Das Gütersloher Verlagshaus will 2017 zu neuen Ufern aufbrechen und folgt dabei der "Vision einer neuen Welt". Was meinen Sie konkret damit?
Unserer Meinung nach ist Menschlichkeit die Basis des Miteinanders. Eine gelingende Gemeinschaft muss für unsere Gesellschaft immer Priorität vor jeder Gewinnmaximierung haben. Und die Zukunft gehört allen Menschen, so wie dies etwa Franz Alts und Peter Spiegels Buch "Gerechtigkeit" fordert. Wir setzen auf Autorinnen und Autoren, die in ihren Büchern bewusst nach Zukunftslösungen fragen – auch wenn diese etwas kosten. Angesichts der aktuellen politischen Lage rücken wir Themen wie Toleranz und Vielfalt in den Vordergrund. Und die persönliche Ebene sprechen wir mit Büchern zur Sinnfindung an. Wir wollen den Lesern dabei helfen, ihren eigenen Wesenskern zu entdecken, auf einem tragfähigen Grund zu stehen und den Dingen mit Haltung zu begegnen. Damit schreiben wir die von Carl Bertelsmann begründete Tradition, Werte zu vermitteln, glaubhaft fort.
"Zukunftsfreude" ist ein hehres Motto. Wie wollen Sie Leser und Käufer ansprechen, die Zukunftsangst haben?
Wenn die Angst im Mittelpunkt steht, prägt sie alles, was wir tun. Aber man darf ihr nicht das Feld überlassen. Unser Programm enthält daher Titel, die einen Gegenentwurf bieten, die alternative Wege aufzeigen – beispielsweise Malene Rydahls Buch "Glücklich wie ein Däne". Oder Hannes Jaenickes "Wer der Herde folgt, sieht nur Ärsche", ein großartiges Buch für Querdenker und solche, die es werden wollen. Es geht uns um den Kern der Ängste, um Unsicherheit, Sinnlosigkeit und Haltlosigkeit, denen wir mit unserem Programm Durchblick, Sinn und Zuversicht entgegenstellen wollen.
Das Programm steht künftig auf drei Pfeilern: Gesellschaft, Lebensgestaltung und Spiritualität. Weiten Sie den Programmfokus, um weitere, auch nicht religiöse Zielgruppen in der Gesellschaft zu erreichen?
Seit mehreren Jahren wandelt sich das Gütersloher Verlagshaus von einem Fach- zu einem Sachbuchverlag. Künftig liegt der Fokus auf dem Sachbuch, was schon die Vorschau klarmacht. Wir öffnen uns für weitere Zielgruppen, wobei die religiös interessierten Leser mit eingeschlossen sind. Mit dem Sachbuch "Patmos. Drei Tage, zwei Männer, eine Begegnung mit Gott" von C. Baxter Kruger beispielsweise, das sich wie ein Roman liest, können auch nicht religiöse Leser die Religion auf überraschende Weise für sich entdecken.
Steht also künftig Werteorientierung im Vordergrund, ohne Fixierung auf ein religiöses Bekenntnis?
Wir setzen thematisch bei den Fragen, Nöten und Sehnsüchten aller Menschen an – und die Autoren unserer Bücher geben sehr unterschiedliche Antworten, auch vor einem christlichen Hintergrund. Uns ist aber sehr wichtig, den Begriff des Religiösen nicht zu eng zu fassen. Respekt und Toleranz gegenüber anderen Religionen wie Islam oder Judentum gebietet es, auch deren Schätze zu heben. Das geschieht etwa mit dem Grundlagenbuch "Buddhismus verstehen" von Perry Schmidt-Leukel. Oder, niedrigschwelliger, mit Kerim Pamuks witzigem Kompendium "Der Islam, das Islam, was Islam".
Ist die Neuausrichtung auch das Ergebnis einer Marktbetrachtung?
Die Neupositionierung ist auch eine Entscheidung für Relevanz. Wenn die Regalflächen für Religion und Theologie im Buchhandel Jahr um Jahr schrumpfen oder ganz verschwinden, müssen wir uns natürlich fragen, wie wir unsere Leser künftig erreichen. Der gesamten Verlagsgruppe Random House geht es dabei zusätzlich sehr stark darum, auf digitalen Wegen Leser und Endkunden direkt anzusprechen. Wir im Gütersloher Verlagshaus machen das auch, etwa mit unserem neuen Blog www.zukunftsfreude.com. Dahinter steht das klare Bekenntnis zum Sachbuch und zu einer sinn- und gemeinschaftsstiftenden Idee. Das ist unser Spielfeld, und auf dem wollen wir richtig gut sein. Die ersten Reaktionen aus dem Buchhandel sind vielversprechend, die Vormerker deutlich höher als im Vorjahr. Viele unserer Autoren sind zudem Gast in Talkshows und auf der Leipziger Buchmesse. Diesen Schwung können wir gut für die weitere Ausgestaltung des neuen Gütersloher Verlagshauses gebrauchen.
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