Buchhändler-Aktion

Die Masche mit der Kundenbindung

2. September 2013
Redaktion Börsenblatt
In Uttenreuth ist das Strickfieber ausgebrochen. Katharina Jungnitz von der Buchhandlung Witthuhn sorgt dafür, dass viele Kundinnen zur Nadel greifen - für ein fröhliches Gesamtkunstwerk. Es geht noch eine Nummer größer: Buchhändlerin Ursula Fuchs aus Bad Wilbad ließ ihre Kunden ebenfalls stricken – innerhalb eines Jahres wurde ein ganzes Haus in Wolle eingehüllt, um dessen Abriss zu verhindern. 

Eine bestrickende Aktion: Bunt und lustig sieht die Dekoration am Schaufenster aus, und sie ist ein echtes Gemeinschaftswerk. Rund 25 Kundinnen haben dazu beigetragen, dass die Buchhandlung Witthuhn im bayerischen Uttenreuth einen ganz besonderen Blickfang bieten kann: eine vielfarbige meterlange Schlange aus Wolle, an der viele Hände mitgewirkt haben. »Bei uns ist die Strickwut ausgebrochen«, erklärt Buchhändlerin Katharina Jungnitz, »und das Ergebnis hübscht nun unser Fenster auf.«

Das Handarbeitsfieber war bereits im vergangenen Winter bei Kundinnen und Kolleginnen ausgebrochen, der Umsatz in dem Segment zog spürbar an. Titel wie »Myboshi« mit Anleitung zum Mützenhäkeln waren nicht nur in Uttenreuth der Renner. Doch als Kollegin Sonja Stecker ein paar Knäuel Wolle mit in die Buchhandlung brachte, gab es kein Halten mehr: Es wurde gehäkelt und gestrickt, was das Zeug hielt. »Manche Kundinnen kamen einfach nur rein, um zehn Minuten zu handarbeiten, andere haben bei einer Tasse Kaffee noch ein, zwei Reihen gestrickt, nachdem sie ein Buch gekauft hatten«, erzählt Jungnitz. Auch auf einer Krimilesung klapperten fleißig die Nadeln. Binnen weniger Wochen fügten sich viele einzelne Maschen zu einem großen Strickkunstwerk zusammen, das zu Pfingsten vor der Fensterfront installiert werden konnte und seither eine unansehnliche Metallstange ummantelt. »Wir werden oft darauf angesprochen und sogar in unserer Lokalzeitung war ein Artikel«, freut sich die Buchhändlerin. Dass sich das Ganze bald noch zu einer echten Herausforderung entwickeln würde, hatte sie damals nicht vor­aussehen können.

Die vielen begeisterten Handarbeiterinnen wollten die Nadeln einfach nicht ruhen lassen und dank des Zeitungsartikels kamen weitere hinzu. »Die Sache hat sich irgendwie verselbstständigt«, so Jungnitz.

Nach dem Anfangserfolg nahmen die Damen jedenfalls den Laternenmast vor dem Ladengeschäft in Angriff. Wieder wurde in der Buchhandlung gehäkelt und gestrickt, so manches Textil bereits fix und fertig abgeliefert, sodass der Wollmantel für den Laternenmast bald fertig war. »Jetzt stehen wir vor der Frage, wie man das Gestrickte in zwölf Metern Höhe befestigen kann.« Kann man sich mit so einem Anliegen an die Feuerwehr wenden?

Eines ist jedenfalls sicher: Bis das Problem gelöst ist, wird viel in der und über die Buchhandlung Witthuhn gesprochen – und gerade das macht ja den großen Erfolg der Strickaktion aus.

Ursula Fuchs, die als »Einzelkämpferin« in Bad Wildbad einen Buchladen führt, startete im vergangenen Jahr ebenfalls eine Strickaktion der Superlative. Um den geplanten Abriss eines leerstehenden Hauses in Bad Wildbad zu verhindern, mobilisierte sie den gesamten Ort, um das Gebäude zu »bewollen«. Ein ganzes Jahr lang griffen die Wildbader zu den Nadeln – Zentrum der Initiative war dabei die Buchhandlung Fuchs.

Um den kunterbunten, stetig wachsenden Wollmantel um das Gebäude zu legen, kamen unter anderem Kräne zum Einsatz, furchtlose Männer seilten sich für die Detailarbeit ab. Neben zahlreichen Berichten in der lokalen und überregionalen Presse kamen sogar Busladungen voller Touristen, um das Kunstwerk zu bestaunen. