BGH-Urteil zu Kohl-Tonbändern

Altkanzler kann die Herausgabe verlangen

10. Juli 2015
Redaktion Börsenblatt
Der Bundesgerichtshof hat heute die Revision des Autors Heribert Schwan im Verfahren um Tonbandaufzeichnungen Helmut Kohls zurückgewiesen. Der Altkanzler als Kläger kann laut BGH-Urteil die Herausgabe der Tonbänder verlangen, die im Zuge der gemeinsamen Arbeit an seiner Biografie entstanden sind.

Helmut Kohl sei zwar nicht durch "Verarbeitung" (§ 950 BGB) Eigentümer der Tonbänder geworden, diese sind aber aufgrund eines zwischen den Parteien bestehenden Auftragsverhältnisses herauszugeben, urteilte der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs. Die Vereinbarung zur Erstellung der Memoiren stelle "ein auftragsähnliches Rechtsverhältnis dar, wobei der Kläger als Auftraggeber anzusehen ist", teilt der BGH in einer Presseinformation mit.

Nachdem Kohl die Zusammenarbeit beendet und damit den Auftrag widerrufen habe, sei der Beklagte nach § 667 BGB verpflichtet, ihm alles herauszugeben, was er zur Ausführung des Auftrags erhalten habe. Dazu zählen laut BGH nicht nur zur Verfügung gestellte Dokumente, sondern auch die aufgezeichneten persönlichen Erinnerungen und Gedanken des Klägers. Auf das Eigentum an den physischen Tonbändern, auf denen die Lebenserinnerungen des Klägers aufgezeichnet sind, komme es nicht an. Damit bestätigt der BGH die Entscheidungen der Vorinstanzen (LG Köln und OLG Köln).

Hintergrund

Helmut Kohl und der Journalist Heribert Schwan hatten 1999 mit Random House jeweils selbständige, inhaltlich aber aufeinander abgestimmte Verträge zur Erstellung von Memoiren des Altkanzlers geschlossen. Im Zuge der Arbeit an den Erinnerungen trafen sich Kohl und Schwan 2001 und 2002 wiederholt zu Geprächen − Schwan nahm davon insgesamt 630 Stunden auf einem mitgebrachten Tonbandgerät auf. Die Tonbänder, die Kohl persönlich zu keinem Zeitpunkt in den Händen hatte, nahm der Autor zur Vorbereitung der geplanten Buchveröffentlichung jeweils mit nach Hause. Später überwarfen sich die Parteien − Helmut Kohl kündigte die Zusammenarbeit auf. Und verlangte die Herausgabe sämtlicher Tonaufnahmen, auf denen seine Stimme zu hören ist. 

Auf das im Handel befindliche Buch "Vermächtnis – Die Kohl-Protokolle" von Heribert Schwan und seinem Co-Autor Tilman Jens hat des BGH-Urteil keinen direkten Einfluss. Diese dürfen weiter abverkauft werden. Allerdings hatte das OLG Köln im Mai 2015 entschieden, dass der Heyne Verlag (Random House) das Buch nicht mehr ausliefern dürfe. Laut OLG Köln dürfen Autor Heribert Schwan und Co-Autor Tilman Jens einen Großteil der Äußerungen Helmut Kohls nicht mehr veröffentlichen.