Buchtage Leipzig: Hauptversammlung debattiert über buchhandel.de

Lieber ein Ende mit Schrecken?

24. Juni 2016
Redaktion Börsenblatt
Soll buchhandel.de noch bis zum Jahresende eine Chance bekommen – oder sind die Hürden für die Weiterführung der Buchhandelsplattform zu hoch? Darüber hat die Hauptversammlung heute zum Teil hitzig diskutiert. Einen Beschluss gab es nicht, aber ein Meinungsbild, das zeigte: Viele Mitglieder sehen unter diesen Bedingungen offenbar keine Zukunft für das Gemeinschaftsportal.

Heinrich Riethmüller skizzierte vorab noch einmal den umfassenden Vorstandsbeschluss, der am Vortag bereits im Sortimenter-Ausschuss diskutiert worden war. Zwei Punkte von sieben: Für Buchhändler soll künftig eine monatliche Grundgebühr von 20 Euro anfallen - und bis zum Jahresende müssten 1.000 Buchhändler die Plattform nutzen, damit sie profitabel betrieben werden kann (derzeit 800 Buchhändler, Defizit 2016: mehr als 300.000 Euro). Grundsätzlich sehe auch der Vorstand das Portal buchhandel.de, das erst 2014 einen Relaunch bekommen hat, als wichtige Plattform zur Stärkung des lokalen Buchhandels, so Riethmüller – mit dem Beschluss wolle man deutlich machen, dass man nicht einfach den Rotstift ansetze bei einem Projekt, das für den Buchhandel von Bedeutung sei.

Dazu kam aus der Mitgliedschaft allerdings auch deutliche Kritik: Letztlich werde dem Sortiment auf diesem Weg der "Schwarze Peter" zugeschoben. „Wenn wir ehrlich sein wollen, muss es heißen: Beschluss des Vorstandes zur Einstellung von buchhandel.de, nicht zur Weiterführung von buchhandel.de“, sagte Zwischenbuchhändler Jochen Mende (Prolit). Gleichzeitig überwog die Skepsis, ob ein weiteres Engagement des Buchhandels überhaupt sinnvoll ist. "Bevor wir jetzt Buchhandlungen dazu verpflichten, 20 Euro pro Monat zu zahlen, sollten wir es lieber ganz sein lassen. Warum sollten Buchhändler in ein Pferd investieren, dass ohnehin zusammenbricht?": So drastisch formulierte es Buchhändler Jörg Robbert, der mit dieser Position nicht allein war. Er dürfte allerdings auch nicht der einzige sein, der einen nachhaltigen Image-Verlust befüchtet, wenn buchhandel.de vom Netz geht.

"Wir betreiben buchhandel.de gerne, aber klar ist auch: Mit einer knappen Million Euro, die wir in zwei Jahren investiert haben, können wir keine Konkurrenz zu Amazon werden“: Das betonte MVB-Geschäftsführer Ronald Schild. Es sei nicht realistisch, den besten Webshop der Republik aufzubauen. Buchhandel.de sei eher eine Andockstelle für unentschlossene Buchkäufer, eine Verlinkungsplattform zu Institutionen wie Bibliotheken – und damit auch eine Chance auf Neukunden.

Manfred Keiper (die andere Buchhandlung, Rostock), mit seiner Buchhandlung selbst auf buchhandel.de vertreten, erinnerte noch einmal an das Ziel der Plattform: Politischer Wille sei es gewesen, die Vielzahl der Webshops im Buchhandel abzubilden. Diesen Zweck könne jedoch auch ein Buchhandelsfinder erfüllen, der Zugriff auf alle Shoplösungen des Sortiments biete – eine Lösung, die der Vorstand jetzt mit in die Weiterarbeit am Thema buchhandel.de nehmen will.

Dass es unter dem Dach der branchenweiten Kampagne Vorsicht Buch! längst einen solchen Buchhandelsfinder gibt – darauf wies Verlegerin Reinhilde Rupprecht hin. Sie appellierte an die Verlagskollegen, den Buchhandelsfinder auf ihre Website einzubinden: "Das ist ein schickes Logo – und Sie unterstützen damit das Sortiment."

Die Diskussion um buchhandel.de weitete sich zwischendurch auch noch einmal zu einer grundsätzlichen Debatte über die Wirtschaftsaktivitäten des Börsenvereins. Unter anderem plädierte Jörg Robbert für eine stärkere Kontrolle durch die Mitglieder, nicht nur durch Vorstand und Aufsichtsrat. Sein Vorschlag: eine Interessengemeinschaft rund um die Belange der Börsenvereinsholding BBG zu gründen – für eine intensivere Begleitung der wirtschaftlichen Ausrichtung.

Vorsteher Heinrich Riethmüller unterstrich dagegen, es gebe wenige Verbände, die transparenter arbeiten würden als der Börsenverein. Im Sortimenter-Ausschuss sei immer wieder über buchhandel.de und VLB-TIX diskutiert worden. „Das Problem bei buchhandel.de ist: Es gibt sehr unterschiedliche Meinungen dazu.“ Aus Leipzig dürfe der Vorstand nun ein etwas klareres Stimmungsbild mit nach Hause nehmen.