Die Sonntagsfrage

Was hält Interessenten vom Kauf ab, Frau Warlimont?

6. April 2014
von Börsenblatt
Barbara Warlimont (69) sucht seit rund einem Jahr nach einem Nachfolger für ihre Buchhandlung in Alzenau. Es gab zwar schon einige Interessenten – aber es kam nie zu einer Unterschrift. Jetzt organisiert sie zum ersten Mal zusammen mit ihrer Unternehmensberaterin Gaby Marx einen Info-Tag für Existenzgründer. Warlimont will beweisen, dass sich Buchhandel weiterhin lohnt.
"Wenn man jeden Tag den literarischen Nabel dieser Welt umkreist, ist das wunderschön. Aber ich will die Risiken, die damit verbunden sein können, gar nicht kleinreden. Zweifler kann ich  durchaus verstehen, jedoch weiß ich nach den fast 25 Jahren, die ich nun selbstständig bin, eben auch, wie viel tatsächlich möglich ist. Ich bin mir sicher, dass gerade inhabergeführte Buchhandlungen auch in Zukunft auf einem recht guten Fundament stehen. Die Digitalisierung schreckt mich nicht. Sie ist ein Stück Zukunft – man wird diese Zukunft gemeinsam leben, gibt etwas ab, bekommt aber auch wieder etwas zurück. Es ist ein Geben und Nehmen: Auch ich verkaufe E-Books; Onlinebestellungen machen mittlerweile im Schnitt fünf Prozent meines Umsatzes aus – an manchen Tagen sogar zehn.

Mir gehören zwei Buchhandlungen, eine in Freigericht und eine in Alzenau – für letztere suche ich seit rund einem Jahr einen Käufer. Ich bedaure sehr, dass es bisher noch nicht geklappt hat. An mangelndem Interesse lag es allerdings nie. Das Interesse, eine Buchhandlung zu führen, ist da. Viele, die aufgrund von Anzeigen, die ich geschaltet hatte, nach Alzenau kamen, waren sich jedoch unsicher, ob sie wirtschaftlich über die Runden kommen, ob Banken sie unterstützen und sie selbst den anstrengenden Arbeitsalltag auf Dauer bewältigen würden. Einige Kollegen hatten auch überlegt, die Buchhandlung in Alzenau als Filiale zu betreiben. Aber davon rate ich eigentlich ab: Aus meiner Erfahrung ist das kaum machbar. Als Inhaber muss man einfach da sein – die Kunden in Alzenau wollen und erwarten das.  

So kamen wir, meine Beraterin Gaby Marx und ich, schließlich auf die Idee, die Art und Weise der Nachfolgersuche noch einmal grundsätzlich zu überdenken. Mit dem Ergebnis, dass wir die Suche nun ausweiten und ein Seminar anbieten – für jene, die grundsätzlich von der Idee, eine Buchhandlung zu eröffnen, infiziert sind, aber noch zweifeln, ob es sich lohnt, diese Idee auch umzusetzen. Natürlich geht es dabei in erster Linie um meine Buchhandlung. Nichtsdestotrotz dürften die Informationen, die wir geben können, auch für Interessenten anderer Buchhandlungen aufschlussreich sein, und ihnen bei ihrer Entscheidung letztlich helfen. Meine Buchhandlung soll also nur ein Beispiel sein. Wir organisieren doch keine Kaffeefahrt!      

Betriebswirtschaftliche Faktoren und die Finanzierung einer Übernahme werden bei unserem Info-Tag sicher eine wichtige Rolle spielen. Wir haben vor, das konkret an meinem Beispiel durchzurechnen. Zum Thema Banken: Ich mache mit ihnen gute Erfahrungen. Es finden sich immer Wege – wenn man zeigen kann, dass man willens und in der Lage ist, wirtschaftlich zu arbeiten. Ich werde meinem Nachfolger da auch gern ein paar Türen aufstoßen, beherzt dabei sein und den Prozess begleiten.

Unternehmer zu sein, war noch nie einfach. Das gerät vielleicht manchmal in Vergessenheit. Wenn man die Ärmel jedoch richtig hochkrempelt, kann man – auch in Alzenau – als Buchhändler noch vieles bewegen - etwa B2B, im Geschäft mit den vielen kleinen und mittelgroßen Firmen, die es hier gibt."


Barbara Warlimont gründete 1990 die Buchhandlung Das Buch in Freigericht (ca. 17.000 Einwohner), 2001 eröffnete sie – mit Unterstützung der Stadt – eine Filiale in der Kleinstadt Alzenau (ca. 18.000 Einwohner). Die Buchhandlung liegt am Fuße der Burg in Alzenau und teilt sich die knapp 200 Quadratmeter große Fläche mit einem Weltladen (Eine Welt-Gruppe; Flächenanteil Das Buch: ca. 140 qm).

Informationen zum Gründervortrag gibt es auf der Website von Gaby Marx, als PDF hier.