Die Sonntagsfrage

Wie gehen Sie mit Umtäuschen um, Frau Bergmann?

30. Dezember 2015
von Börsenblatt
Umtausch gehört zum Service. Aber wo sind die Grenzen der Kulanz? Kulanz ist Kommunikation, meint Martina Bergmann, Buchhändlerin in Borgholzhausen. Und: Kulanz ist keine Einbahnstraße. 

Um das vorab zu sagen – Umtausch ist kein wichtiges Thema in dieser Buchhandlung. Nach Weihnachten waren es bislang vier Bücher. Ein Blick in die Statistik erklärt das: Die Top 10 sind eine Mischung aus eigenen Verlagsprodukten und Büchern, die ich gern gelesen habe.

Bestverkaufte Titel aus Fremdverlagen sind 2015 Dorothy Baker, "Zwei Schwestern" (dtv), Sasa Stanisic, "Vor dem Fest" (btb) und Heike Geißler, "Saisonarbeit" (Spector Books). Arno Geigers "Alten König" verkaufe ich gern, auch sehr viel Meyerhoff, von dem ich jetzt hörte, dass seine Mutter aus Borgholzhausen stammt. Ein Grund mehr, ihn gut zu finden. Mein Lieblingsbuch "Neon Pantheon" (Büchergilde Gutenberg) stieß auf wenig Gegenliebe, aber ich bin auch weder vegan noch Vatikankritiker geworden, obwohl mir Kunden dazu raten.

Wahrscheinlich ist das in vergleichbaren Buchhandlungen ähnlich: Je weniger man von den Charts abhängt, desto geringer ist der Rücklauf an Doubletten. Die anderen Fälle: Umtausch wegen Falscheinschätzung. Umtausch wegen Fehlbestellung. Umtausch wegen was auch immer – das hält sich sehr in Grenzen. Ich neige dazu, kein Bargeld zu erstatten, aber im Zweifelsfall tu ich das. Fremdgutscheine akzeptiere ich, sofern sie eindeutig sind. Scheckkarten von Filialisten sind das nicht. Die Aussage "Es sind noch circa 12 Euro drauf" kann ich nicht verarbeiten. Irgendwo sind Grenzen.

Aber wo sind sie genau? Schwer zu sagen, zumal Kunden gelernt haben, dass alles immer geht. Mein Highlight: „Bestellen Sie mir das bei Amazon, dann muss ich das Porto nicht bezahlen." Die betreffende Lernhilfe war bei KV über Nacht zu haben; das dazu. Aber ich war überhaupt sprachlos. Auch nicht fröhlich bin ich über Anfragen der Sorte – „Das und das und das und das bitte zur Ansicht. Ich nehm die Bücher mit nach Hause und entscheide mich für eins." Ich beschränke sie auf drei Titel, die hier im Laden einzusehen sind.

Rigider bin ich bei Fremdkäufen. „Meine Schwiegertochter hat mir das aus der Mayerschen mitgebracht. Sie können das doch hier sicher an wen anders verkaufen." Nö. „Der Kindergarten hatte so eine Bücherausstellung, da haben wir das mitgenommen. Aber ich mag es jetzt doch nicht leiden." Ist das mein Problem? Und soll ich mich damit beschäftigen, wenn einer bei Tauschticket.de den falschen Button gedrückt hat? Ich bestelle auch antiquarische Bücher. Wenn ich da irre, dann ist es mein Fehler. Sonst nicht.

Kulanz ist Kommunikation. Ja, es gibt hier eine Menge Service, und er ist fast immer kostenlos. Aber Kulanz ist keine Einbahnstraße. Für Stammkunden, für loyale Werbebotschafter und treue Institutionen kann ich erheblich mehr leisten als für Personen, die ich kaum kenne und wohl auch nicht kennenlernen werde. Sie zu ihm: "Du, die hat echt eine gute Auswahl. Mach mal Fotos." Und ich: "Bitte nicht."