Halle 3.0, Stand C7: Das war über viele Jahre der Stammplatz von Gräfe und Unzer (GU). Zuletzt sah man hier große Tische mit großen Lampenschirmen darüber, alles getaucht in ein warmes, sattes Gelb. Diesmal nun das Kontrastprogramm: Weil die Ganske-Gruppe – und damit auch GU – in diesem Jahr pausiert, füllen nun Independents die Fläche. Und wer bekam den prominenten Eckplatz? Winnetou.
"Bild" hebt Winnetou auf die Titelseite
Buchhändler würden ihm oft sagen, Winnetou sei out. "So ein Käse", findet Bernhard Schmid („zitieren Sie mich ruhig“). Man bräuchte bloß hinschauen, zum Beispiel an seinen Stand: Dort hat er die Berichte der "Bild" aufgehängt, die Winnetou in diesen Tagen besondere Aufmerksamkeit schenkt – zwei Mal schaffte es das Thema sogar auf die Titelseite. "Viel mehr geht nicht, das hatten wir so noch nie."
Den Dreh- und Angelpunkt des neuen Interesses bildet "...und über Nacht war ich Winnetou", der gerade erschienene erste Band der Pierre-Brice-Edition. Hella Brice, Witwe des 2015 verstorbenen Schauspielers Pierre Brice, veröffentlichte darin zum Großteil noch unbekannte Fotos von einst, auch Verträge, persönliche Briefe, Postkarten und dergleichen sind enthalten. Als Hella Brice gestern, am Messesamstag, am Stand war, konnten die „Bild“-Berichte live ihre Wirkung entfalten ...
"Wir hatten schon überlegt, für dieses Mal abzusagen"
Dass vor ihm GU Leuchturm in der Gegend war: Darüber hat Schmid in den letzten Tagen nicht weiter nachgedacht, allein aus Zeitgründen. Und er ist, wie er sagt, auch nur selten darauf angesprochen worden. "Wir haben uns sehr gefreut, als uns die Messe vor zwei, drei Monaten das Angebot machte, an diesen Platz zu kommen, ich könnte mir keinen besseren vorstellen." Noch im letzten Jahr stand er mit dem Karl-May-Verlag am Rand der Halle, wo deutlich weniger los war. "Ich hatte wirklich schon überlegt, für dieses Mal abzusagen."
"Amazon hat dreimal so viel bestellt wie der gesamte Buchhandel"
Eines wollte aber auch am neuen Standort nicht recht gelingen: die Kontakte zum Buchhandel zu erneuern. Selbst die "Bild"-Schlagzeilen zum Buch von Hella Brice fanden Bernhard Schmid zufolge kein Echo, kein Buchhändler sei am Stand gewesen, um mit ihm darüber zu sprechen – was er sehr bedauere. "Obwohl wir den Buchhandel durch Vorschau, Vertreter und Mails darüber informiert haben, kamen von dort bisher kaum Bestellungen." Buchhändler würden hier das Feld freiwillig Amazon überlassen, der Versender habe dreimal so viel bestellt wie der gesamte stationäre Buchhandel. Schmid wirkt ratlos, zerknirscht, mürbe: "Dazu fällt mir leider nichts mehr ein – außer dass eben kleine Verlage doch nicht ernst genommen und links liegen gelassen werden."
In der Serie "Der Zufallstreffer" berichten Börsenblatt-Mitarbeiter über Begegnungen mit Menschen rund um die Frankfurter Buchmesse.