Tagebuch zu Logistikproblemen bei KNV, Teil 2

"Wer tadelt, muss auch loben können"

29. Dezember 2014
von Börsenblatt
Gertrud und Joachim Steiger von der Literaturhandlung Paperback in Bad König hatten Anfang Dezember ein Tagebuch über die Lieferprobleme von KNV Logistik geschrieben − vielgelesen auf boersenblatt.net. Nun legen sie mit Teil 2 für den 22. bis 24. Dezember nach und resümieren darin: "Entgegen aller Befürchtungen wurde es für unsere Buchhandlung noch ein sehr gutes Weihnachtsgeschäft mit zufriedenen Kunden."

"Aus dem Tagebuch eines Provinzbuchhändlers. Oder: Wer tadelt, muß auch loben können.

Wie jedes Jahr, treten wir unseren Dienst in den Tagen vor Weihnachten zwei Stunden früher an. So ist es am heutigen Montag um halb sieben in unserem Kurstädtchen noch stockfinster, als wir uns der Eingangstür unserer Buchhandlung nähern. Ganz gut so − so sehen wir (oder sehen eben nicht) das Elend, die fehlenden Kisten, ein wenig später. Obwohl: in den letzten Tagen hat sich die Lage deutlich entspannt. Die Bemühungen von KNV um eine (wieder) regelmäßige, vollständige und mit so wenigen Packfehlern wie möglich behaftete Anlieferung, scheinen erste Früchte zu tragen. Auch klappt die Nachlieferung fehlender Pakete mit Sprinterfahrzeugen nun deutlich besser als Anfang Dezember. Also schauen wir mal, was die letzten zweieinhalb Tage so bringen.

Montag, 22. Dezember 2014: Es waren etwas mehr als fünfzig Bestellungen, die wir heute erwarten. Der Anzahl der Kisten und Päckchen nach, könnte fast alles dabei sein. Zwei blaue Wannen mit den weißen Erfurt Bändern und sage und schreibe acht von diesen Pappkartons die wir von Anfang an gerne auf den Mond geschossen hätten. Irgendwie haben sie es in Erfurt noch nicht im Griff, die Sache mit den Blauwannen. Denn wozu sonst werden in die Pappschachteln maximal fünf bis sechs Bücher gelegt, obwohl man ohne weiteres mindestens die doppelte Menge darin versenden könnte. Was das wieder an zusätzlichen Transportkosten ausmacht!

Und dann die Art der Verpackung: innen wird die Kleinstmenge zusätzlich in Plastik verschweißt und zwar mit einer Sorte Hartplastik an der das mittelscharfe buchhändlerische Teppichmesser schon im Ansatz scheitert. Dazu kommt noch, dass die halbe Belegschaft fingertechnisch schon ziemlich gehandicapt ist und der Verbrauch von Hansaplaststreifen einen Anstieg verzeichnet, der vermuten lässt, das wenigstens bei Beiersdorf das Weihnachtsgeschäft besser war als in den vergangenen Jahren. Außerdem muss man nun zusätzlich die Folie aus dem Pappkarton herauspöseln, denn wir Buchhändler entsorgen ja unsere Verpackungen immer korrekt. Egal – hier soll ja nicht getadelt, sondern gelobt werden und das muss man heute auch, denn KNV hat alles geliefert, sogar die Hälfte aller Meldenummern 15 ist dabei. Das wird ein Fest für viele Kunden und auf den Sprinter müssen wir heute auch nicht warten.

