Kampf um Ladenräume in Berlin-Mitte

Buchhandlung Sonnenhaus sucht neues Domizil

6. März 2014
von Börsenblatt
Der Vermieter in den Berliner Heckmann-Höfen will "ein neues Vermarktungskonzept mit exklusiverer Nutzung": Zum 30. Juni sollen Bettina und Heidrun Klinkmann mit ihrer seit 1925 bestehenden Buchhandlung aus den Ladenräumen ausziehen. boersenblatt.net sprach mit den Buchhändlerinnen über die Situation und mögliche Perspektiven.

Die Kündigung kam völlig überraschend, war ein Schock am Tag vor Heiligabend: Zum 30. Juni 2014 muss Heidrun Klinkmann mit ihrer katholischen Buchhandlung ihr Ladenlokal in Berlin-Mitte verlassen. „Die Zeit rennt uns davon, aber wir wissen einfach nicht, wohin“, schildert Klinkmann, die das 1925 von ihrem Vater Rudolf Ziegler gegründete Sonnenhaus Ziegler gemeinsam mit ihrer Tochter Bettina betreibt, die belastende Situation. Zwar stünden viele schöne Läden in ihrem Viertel leer, doch die geforderten Mieten seien für sie unbezahlbar.

Erst im Jahr 2000 hatten die Klinkmanns einen Standortwechsel gestemmt. Zwar nur wenige Hausnummern weiter, von der Oranienburger Straße 1, wo das Sonnenhaus 41 Jahre lang ansässig gewesen war, in die Heckmann-Höfe in der Oranienburger Straße 32, doch die Hinterhoflage hatte zu Einbußen bei der Stammkundschaft geführt. „Wenn wir jetzt in einen ganz anderen Stadtteil ziehen würden, wären unsere Kunden weg“, ist sich Heidrun Klinkmann sicher. Die 69-Jährige bangt um den Fortbestand ihrer traditionsreichen Buchhandlung, die als einziger privatgeführter christlicher Buchladen die DDR überlebt hatte. „Was der Sozialismus nicht geschafft hat, schafft der Kapitalismus“, fürchtet die Buchhändlerin, die das Geschäft 1985 von ihrem Vater übernommen hat. Eine Mitarbeiterin musste das Sonnentor bereits Anfang des Jahres verlassen, weil die Zukunftsaussichten mit der Kündigung der Ladenräume zu ungewiss wurden.

Die Gründe für den damaligen wie auch den jetzt anstehenden Umzug sind ähnlich gelagert: „Die Vermieter wollen andere, solventere Mieter haben. Etwas Bodenständiges ist hier nicht gewollt. Aus der Oranienburger Straße 1 mussten wir raus, weil der Eigentümer keinen christlichen Laden als „Aushängeschild“ haben wollte“, berichtet Bettina Klinkmann, die 1992 in das Familienunternehmen eingestiegen ist, nachdem sie bei Bouvier gelernt hatte. Doch ob diese Rechnung aufgeht? Die 41-Jährige bezweifelt das: „Die Ecke hier ist tot, die Mieten sind überzogen und der Kiez zieht sich in die Seitenstraßen zurück.“ In den Heckmann-Höfen stünden seit über einem Jahr Ladenräume leer, sukzessive erhielten immer mehr Mieter ihre Kündigungen, ohne dass neues Gewerbe einziehen würde. „Ein neues Vermarktungskonzept mit exklusiverer Nutzung“, so habe die Immobilienverwaltung die Kündigungen begründet. Fest steht für die beiden Buchhändlerinnen: „Wir wollen hier nicht das Licht ausmachen.“ Ausziehen würden sie inzwischen aber lieber heute als morgen.

Bleibt die große Frage nach dem Wohin. Ihr allgemeines Sortiment mit christlichem Schwerpunkt und Devotionalien präsentieren Klinkmanns zurzeit auf 70 Quadratmetern. Dabei werden die mehr als vier Meter bis zur Decke voll genutzt. Etwas größer und barrierefrei solle es in Zukunft möglichst sein. Vorschläge habe es bereits gegeben, darunter von einem Pfarrer, der Ladenräume in Kreuzberg angeboten habe. „Dort gibt es aber bereits vier Buchhandlungen in der Nähe, außerdem möchten wir unsere Klientel in Mitte behalten. Viele sind uns persönlich ans Herz gewachsen“, betont Heidrun Klinkmann, die ihren Laden auch als sozialen Treffpunkt versteht.

Die Buchhändlerinnen erleben zurzeit besonders viel Solidarität und Zustimmung – von den Weihbischöfen bis zu den Nachbarn, die sich sogar beim Vermieter für den Verbleib der Buchhandlung eingesetzt hatten. „Aber der Wind im Kiez ist schärfer geworden. Vielleicht ist die Kündigung ein Wink, um zu sagen: Wir gehen jetzt“, versucht Bettina Klinkmann nach vorne zu blicken. Darüber hinaus seien sie umtriebig und würden sich jetzt auch weiträumiger nach neuen Räumen umschauen. „Und bei so vielen Kunden, die sich angeboten haben, Kisten zu schleppen, müsste der Umzug dann auch ruckzuck über die Bühne gehen“, ist sich Heidrun Klinkmann sicher, die sich über weitere Hinweise auf mögliche Geschäftsräume freuen würde.

Kontakt: Buchhandlung Sonnenhaus, Tel. 030 – 280 985 23, Mail: Sonnenhaus@gmx.de