boot geholt werden kann.
Für Gründer Rhomberg ist Transparenz beim Tracking das oberste Gebot. "Die Nutzer wissen, dass sie uns ihre Daten zur Verfügung stellen. Um noch mehr Transparenz zu schaffen, führen wir in Kürze ein Feature ein, mit dem sie sich ihre eigenen Daten auch anschauen können", so der Unternehmer. Die deutschen Verlage reagieren im Moment noch verhalten auf das Datensammelmodell. Fünf Häuser haben sich mittlerweile für die Zusammenarbeit mit Jellybooks entschieden, mit öffentlichen Äußerungen gehen sie jedoch eher sparsam um.
Dabei sieht Rhomberg große Chancen in der Analyse. Schließlich würden Verlage damit die Möglichkeit bekommen, festzustellen, ob sie ungelesene Bits und Bytes verkaufen – oder ob die Inhalte von den Käufern auch angenommen werden. Hinzu kommt: Konzerne wie Apple oder Amazon sammeln längst intensiv die Daten ihrer Nutzer. Davon haben Verlage allerdings nichts – wer seine Leser kennenlernen will, muss selbst aktiv werden.
Noch ganz am Anfang
Bisher steckt Reader Analytics hierzulande noch in den Kinderschuhen. Das bestätigt auch Steffen Meier, Leiter Produkt-Innovation und -Marketing beim E-Book-Dienstleister Readbox. Das Leseverhalten in E-Books zu tracken, sei bei deutschen Verlagen bisher unüblich, dabei sind sie technisch gesehen Websites. "Und die lassen sich, wie jeder weiß, sehr genau analysieren." Herausforderungen sieht Meier jedoch weniger bei der Gewinnung von Nutzerdaten als vielmehr bei der Verarbeitung. Schließlich gehe es, so Meier, nicht nur um das Sammeln möglichst vieler Informationen, sondern auch um den zielgerichteten Umgang mit den gewonnenen Fakten. Besonderes Potenzial sieht er in der Analyse des Leserverhaltens bei Sach- und Fachbüchern: "Innerhalb thematisch vielseitiger Bücher lässt sich anhand getrackter Informationen erkennen, welche Themenbereiche besonderes Interesse bei den Lesern wecken. Das bietet Verlagen die Möglichkeit, zu reagieren und zum Beispiel eine Monografie zu diesen Themen zu veröffentlichen."
Das Interesse wächst
Der große Durchbruch blieb bisher noch aus, doch auch beim E-Book-Dienstleister Readfy wird das wachsende Interesse der Verlagskunden an Livedaten spürbar. Das berichtet Miriam Behmer, Geschäftsführerin von Readfy: "Seit einem Dreivierteljahr kommen die Verlagskunden aktiv auf uns zu und fragen gezielt nach Informationen, die sie von uns in Reportings erhalten."
Dabei ist es natürlich nicht so, dass die Verlage ihre potenziellen Kunden bisher nicht erkunden würden. Leserprofile zu erstellen und Daten rund um die Zielgruppe zu sammeln – das tun die Verlage bislang schon auf vielfältige Weise. Beispielsweise helfen Communitys wie "Vorablesen", "Was liest du?", "Lovelybooks" sowie soziale Netzwerke dabei, die potenziellen Käufer besser kennenzulernen. Nur: Mit Reader Analytics steht ihnen ein deutlich präziseres Instrument zur Verfügung.
Für Miriam Behmer liegt auf der Hand, dass die Erhebung von Livedaten erst dann so richtig interessant wird, wenn sie unmittelbar in den Produktionsprozess einfließen. Wie Rhomberg berichtet, gibt es bisher keine Nachfrage, Romane auf der Basis von Leserdaten umzubauen. Vielmehr versteht man das Angebot von Jellybooks als Werkzeug für Verkauf und Marketing, mit dem sich festsellen lässt, weche Titel Bestsellerpotenzial besitzen. Werden die neuen Methoden für das Schreiben trotzdem langfristig verändern? Noch gibt es darauf keine Antworten.
