Der elektrische Verlag: Gerade einmal fünf Jahre ist es her, dass Nikola Richter (*1976) an ihr erstes Smartphone kam − über einen Blogger-Wettbewerb. Auf einer Zugfahrt lädt sie sich Thomas Manns "Tod in Venedig" herunter. Ein Lektüre-Erlebnis mit Folgen. Sie will mehr davon. Heute verlegt die studierte Literaturwissenschaftlerin, die als Redakteurin und Buchautorin auch im Printbereich auf sich aufmerksam gemacht hat, Autoren wie Alexander Kluge oder das Tagebuch des Syrers Aboud Saeed, der auf Facebook seine eigene kleine Revolution angezettelt hat.
Mikrotext nennt Richter ihr Berliner Literatur-Start-up, dessen Bücher ausschließlich in digitaler Form erscheinen. Das Medium ist schnell; viele Bücher sind inspiriert von Diskussionen in sozialen Medien und dem Blick auf internationale Debatten. Mit der Genre-Literatur, wie sie auf Internetportalen und Fan-Foren zirkuliert, hat Richter nichts am Hut. Die Seiteneinsteigerin setzt, von der Autorensuche bis zur PR, ganz auf klassische Verlagsarbeit. Doch während die Dickschiffe der Branche E-Books meist als Beiprodukt des physischen Buchs behandeln, versteht Richter ihre digitalen Ausgaben nicht als billige Kopie − sondern als Originalprodukt. Mit der von Richter mitorganisierten und kuratierten "Electric Book Fair" (Juni 2014), Deutschlands erster Messe für E-Books und E-Book-Verlage, hat die Netzwerkerin der digitalen Aufbruchstimmung eine neue Plattform geschaffen.
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