Mit dem Preis soll eine neue Stimme der Thriller- und Kriminalliteratur ausgezeichnet werden, die an der Schwelle zu größerer Beachtung steht, sie gerade übertritt oder die das Potenzial zu größerem (auch internationalem) Erfolg hat. Die Jury begründete ihre Entscheidung wie folgt:
"Aufrüttelnd, atmosphärisch, außergewöhnlich. Michaela Kastel gelingt es, in ihrem Thriller 'So dunkel der Wald' die Elemente des Horrorgenres mit der hochaktuellen Fragestellung nach den Grenzen zwischen Gut und Böse, Moral und völliger Enthemmtheit zu verknüpfen. Das tragische Schicksal ihrer beiden Protagonisten Ronja und Jannik, die sich jahrelang in der Gewalt eines skrupellosen Mannes befanden, der Kindern die entsetzlichsten Verbrechen antut, und nun den Weg in ein normales Leben nicht mehr finden, geht unter die Haut.
Der Wald wird zum Inbegriff klaustrophobischer Wahnvorstellungen und zum Symbol für Verlorenheit und Existenzangst. Erkenntnis wechselt mit Erschrecken, Hilflosigkeit mit Wagemut. Mit viel Gespür für schaurige Momente verarbeitet Michaela Kastel in ihrem Roman sprachlich überzeugend bekannte Fälle von Kindesmissbrauch und dumpfer Gewalt, ohne sich in peinlichen Details zu ergehen. Stilistisch außergewöhnlich findet sie eine fast poetische Sprache, die niemals verrät und keine billigen Taschenspielertricks oder Splattermomente braucht, um das Grauen anschaulich zu machen. Vor allem aber wartet die Autorin mit immer wieder überraschenden Wendungen auf, die zeigen, wie schwer es ist, hier die üblichen moralischen Maßstäbe anzusetzen. Die ehrenwerte bürgerliche Gesellschaft ist längst zum Mittäter geworden. Michaela Kastels Thriller ist ebenso verstörend wie spannend – und in vielerlei Hinsicht besonders. Selten wurden Abhängigkeit, Traumatisierung und Einsamkeit so eindrücklich geschildert, bis die Grenzen zwischen Opfer und Täter verschwimmen.
'So dunkel der Wald' ist neben der hochspannenden und sprachlich hervorragenden Lektüre vor allem das Versprechen auf eine neue Klangfarbe in der Spannungs- und Genreliteratur. Mit dem Viktor Crime Award honorieren wir daher nicht nur Michaela Kastels gegenwärtige Leistung, sondern auch ihr zukünftiges Potenzial. Michaela Kastel ist eine junge, mutige Stimme mit einem eindringlichen Wiedererkennungseffekt, der wir noch viel zutrauen."
Jurymitglieder sind:
Sebastian Fitzek (Thrillerautor, Preisstifter; Berlin), Regine Weisbrod (freie Lektorin; Konstanz), Margarete von Schwarzkopf (Journalistin u.a. für WDR, NDR, DF; Köln), Elisabeth Herrmann (Krimiautorin; Berlin) und Monika Kramp (Buchhändlerin, Buchhandlung Lesezeichen; Hillesheim)