Vollversion der Deutschen Digitalen Bibliothek startet in Berlin

Ein Schritt in Richtung "digitale Souveränität"

16. Juli 2015
von Holger Heimann
In Berlin wurde heute die erste Vollversion der Deutschen Digitalen Bibliothek – die deutsche Abteilung der Europeana – gestartet. Sie umfasst derzeit acht Millionen digitale und digitalisierte Objekte, in denen die Nutzer recherchieren können.
Passender hätte die Wahl des Ortes kaum ausfallen können. An Symbolik nicht zu überbieten war die Präsentation der ersten Vollversion der Deutschen Digitalen Bibliothek in der Gemäldegalerie in Berlin. Ziel der Bibliothek ist es bekanntlich, das gesamte kulturelle und wissenschaftliche Erbe Deutschlands digital zu präsentieren, indem sie die digitalen Angebote von Museen, Bibliotheken, Archiven und Forschungseinrichtungen vernetzt. Ein Teil dieses Erbes – wertvolle, alte Gemälde – bildete am heutigen Vormittag die imposante Kulisse für die Vorstellung des Entwicklungsstandes des Großprojektes in der Wandelhalle der Gemäldegalerie.

Beeindruckend ist auch allemal das Tempo, mit dem die Deutsche Digitale Bibliothek wächst. Es ist offenbar so hoch, dass sich die Redner selbst beständig untereinander korrigieren mussten beim Referieren des aktuellen Status quo. Die allerneuesten Zahlen hatte Frank Frischmuth, Geschäftsführer der Deutschen Digitalen Bibliothek, parat:  Rund acht Millionen Objekte können derzeit recherchiert werden (2012 waren es noch 4,7 Millionen). Die deutsche Abteilung stellt damit den größten Einzelanteil der Objekte in der Europeana, die seit 2008 die digitalen Kulturgüter aus allen EU-Mitgliedsstaaten versammelt.

110 Einrichtungen haben bislang Daten an die Deutsche Digitale Bibliothek geliefert (darunter 60 Museen und zehn Bibliotheken). Eine Zahl, die beständig wächst; 2.073 weitere Institutionen haben sich bereits registriert, deren Daten sollen in den kommenden Monaten eingespielt werden. Handlungsbedarf machte Frischmuth derweil beim Urheberrecht aus, die Rahmenbedingungen für Kultur- und Wissenseinrichtungen müssten verbessert werden, forderte er.  

Grütters: Datenmonopole sollen nicht Deutungsmonopole werden

Für Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und Sprecher des Vorstandes der Deutschen Digitalen Bibliothek, ist diese ein "Jahrhundertprojekt". Man dürfe sich gerade deswegen jedoch nicht ausruhen, sondern müsse die Bibliothek vielmehr unentwegt weiterentwickeln, damit sie nicht den Anschluss verliere, sagte er. Dass der Takt der Digitalisierung bislang von amerikanischen Großkonzernen wie Google oder Amazon vorgegeben worden ist, macht rasches und beherztes Agieren der Europäer in den Augen der Staatsministerin für Kultur und Medien, Monika Grütters nur noch dringlicher. "Wir müssen Datenmonopole verhindern, weil sie zu Deutungsmonopolen werden können. Und diese passen nicht in eine freiheitliche Gesellschaft", formulierte Grütters griffig. Es sei stattdessen wichtig, die "digitale Souveränität" zu wahren und sich auf die "eigene kulturelle Identität" zu besinnen.

Die Kulturstaatsministerin gab sich überdies zuversichtlich, dass  der virtuelle Spaziergang den Besuch von Museen nicht ersetzt, sondern im Gegenteil neue Anreize schafft für eine "reale Begegnung". Noch in diesem Jahr soll ein Kinder- und Jugendportal online gehen. Die Hoffnung dahinter ist es, Schwellenängste abzubauen und auch Zurückhaltende und Zögerliche mit dem kulturellen Erbe in  Berührung zu bringen. Und womöglich gelingt das sogar: Denn zum Erbe zählt im spartenübergreifenden Angebot der Deutsche Digitale Bibliothek neben Texten, Kompositionen, alten Münzen etwa auch ein Trikot des Fußballers Lukas Podolski.