Fest steht bislang nur: Die Verlage werden die neuen Möglichkeiten nach und nach für sich entdecken. Andrew Rhomberg hat bereits angekündigt, dass in nächster Zeit zwei weitere Verlage die Analysetechnik einsetzen wollen – selbstverständlich mit dem Wissen und dem Einverständnis der Leser. Richtig genutzt, bietet das Datentracking viel Potenzial. Bevor die Verlage die Ernte einfahren können, müssen sie sich aber noch vielen Herausforderungen stellen – eine davon ist es, das Vertrauen der Leser zu gewinnen und zu behalten.
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"Um die Daten der Nutzer analysieren zu können, müssen die E-Books im EPUB3-Format vorliegen. Das können einige Reader jedoch noch nicht verarbeiten."
Warum das so ist, ist ganz einfach: epub3 wurde speziell für das iPad entwickelt. Dieses ist jedoch kein eBook-Reader, sondern ein ganz normaler, wenn auch preislich völlig überhöhter Tablet-Computer (Kleincomputer) mit proprietärem Betriebssystem von Apple. Außer einigen ganz wenigen mehr oder weniger sinnvollen Erweiterungen wie schwebenden Fußnoten wurden in das epub3-Format Internet- und Tablet-Funktionen integriert. Das ist auch der Grund, warum das Format für echte Lesegeräte wie Tolino und so weiter vollkommen ungeeignet ist. Was sollen beispielweise integrierte Videosequenzen oder ein intergriertes Hörbuch auf einem eBook-Reader?
Es bleibt noch hinzuzufügen, daß außer der Apple-Software keine andere die Eigenschaften von epub3-Büchern komplett darstellen kann. epub3 ist also wie alles bei Apple eine Einbahnstraße.
Zudem muß man noch wissen, daß das Verhalten der Leser nur protokolliert beziehungsweise ausspioniert werden kann, wenn entweder deren Daten gesammelt werden (Datenschutz?) oder sie sich beim Lesen sinnloserweise ständig im Internet befinden, was die Laufzeit des Lesegeräts extrem beeinflußt; ein ständiger WLAN-Kontakt benötigt ein Drittel des Tablet-Stromverbrauchs.
2) ePub3 wurde NICHT speziell für das iPad entwickelt. Apple ist lediglich ein Vorreiter in der Verwendung von ePub3 (im Gegensatz zur Deutschen Telekom die für eine Umrüstung bei Tolino zuständig ist). ePub3 wird inzwischen von einen groen Zahl von Leseapplikation unterstützt wie Adobe Digital Editions, Kobo, Vitalsource, Ebook Reader, Azardi und vielen anderen.
3) ePub3 reflektiert Webstandards wie HTML5, CSS und Javascript während ePub 2 web Standards anno 2000 reflektiert
4) ePub 3 unterstüzt auch Funktionen wie nicht-lateinische Schrift (Leute im Nahen Osten und Asien lesen ja auch) und vieles mehr. Viele der Groverleger haben dar auf ePub 3 umgestellt und ePub 3 kann auch von Applikationen und Geräten, die nur epUb2 fähig sind dargestellt werden.
epub 3 ist kein Format für das Lesen von Büchern, sondern ein Multimedia-Format. Es unterstützt HTML 5 und CSS 3 und damit über CSS 2 hinaus insbesondere Spielereien wie Animationen, Farbverläufe und ähnlich infantile Kinkerlitzchen, die auf einem Lesegerät mit Ink-Display und seinen 16 Graustufen eine ekelhafte Anzeige verursachen.
Ihre Anmerkung zu Schriften ist irreführend. Schriften haben nichts mit dem epub-Format, sondern dem in allen XML-Dokumenten verwendeten UTF8 zu tun. Und selbstverständlich können Sie Schriften von rechts nach links und links nach rechts laufen lassen. Aber seit wann verlegt Piper denn arabische oder chinesische Bücher?
