Die Sonntagsfrage

"Wie können Selfpublisher und Buchhändler Freunde werden?"

24. August 2014
von Börsenblatt
"Selfpublisher werden vom Buchhandel boykottiert", hieß es vor wenigen Tagen in einem offenen Brief. Bücher von Selbstverlegern würden nicht auf Lager gelegt und auf Nachfrage nicht bestellt, "selbst wenn es gängige Werke oder gar Bestseller sind". Wie Selfpublisher und Buchhändler voneinander profitieren können, erzählt Kirsten Rühs, Inhaberin der Buchhandlung Rühs in Bad Nauheim.
Schon lange vor dem Schritt in die Selbstständigkeit mit einer Buchhandlung im Jahr 2011 beschäftigte mich die Frage, wie angesichts der „Internet-Revolution“ im Buchmarkt eine lokal erfolgreiche Buchhandlung aussehen könnte. Die Kombination Bücher, Wolle und Geschenke sollte ergänzt werden mit Veranstaltungen, die nachhaltige Erlebnisse in der Buchhandlung ermöglichen. Eine Veranstaltung zu Beginn sollte eine Einführung in das Thema E-Books und E-Reader werden. Bei meiner Suche nach einem geeigneten Referenten fand ich einen selbstpublizierenden Autor bei BoD, der sich hochengagiert einbrachte und die Fragen der Besucher aus erster Hand beantwortete. Es lag nahe, dass in der Folge das Erstlingswerk dieses Autors im Rahmen einer Lesung in der Buchhandlung vorgestellt werden sollte. Die Lesung bescherte mir aufgrund dieser Vorgeschichte ein volles Haus und dieser Erfolg konnte bis heute noch zweimal mit weiteren Werken wiederholt werden. 

Durch diesen Erstkontakt zu einem „Selfie“ bekam ich nun Zugang zu einem Autorennetzwerk, das mir zahlreiche, höchst interessante Lesungen zu sehr unterschiedlichen Themenkreisen ermöglichte. Um beurteilen zu können, ob diese Bücher eine gute Qualität sowohl bezüglich des Inhalts als auch des Lektorats besitzen, wurde jedes Buch vorurteilsfrei gelesen. Die lokalen Medien wurden auf das ungewöhnliche Veranstaltungsangebot aufmerksam und unterstützten es durch gut platzierte Artikel.

Bei dieser Erfolgsgeschichte profitierten beide Seiten: Die Autoren von der erhöhten Medienaufmerksamkeit und den Buchverkäufen, die Buchhandlung durch das volle Haus bei den Lesungen und ebenfalls durch die Medienpräsenz. Gute Indie-Literatur hat so einen festen Platz in unserem Sortiment erhalten und wird auch zunehmend nachgefragt.

Wichtig aus Sicht des Buchhandels ist, dass teilweise bestehende Hürden bei der Beschaffung der Titel beseitigt werden und eine Remission ermöglicht wird. Die Bücher sollten nicht nur im VLB, sondern auch bei den Barsortimenten gelistet sein, wie es zum Beispiel bei BoD der Fall ist.

Buchhändler und Selfpublisher können und sollten Freude werden. Wenn die Voraussetzungen stimmen, kann eine Zusammenarbeit für beide Seiten von Nutzen sein. Wir werden weiterhin gute Selfpublisher unterstützen und sie nicht ins unterste Regal verbannen.