Börsenblatt Kompass

77 überzeugende Buchhändleraktionen

15. Juni 2015
von Börsenblatt
"Buy Local" lautet das Motto der Stunde und der Buchhandel ruht sich nicht auf dem neuen Regionalbewusstsein aus, sondern tut einiges dafür, um die Kunden auch fernab des regelmäßigen Besuchs mit ausgefallenen Ideen bei Laune zu halten. Am Donnerstag liegt dem Börsenblatt ein Extraheft mit 77 neuen Ideen für den Buchhandel bei. boersenblatt.net stellt schon heute drei Aktionen daraus vor.

Das Vorlesetheater für die Kleinen bei Gulliver Books in Halle
Die Unterhaltung der kleinsten Kunden als besondere Herausforderung? Für Kinder- und Jugendbuchhändlerin Claudia Foth ist das mittlerweile kein Problem. Sie weiß, wie man dem jungen Publikum Freude bereitet. Doch auch die Buchhändlerin musste zunächst das richtige Konzept für sich und ihre Lesungen finden. Verkauft sie nun lieber Bücher? Oder liest sie lieber vor? Die Buchhändlerin kann sich nicht entscheiden. Muss sie aber auch gar nicht: Mit Gulliver Books in Halle lebt sie alle ihre Talente aus - wird als Vorleseprofi mittlerweile sogar zu Seminaren und Kindergeburtstagen gerufen, ist mit ihren Programmen Stammgast in Kindergärten und Schulen.

Als sie ihre Kinder- und Jugendbuchhandlung, in der sie sowohl antiquarische Bücher als auch Novitäten verkauft, 2011 eröffnete, sah die Welt noch anders aus: »Zu meinen traditionellen Frontallesungen kamen nur wenige Leute«, erinnert sich Foth. Und holte, um genau das zu ändern, zuerst Musiker hinzu und begann später damit, eigene Geschichten zu erfinden - passend zu den Büchern, um die es gerade ging. »Damit war das Vorlesetheater geboren, ein Riesenspaß.«

Ihre Stücke, in deren Zentrum stets ein Buch steht (zuletzt: »Mama, wo ist eigentlich das Gestern hin?« von Maja Bohn), dauern etwa eine Stunde. Die kleinen Gäste hören zu, können sich mit ihrer Unterstützung verkleiden, schminken, singen, reimen und selbst Theater spielen. Alles in der Buchhandlung.

Aufwand und Kosten: »Geschichten denke ich mir sowieso gern aus«, sagt Foth und hält auch sonst die Kosten gering, indem sie vorhandene Mittel nutzt (auch leere Bücherkartons). Eine Eintrittskarte kostet ihre kleinen Besucher je 2,50 Euro.

Wortpoesie mit Kekskrümel bei Lehmanns Media in Marburg
Auch die Auszubildene Mareike Gnändiger weiß, wie man das lesende und an Kultur interessierte Publikum begeistern kann und bereitete bei Lehmanns Media in Marburg die Bühne für den Poetry-Slammer Marvin Ruppert, inklusive Gewinnspiel. Resultat: ein volles Haus und gute Verkäufe. Schon ein halbes Jahr vorher hatte sie den Wortakrobaten für die Veranstaltung verpflichtet, bei der Ruppert sogar brandneue Stücke vortrug. »So kamen auch die voll auf ihre Kosten, die sein Buch aus dem Satyr Verlag schon kannten«, so Gnändiger. Mit dem Poetry-Slam bei Lehmanns Media (früher Universitätsbuchhandlung Elwert) setzte sie ihr Ausbildungsprojekt um - mit viel Energie.

Aufwand und Kosten: Die »Extremwerbephase« begann drei Wochen vor der Veranstaltung. »Wir haben überall Plakate aufgehängt und ich habe es geschafft, dass die Flyer für unsere Veranstaltung in den Erstsemestertüten der Universität landeten.« Besonders wichtig war ihr aber die Werbung im Netz: »Eine Woche vor dem Slam haben wir ein Gewinnspiel auf Facebook gestartet.« 50 Karten im Vorverkauf und 30 verkaufte Tickets an der Abendkasse: Der Slam bei Lehmanns Media war mehr als gut besucht und wird vielen Kunden nicht bloß wegen Gnändigers selbst gebackenen Keksen in Erinnerung bleiben. Und die Bilanz beim Büchertisch? »Wir haben am Abend 15 Exemplare von Rupperts Buch verkauft. Ein großer Stapel mit signierten Exemplaren an der Ladentheke ging im Laufe des nächsten Tages weg.« Bereits zwei Wochen vor der Veranstaltung gehörte das Buch zu den Bestsellern des Hauses.

Schaufenster für die Babyboomer bei Literadur in Waldbronn
Gute Ideen werden bei der Buchhandlung LiteraDur auch von den Kunden mit unterstützt. So erging es LiteraDur-Geschäftsführer Sven Puchelt und seinen Mitarbeitern. Vor einem Jahr hatte die Filiale in Waldbronn zum 50. Geburtstag der sogenannten Babyboomer ein Schaufenster geschmückt.
Kinderbücher wie Astrid Lindgrens »Michel«, Romane von John le Carré und Peter Weiss, dazwischen viele Abenteuergeschichten, bunte Lampenschirme und Sessel, ein alter Röhrenfernseher: »Auf unser Schaufenster zum Thema 1964 sind wir ziemlich stolz«.


Aufwand und Kosten: Alle Mitarbeiter waren aufgerufen, ihre Dachböden und Keller nach authentischen Requisiten zu durchforsten. Auch eine Wohnungsauflösung wurde besucht. Einer Kundin hat die Aktion so gut gefallen, dass sie sogar einen passenden Vorhang vorbeibrachte.