Verlagsfest von weissbooks

"Der Faktor Glück"

12. Juni 2015
von Börsenblatt
Ein Verlag ist umgezogen und lädt zum Fest in seine neuen Räume. Das kommt öfters vor – aber selten so, wie an diesem Donnerstagabend im Frankfurter Osten.

Im Herbst erscheint bei dem kleinen Frankfurter Verlag weissbooks ein ungewöhnliches Buch mit dem Titel "Risk Wise". Darin erzählt die britische Autorin Polly Morland von neun Menschen, die in ihrem jeweiligen Alltag das Risiko weder scheuen noch unterschätzen: Sie wohnen an den Hängen des Vesuvs, arbeiten als Balletttänzerin in Paris oder tragen als "Hochbau-Forensiker" Verantwortung für die Gebäudesicherheit in Manhattan. Sie leben in Gefahren und werden dadurch klug.

Das Ungewöhnlichste an diesem Buch ist, dass es eine Menge mit dem Verlag selbst zu tun hat. Denn dass der Tanz mal vorbei sein, das Gebäude einstürzen oder der Vulkan ausbrechen könnte, gehört halbwegs zum Grundgefühl der beiden Unternehmensgründer Anya Schutzbach und Rainer Weiss, seit sie vor sieben Jahren ihr Abenteuer gestartet haben.

Schutzbach sagte es bei der Begrüßung der Gäste ihres Verlagsfestes unverblümt: Man sei durch Krisen gegangen, "arg gebeutelt", man könne eben "einen solchen Verlag nicht nur rechnen". Eine Rolle spiele "der Faktor Glück", ein gewisser Zufall im Sinne dessen, "was einem zufällt". So sprach nun nicht ein betriebswirtschaftlicher Leichtfuß, sondern jemand, der vertrauten Umgang pflegt mit Excel-Tabellen und Deckungsbeitragsrechnungen. Gewissermaßen "risk wise" also stehen bis dato 87 Titel von 63 Autoren zu Buche – der kulturelle Ertrag einer Produktion.

Frankfurts Kulturdezernent Felix Semmelroth bescheinigte den beiden Verlagschefs eine robuste Abneigung gegen jede Art von Larmoyanz. Stattdessen sehe er "einen markanten Willen durchzuhalten und eine unversiegbare Leidenschaft für die Literatur". Sein Fazit Richtung Gastgeber: "Sie haben allen Grund, stolz zu sein."

Alexander Skipis, der als Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins quasi das Grußwort der Branche mitgebracht hatte, erinnerte an ein Interview, das Anya Schutzbach und Rainer Weiss dem Börsenblatt anlässlich ihres Verlagsstarts gegeben hatten. Darin konterten sie die Frage, was sie denn zu der "Verrücktheit" gebracht habe, in diesen Zeiten einen neuen literarischen Verlag zu versuchen, mit einer Gegenfrage: "Ist es verrückt, sich zu fragen, ob man nicht vielleicht sein Leben ändern will?" Diese Haltung, einer inneren Überzeugung zu folgen und "nicht nur drüber zu reden, sondern es einfach zu machen", sei für ihn, Skipis, ebenso faszinierend wie vorbildlich.

Danach spielte eine gut gelaunte Coverband ohne größere Risiken zum Tanz bis Mitternacht.

cas