Schwule Kultbuchhandlung Männerschwarm schließt

Abschied auf der Langen Reihe

4. Dezember 2014
von Christiane Petersen
Am 31. Januar 2015 schließt eine Hamburger Institution ihre Türen: die schwul-lesbische Buchhandlung Männerschwarm, seit 1981 Anlaufstelle für jeden, der Interesse an Literatur rund um das Thema Homosexualität hat. Männerschwarm ist ein Vollsortimenter, von Anfang an von engagierten Buchhändlern mit dem Ziel betrieben, der Vielfalt schwul-lesbischer Literatur und Lebensweisen eine Heimat zu geben.

Einfach sei es nie gewesen, sagt Buchhändler Volker Wuttke, der „Männerschwarm" jetzt gemeinsam mit seinem Kollegen Hans-Jürgen Köster in die Liquidation führt. Ohne die Bereitschaft zur Selbstausbeutung und ohne die Unterstützung vieler Menschen aus der schwul-lesbischen Szene (und darüber hinaus) wäre schon viel früher Schluss gewesen. Wuttke sitzt an einem Tisch in seiner Buchhandlung, der Blick geht hinaus auf die „Lange Reihe" des Hamburger Stadtteils St. Georg, eine Gegend, in der viele Homosexuelle zu Hause sind. Seit zwölf Jahren ist „Männerschwarm" hier situiert – vorher lag die Buchhandlung am Hamburger „Pferdemarkt" – und vor knapp zehn Jahren begann Wuttke hier seine Ausbildung zum Buchhändler. „Damals waren wir noch ein Team von fünf Kollegen", erinnert er sich. Seitdem ist der Umsatz der Buchhandlung kontinuierlich gesunken, von den fünf Kollegen ist neben Wuttke nur noch Hans-Jürgen Köster übrig, der seit den 80er Jahren in der Buchhandlung arbeitet.

Für den Umsatzrückgang gibt es Wuttkes Meinung nach eine Reihe von Gründen. „Verändertes Leseverhalten und Online-Buchhandel machen auch vor der schwul-lesbischen Szene nicht halt. Auch das Segment „DVDs“, das immer ein respektabler Umsatzbringer für uns war, ist mittlerweile rückläufig“. Doch darüber hinaus gebe es auch Veränderungen in der Zielgruppe der Buchhandlung, eine „schwule Community“, wie es sie in den 80er Jahren gab, gebe es heute nicht mehr. Das kann einerseits positiv begründet sein: Homosexuelle sind gesellschaftlich integrierter. Doch Wuttke sieht auch andere Tendenzen. „Das gilt nur für die jüngere Generation. Es gibt eine Gegenbewegung, die sich unter „konservativen Homosexuellen“ subsumieren lässt. Diese Gruppe möchte gern als schwul akzeptiert sein, aber keinesfalls als schwul auffallen und deswegen auch nicht in einem schwulen Buchladen einkaufen gehen“. Nicht nur „Männerschwarm“ leidet unter dieser Entwicklung. „Vor drei Jahren hat die Münchner Buchhandlung Max & Milian geschlossen, vor zwei Jahren haben die Frankfurter Kollegen aufgegeben“, so Wuttke.

Ein weiterer Aspekt, der Männerschwarm das Leben schwer macht: Die Kaufhauskette „Brunos“ mit ihrem „Lebensstil für den schwulen Mann“, die vor sechs Jahren wenige Meter entfernt ihre Türen öffnete und unter anderem ein breites Sortiment an schwuler Literatur anbietet – insbesondere die Bücher und Magazine des Bruno Gmünder Verlags, der hinter „Brunos“ steht.

Verlag bleibt bestehen

Bei aller Wehmut sieht Wuttke positiv in die Zukunft. „Von unserer Schließung unberührt bleibt der Männerschwarm Verlag“, sagt er. „Im Februar werden wir uns mit den Kollegen und vielen anderen Männerschwarm-Freunden zusammensetzen und ein Geschäftsmodell für die Zukunft entwickeln“. Bis dahin bleibt noch viel zu tun: Das Weihnachtsgeschäft ist bereits in vollem Gange und im Januar sind noch verschiedene Veranstaltungen geplant. Am 24. Januar lädt Männerschwarm dann zu einem letzten Sektempfang. Und dann?  „Uns fällt sicher was ein“, sagt Wuttke und sieht ganz optimistisch aus.