Der Käufer von 70 Weltbild plus-Filialen kommt aus Ahaus

Alles deutet auf Lesensart Rüdiger Wenk

16. Februar 2015
von Börsenblatt
Wie aus gut unterrichteten Kreisen bekannt wurde, soll es sich bei dem Käufer der 70 weniger rentablen Weltbild plus-Filialen um die Buchhandlung Lesensart Rüdiger Wenk handeln. Deren Firmensitz wurde erst Anfang Februar aus Emsdetten nach Ahaus verlegt. Die Gesamtbetriebsratsvorsitzende des Weltbild plus Medienvertriebs, Julia Käding, zeigte sich optimistisch, bei den verbleibenden Weltbild plus-Filialen wieder mehr Stabilität zu erlangen, da "durch intensive Verhandlungen wichtige konzeptionelle Veränderungen für die Zukunft festgeschrieben wurden".

Die Lesensart Rüdiger Wenk GmbH betreibt zwei Buchhandlungen in Berlin (Allende-Center in Köpenick und Allee-Center in Lichtenberg); Rüdiger Wenk (48) hatte im August 2014 Anja Winkelhaus als Geschäftsführerin der Buchhandlung Lesensart abgelöst, der Firmensitz wurde von Berlin nach Emsdetten verlegt, danach laut Handelsregistereintrag am 3. Februar 2015 nach Ahaus (von-Röntgen-Straße 8). Auf der rudimentären Website der Lesensart Buchhandlung Rüdiger Wenk ist unter anderem zu Lesen: "Hier entsteht eine Internetseite für medizinische Fachliteratur". Ahaus wurde auch von Weltbild als Firmensitz des Erwerbers der Weltbild plus-Filialen genannt. Rüdiger Wenk selbst war heute bislang nicht zu erreichen.

Wenk ist zudem seit Juli 2014 Inhaber und Geschäftsführer der Unternehmensberatung "GUO Strategisches Management Berlin GmbH". Beim Angebotsspekrtum nennt GUO etwa die "Analyse der Ertrags- und Bilanzstrukturen" sowie die "Untersuchung der Kosten- und Leistungsstrukturen, des Personalwesens und der Vertriebsorganisation".

Weltbild äußerte sich auf Anfrage nicht zu den Spekulationen um den möglichen Käufer, bestätigte erneut, dass es sich um eine mittelständische Buchhandelskette handelt. "Der Verkauf steht noch unter dem Vorbehalt der Zustimmung der Gremien und der Zustimmung des Gesamtbetriebsrates zum notwendigen Interessensausgleich", so eine Unternehmenssprecherin.

Am 13. Februar hatte Weltbild mitgeteilt, dass rund 70 Filialen abgeben werden. "Käufer der Filialen ist eine mittelständische Buchhandelskette aus Ahaus", hieß es in einer Pressemitteilung. Rückfragen dazu wurden nicht beantwortet . "Erst möchten wir die Mitarbeiter informieren." Eine erste Recherche erbrachte nur soviel: In dem Städtchen Ahaus an der niederländischen Grenze existieren zwar eine ganze Reihe Buchhandlungen (auch: eine Weltbild plus-Filiale), aber keine mittelständische Buchhandelskette. Weltbild selbst sah sich offenbar zum Verkauf gezwungen – "aufgrund zu hoher Struktur- und Mietkosten".

Einschätzung des Geamtbetriebsrats

Derzeit sind die Reaktionen der Mitarbeiter auf den Verkauf sehr unterschiedlich, wie die Gesamtbetriebsratsvorsitzende des Weltbild Plus Medienvertriebs, Julia Käding, berichtet: "Viele sind verunsichert aufgrund der Ungewissheit, andere wiederum sehen eine Perspektive für ihre Filiale, mit einem neuen Erwerber einen Neustart zu beginnen." Das Jahr 2014 mit all seinen Höhen und Tiefen sei "für die Kolleginnen und Kollegen eine Achterbahnfahrt" gewesen, "und leider ist die erhoffte Ruhe auch 2015 noch lange nicht eingekehrt. Durch die momentan stattfindenden Verhandlungen über einen Interessenausgleich wird zumindest sichergestellt, dass die Arbeitnehmerrechte beim anstehenden Betriebsübergang bestmöglich vertreten werden", so Käding gegenüber boersenblatt.net.

"Der Gesamtbetriebsrat hat natürlich auch zwiespältige Gefühle: Er betrachtet den Verkauf einerseits als radikalen und schmerzhaften Einschnitt, andererseits besteht Hoffnung auf die Chance für einen Neuanfang für sowohl die übergehenden als auch die verbleibenden Filialen", sagt Käding. "Allgemein gehaltene Versprechungen, dass es den defizitären Filialen von heute auf morgen wieder wirtschaftlich gut gehen wird, kann aber wohl niemand machen", urteilt die Gesamtbetriebsratsvorsitzende. "Sicherlich wird es ein hartes Stück Arbeit."

Nach wie vor seien die Mitarbeiter aber bereit, "ihr Potenzial und sicherlich mehr als 100 Prozent Einsatz zu zeigen, um wieder in die Erfolgsspur zu kommen". Da auch zahlreiche Filialen mit Betriebsräten vom Betriebsübergang betroffen seien, "werden die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen auch beim Erwerber wieder bestmögliche Unterstützung und Solidarität seitens eines Gesamtbetriebsrats haben".

Was die bei Weltbild plus verbleibenden Filialen angeht: "In den letzten Tagen wurden durch intensive Verhandlungen wichtige konzeptionelle Veränderungen für die Zukunft festgeschrieben, so dass wir trotz aller Sorge um die verbleibenden Arbeitsplätze optimistisch sind, nach und nach wieder mehr Stabilität zu erlangen", so die Einschätzung von Käding.