Aber Lesegeräte interessieren Sie überhaupt anscheinend überhaupt nicht. Ihr Vorschlag, Bücher auf einem Tablet zu lesen, geht außerdem am wahren Leseverhalten vorbei. Oder glauben Sie ernsthaft, jemand will mit einem 8- oder 10-Zoll-Tablet in der U-Bahn seinen morgendlichen Roman lesen?
"Um die Daten der Nutzer analysieren zu können, müssen die E-Books im EPUB3-Format vorliegen. Das können einige Reader jedoch noch nicht verarbeiten."
Dies war keine Entscheidung von Piper, denen Sie technische Unfähigkeit vorwerfen, sondern eine technische Vorgabe von Jellybooks. Es ist nicht möglich in dem von uns verwendeten Prozess, Lesedaten in einer kontrollierten Weise die den Leser einbezieht mit ePub2 aufzuzeichnen. Ich bin mir auch keines Verfahrens bewusst das dies gestattet es sei denn man ist selbst der Betreiber der Leseapplikation (also, im Falle von Kindle, Amazon selbst, und im Falle von Tolino, die Deutsche Telekom).
Der ePub Standard wurde vom IDPF Konsortium entwickelt. Das trifft auf den ePub2 Standard, wie auch auf den ePub 3 und 3.1 Standard zu. Apple ist eins von über hundert Mitgliedern des IDPF Konsortiums und ePub3 wurde nicht für Apple entwickelt. Apple war und ist schlicht und einfach eines der Mitglieder das Neuentwicklungen rasch und zügig umsetzt. Ich weise darauf hin dass Deutsche Firmen wie HGV, Hugendubel und Readbox Mitglieder des Konsortiums sind und den Standard mitgestalten und mitgestaltet haben.
Zu behaupten „ePub 3 ist kein Format für das Lesen von Büchern“ beweist ein unglaubliche Ignoranz. Multimediafunktionen im ePub3 Format sind optional und keines der Bücher im Piper Test beinhaltete solche Funktionen. Machen sie bitte doch ihre Hausarbeit!
Ich bin persönlich kein Fan von „enhanced ebooks“, schon gar nicht in Romanen aber mit ihrer „Alles schlecht Machen“ Attitüde werten Sie Ihre eigene Argumente ab!
Sie behaupten auch dass ePub2 bereits alle Sprachen unterstützt. Darf ich Sie daher auf die folgende verweisen:
“Although EPUB 2 was widely adopted in North America for ebook production, and to some extent in Europe, it has begun to gain traction worldwide only since the advancements made in EPUB 3 to support a more diverse range of languages, writing modes, and styles. The sudden growth in IDPF membership in new areas, most notably Asia, that has occurred both during and since the release of EPUB 3 reinforces that the format is now truly the global standard for ebooks.
Back when the EPUB 3 revision was first being chartered, the lack of global language support was recognized as one of the key deficiencies that needed to be addressed. It was difficult at that time to use EPUB for books in Arabic, Hebrew, Japanese, Chinese, and Taiwanese (among many others), because it lacked effective mechanisms to handle more than left-to-right, horizontal text flows. To overcome this problem, the IDPF created the Enhanced Global Language Support subgroup to carry out an examination of the issues needed to upgrade support during the EPUB 3 revision.”
Es ist ein signifikanter Fehler das ePub Format mit dem Web zu verwechseln.
Das Problem mit eInk Geräten ist in erster Linie dass die deren Software Funktionalität sehr eingeschränkt ist, schnell veraltet und nur schwer vom Benutzer selbst aufgewertet werden kann.
Bezüglich ihrer Frage “ glauben Sie ernsthaft, jemand will mit einem 8- oder 10-Zoll-Tablet in der U-Bahn seinen morgendlichen Roman lesen?”
