Deutsch-Französischer Jugendliteraturpreis 2018

Benjamin Tienti und Oren Ginzburg gewinnen

22. Mai 2018
Redaktion Börsenblatt

In der Saarbrücker Staatskanzlei überreichten Ministerpräsident Tobias Hans und die französische Generalkonsulin Catherine Robinet am Freitag den Deutsch-Französischen Jugendliteraturpreis. Die mit je 8.000 Euro dotierten Auszeichnungen erhielten Benjamin Tienti ("Salon Salami", Dressler) und Oren Ginzburg ("Le destin (presque) timbré d’Etienne Durillon", Grasset).

Bücher seien "das Kostbarste, was wir haben" stellte der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans fest und bekräftigte das Ziel des Deutsch-Französischen Jugendliteraturpreises: "Mehr Sprachen bedeuten mehr Chancen".

Aus Sicht der deutschsprachigen Jury sei es ein starker Kinderbuchjahrgang gewesen, sagte Laudator Stefan Hauck, mit einer Bandbreite vom hochliterarischen Roman über Bienen und Gesellschaft über "die zukunftsweisende Erfindung, Gegenstände zu zippen und entzippen", bis zur gegenläufigen Erzählweise von Bild und Text in einer ergreifenden Beschreibung von Migration.

In Benjamin Tientis "Salon Salami" (Dressler) steht die zwölfjährige Hani im Mittelpunkt, die früher als ihr lieb ist, erwachsen werden muss. Ein Banküberfall bildet den furiosen Auftakt einer teils skurrilen, teils zu Herz gehenden, aber immer witzig-spannenden Geschichte, deren Hauptschauplatz der väterliche Friseursalon ist. Ich-Erzählerin Hani, die seit dem plötzlichen Verreisen ihrer Mutter den Alltag mit ihrem kleinem Bruder organisieren muss, berichtet in der flott vorangetriebenen Handlung, wie sie Licht ins Dunkel ihrer türkischen Familie bringen und herausfinden will, was wirklich mit ihrer Mutter passiert ist. "Sie entschließt sich, das äußere wie innere Chaos in den Griff zu kriegen. Aus ihrem stummen wird ein ausformulierter Protest, trotzig-kess überspielt sie ihr Tasten und Suchen, das Benjamin Tienti als pointierten Schlagabtausch formuliert. Der 1981 in Esslingen geborene Autor, der als Erzieher in Wohngruppen und in Schulen in Neukölln arbeitet, verwendet eine bildhafte Sprache mit Einschlägen in jugendliche Umgangssprache, er erzählt rasant, mit lakonischem Witz und dicht am Leben", so Hauck in der Jurybegründung. "Tienti schafft Situationskomik – vielleicht ist das Schwere nur so zu ertragen, wenn das Leben implodiert. Der Autor bildet das Leben mit seinen Höhe- und Tiefpunkten ab, die Figuren, die mit ihren Vorurteilen kämpfen und ebenso herumbrüllen können wie sie hilfsbereit sind, und zeichnet dabei in seinem Kinderbuchdebüt nie schwarz-weiß."

Isabelle Enderlein von der französischsprachigen Jury würdigte Oren Ginzburgs "Le destin (presque) timbré d’Etienne Durillon" (Editions Grasset), in dem sich innerhalb eines halben Tages plötzlich alles im Leben des Etienne Durillon verändert. Unerwartete Ereignisse und Überraschungen folgen in einem unbändigen Rhythmus aufeinander in dieser bebilderten Erzählung, in der man ebenso alten Damen mit Tatoos und in Lederjacken begegnet, die auf dem Motorrad durch die Stadt brausen, als auch einem sympathischen Barbesitzer, groß wie ein Riese und mit Glatze oder einem Einbrecherhund und seinem besorgten Herrchen mit Leichenbittermiene. "Zügig und die erfreulichen Veränderungen vorantreibend, erzählt der Roman humorvoll und zärtlich, wie ein ein junger Mann, der sich in seine Schüchternheit und Einsamkeit zurückgezogen hat, plötzlich erfährt, was Freundschaft ist und Mut, Gemeinschaft und Glück."

Hintergrund:

Der Deutsch-Französische Jugendliteraturpreis ist ein Preis für zeitgenössische Jugendliteratur in Deutschland und Frankreich. Er wird jährlich für ein herausragendes Werk der deutschen und französischen Kinder- und Jugendliteratur an einen deutsch- und einen französischsprachigen Jugendbuchautor verliehen.

Die Vergabe des Preises liegt bei der Stiftung für die deutsch-französische kulturelle Zusammenarbeit und der Europäischen Kinder- und Jugendbuchmesse. Ziele des Preises sind die Vertiefung des literarischen Brückenbaus zwischen Deutschland und Frankreich und die Förderung bisher weniger bekannter zeitgenössischer Jugendbuchautoren.

Die beiden Preisträger erhalten je ein Preisgeld in Höhe von 6.000 Euro. Für die Übersetzung der beiden preisgekrönten Werke in die jeweils andere Sprache werden je 2.000 Euro bereitgestellt.