Neuregelung der Händlerentgelte bei Kartenzahlungen

Kann der Einzelhandel Millionen sparen?

8. Mai 2014
von Börsenblatt
Die deutsche Kreditwirtschaft hat sich kürzlich gegenüber dem Bundeskartellamt verpflichtet, einheitliche Händlerentgelte im electronic cash-System aufzugeben – zugunsten individueller Verhandlungen. Zudem hat Brüssel zusätzlich eine Deckelung der Gebühren für alle Kartenzahlungen anvisiert. Eine EHI-Studie erwartet dadurch ein Einsparpotenzial in dreistelliger Millionenhöhe für den Handel.

Das teilte das EHI Retail Institute in einer Vorabmeldung zu seiner Studie "Kartengestützte Zahlungssysteme im Einzelhandel 2014" (die im Juni erscheint) mit. Die Neuregelung soll ab November 2014 gelten. Allerdings hatten große Handelsunternehmen oder -ketten, wie auf boersenblatt.net berichtet, schon früher individuelle Entgelt-Vereinbarungen im Electronic Cash-System getroffen − laut EHI 44 Prozent dieser Unternehmen, was geschätzt bereits zu einer Reduzierung von gut 9 Prozent (26,3 Millionen Euro) der gesamten Autorisierungsgebühren geführt habe. Darunter etwa auch die Mayersche Buchhandlung: "Wir haben seit Jahren individuell vereinbarte Entgelte", so eine Sprecherin des Filialisten gegenüber boersenblatt.net. Insofern sei das Thema für die Mayersche "nicht sehr relevant".

Für den Mittelstand sei nun zu hoffen, so die EHI-Analysten, dass die anstehenden Verhandlungen zu besseren Konditionen führen, "damit auch für kleinere Händler akzeptable Bedingungen entstehen". Die Verhandlungspartner würden dazu sogenannte Kopfstellen einrichten, in denen die Handelsverbände oder Netzbetreiber die Händlerinteressen bündeln, Organisationen der Kreditwirtschaft die der Banken und Sparkassen.

Überblick der Zahlungsarten im stationären Einzelhandel

Für die Studie ermittelten die EHI-Marktforscher zudem die Anteile der Zahlungsarten am Umsatz im deutschen Einzelhandel für 2013 (insgesamt 390 Mrd. Euro, ohne Kfz, Mineralöl, Apotheken, Versandhandel, aber inkl. Umsätze von Tankstellenshops) − mit folgendem Ergebnis:

Bargeld: 54,4 Prozent (minus 1,2 Prozent zum Vorjahr)Electronic Cash-Systeme (Girocard plus Geheimnummer): 23,1 Prozent. Hier steht die Neuregelung der Händlerentgelte an.Elektronisches Lastschriftverfahren ELV (EC-Karte plus Unterschrift): 12,9 ProzentKreditkarten: 5,4 Prozent

Kartenzahlungen: EU-Kommission fordert Deckelung der Gebühren

Weitere Einsparpotenziale winken laut EHI aus Brüssel: Im April habe das EU-Parlament beschlossen, dass die Interbankenentgelte auf 0,2 Prozent und höchstens 7 Cent pro Transaktion (bei Debit-Karten) bzw. 0,3 Prozent (Kreditkarten) gedeckelt werden sollen. Das könnte auch hierzulande für die Mehrzahl der Händler niedrigere Gebühren innerhalb der nationalen Debitsysteme zur Folge haben, so die EHI-Marktforscher.

Bei den einheitlichen Händlerentgelten, die jetzt wegfallen sollen, lag bei electronic-cash-Transaktionen die Gebühr bislang bei 0,3 Prozent und mindestens 8 Cent pro Transaktion. Insgesamt könnten aus EHI-Sicht für den Handel Einsparungen in dreistelliger Millionenhöhe möglich sein.

Das EHI prognostiziert für die nächsten Jahre einen weiteren Rückgang von Bargeldzahlungen sowie einen deutlich höheren Kreditkartenanteil bei den Zahlungsarten im stationären Einzelhandel – falls die Gebühren nach einer europäischen Regelung erwartungsgemäß sinken würden.

Datenbasis der EHI-Studie

Im EHI-Panel sind nach eigenen Angaben aktuell 518 Unternehmen mit 70.000 Betrieben aus 35 Branchen vertreten. Der Umsatz der befragten Unternehmen mache rund 55,2 Prozent des Einzelhandelsumsatzes in Deutschland aus.

Über das EHI

Das EHI in Köln ist ein wissenschaftliches Institut des Handels. Im EHI Retail Institute werden nach Angaben der Einrichtung Forschungsarbeiten zu wichtigen Zukunftsthemen des Einzelhandels durchgeführt.