Dienstag, 23. Dezember 2014: Auch heute sieht es wieder verdammt gut aus mit den Bestellungen. Wieder sind etliche Meldenummern mit ausgeliefert worden und das eine fehlende Erfurt Päckchen hat die Sprintermenbesatzung schon um neun Uhr vorbeigebracht. Da wir schon seit gut vierzehn Tagen jede Bestellung mit den Worten: "Ja, Ihr Buch könnte morgen dabei sein. Doch wir wollen es nicht versprechen, unser Lieferant hat chronischen Husten und da kann halt im Moment alles passieren" annehmen, sind wir und die Kunden sichtlich entspannter. Ja, wir werden sogar mit ungewohntem Lob überschüttet, wenn das Leseteil wirklich schon am folgenden Tag verfügbar ist und selbst bei zwei oder drei Tagen Lieferzeit ist die Kundschaft überglücklich, wenn sie ihr Büchlein in den Händen hält. In den Zeiten der generellen, zuverlässigen und vollständigen Übernachtbelieferung durch KNV, war es sowas von selbstverständlich geworden, dass man um siebzehn Uhr noch bestellte und um acht am nächsten Tag die Ware in den Händen hielt. Sie waren sowas von verwöhnt die Kunden, waren sowas von daran gewöhnt, den Puderzucker rektal verabreicht zu bekommen, dass sie diese großartige Leistung, die ja wohl nur noch die Apotheken zustande bringen, als vollkommen normal ansahen. Jedes trödelige Hamburger Leseheft zu einem Euro mußte über Nacht zur Verfügung stehen und wenn nicht: ja, das war der Super Gau. Und nun?

"Ja, Frau Kirschbäumer-Vollrath-Kunz wir bemühen uns wirklich, dass Sie Ihr Buch über 'Fibrosierende Lebererkrankungen' morgen in den Händen halten können. Doch es gibt im Moment heftige Lieferschwierigkeiten und versprechen können wir es nicht. Aber wir hängen uns gleich ans Telefon und schauen was wir für Sie tun können!" "Ach das wäre ja wunderbar, blablabla…" Und am nächsten Tag: Buch ist da, Frau Dreifachname ist total überwältig, lobt uns über den Klee und schwebt in Richtung Bahnhofstrasse. Irgendwie kann man auf die Tour die momentane KNV Lieferschwäche hervorragend in ein Kundenanbindungsprogramm verwandeln. Apropos: Das machen wir im nächsten Jahr genauso weiter. Auch wenn der KNV wieder zuverlässig liefert, von den Lobeinheiten holen wir uns noch ein paar!

Mittwoch, 24. Dezember 2014: Nur noch ein halber Tag, dann ist erst mal Feierabend. Und den Heiligen Abend Arbeitstag 2014 können wir ganz entspannt angehen. Alle ausstehenden Bücher sind heute geliefert worden, die Sendung war vollständig − Chapeau, Herr Voerster. Selbst Karl-Heinz, seines Zeichens IT-Spezialist der besonderen Sorte, kann uns heute nicht mehr auf die Nerven fallen. Sein BoD über irgendwelche serielle Schnittstellen war heute dabei − nur bei der Abholung mussten wir nochmals Nerven beweisen. Denn wir hatten ihm, als wir die Bestellung annahmen, erklärt, dass es mit der Lieferung zu Weihnachten wohl nichts mehr wird, da ja in Erfurt... und so weiter... Computerprobleme... logistische Fehler... und so weiter. Da hat er uns schon bei der Bestellabgabe genauestens erklärt, das also unter seiner Leitung die Sache dort ganz anders gelaufen wäre, das bisschen Logistik macht er noch nach Feierabend. Und heute, bei der Abholung. Von dem Manne kein Wort des Lobes, im Gegenteil: gefühlte dreißig Minuten setzte er wieder zu einer Analyse zur Behebung der Problematik in der Logistik für die Buchbranche an. Gut, während des Vortrages konnte man getrost sechs weitere Kunden bedienen. Ein paar "Ahas" und "Ohs" unsererseits genügten Karl-Heinzi als Gesprächsinput, aber irgendwie hätten wir ihn nun doch gerne Herrn Voerster an die Hand gegeben – obwohl, der Junge ist wirklich nur in homöopathischen Dosen zu genießen (Karl-Heinz, nicht Herr Voerster!) und das wollen wir den wohl zur Zeit überstrapazierten Nerven der KNV-Geschäftsleitung nun doch nicht antun.

Summa Summarum: Entgegen aller Befürchtungen wurde es für unsere Buchhandlung noch ein sehr gutes Weihnachtsgeschäft mit zufriedenen Kunden. Danke KNV!

Kleines PS am Rande: Eigentlich fehlten am heutigen 24. Dezember nur noch die Ritter Sport Schokoquadrate in der Heilgabendkiste − die hatten aber wohl Meldenummer 15."