Was ich glaube ist nebensächlich. Hier in London lesen die meisten auf Ihrem Smartphone auf dem Weg von und zur Arbeit, sei es ein iPhone oder Android Handy (Android Handys und Tablets wurde in unseren jüngsten Lesetests in Deutschland auch unterstützt). Das “Lesen auf Handys” beweisen auch die Daten von Nielsen und vielen anderen. Mein Freund Ben Evans drückt das so aus “Mobile Is Eating the World”. Vielleicht ist man da in Deutschland (oder manchen Teilen von Deutschland) noch ein bisschen hinterher? Wenn ich auf Weihnachtsurlaub in Tirol bin merke ich schon, dass hier und da noch ein bisschen Aufholbedarf besteht. Tiroler sind stolz darauf Sturschädel zu sein. Sie sind wahrscheinlich auch nicht die einzigen.
Im Übrigen würde ich es mir schon sehr wünschen mit Dr. Rhomberg angesprochen zu werden, wenn Sie auf Formalitäten bestehen. Du and Andrew ist für reserviert für die, die einen konstruktiven Dialog führen wollen.
Mit diesem Konzept sind Sie die ersten, die versuchen Schadsoftware in Büchern zu verteilen!
Nach dem gängigen Verständnis ist alle Spionagesoftware und damit automatisch jeder Tracker ein schädliches Programm. Es bleibt damit abzuwarten, wann die ersten Piper-EBooks von einem der zahlreichen Virenprüfprogramme direkt nach dem Herunterladen wieder eliminiert werden.
Aber das ist nicht das einzige, was an dieser Sache höchst amüsant ist. Da laufen die einschlägigen Vereine Sturm, daß EBooks Bücher wären und damit einerseits der Preisbindung unterliegen müssen und andererseits der reduzierte Mehrwertsteuersatz zu gelten haben (obwohl der Anwender die Bücher strenggenommen ja gar nicht kauft) und dann erbringt Piper den Beweis, daß es sich eben doch nicht um Bücher, sondern vielmehr um aktive Softwareprogramme handelt.
Stimmt nicht. Piper ist schon der dritte Verlag und das allein in Deutschland. Und auerdem, jede EBook Leseapplikation zeichnet Lesedaten auf ob Kindle oder Tolino und tun das schont seit 2007. Wer das nicht weis ist nach gängigem Verständnis ungebildet (beziehungsweise hat der Deutsche Wortschatz noch viel besser Bezeichnungen für solche Leute).
Während Kindle Benutzer dass vielleicht nicht wissen (Ignorami), wurde jeder Teilnehmer in diesem Fall ganz klar informiert und hatte die Option die Daten NICHT zu senden. Ich habe den Verdacht der Jörg war nicht einmal eingeladen.
Sind Ebooks Daten, Software oder Bücher? Sie sind natürlich alles gleichzeitig. Eine Differenzierung ist eine rein politische Entscheidung. Hier in England unterliegen Kalender, Schreibpapier und Bücher unterschiedlichen Mehrwertsteuersätzen obwohl alle aus gedrucktem Papier bestehen.
Ist ja schon lustig da der Jörg seine Kommentare auf einer Webseite mit Google Analytics eingibt. Ich hoffe er hat ein gutes Virenprogram da sofort den gesamten Inhalt seines Gerätes löscht!
Google analysiert bei mir garantiert gar nichts. Genauso wie Sie, denn einen Kindle fasse ich genauso wenig an wie jeden anderen EReader mit WLAN. Ich möchte schließlich nicht Datenräubern wie Ihnen in die Hände fallen.
Wenn Sie schon bei einer Namensdiskussion sind: Ich lege Wert darauf, von Fremden mit Herr Braun angesprochen zu werden, ich bin nämlich kein Tommy, bei denen sich Ober- und Unterschicht duzen.
Um aber zum Thema beizutragen: E-Book-Tracking halte ich für wertvoll und längst überfällig – ebenso wie die Umsetzung von EPUB3 und dessen Verbesserung. Gerade Verlage wissen so wenig über Ihre Kunden; jede Programmleitung, jedes Lektorat und nicht wenige Autoren würden ein anonymes Tracking sehr begrüßen. Den Ansatz von Jellybooks verfolge ich seit einiger Zeit und bin froh, dass sich auch auf der deutschen Markt in dieser Hinsicht bewegt.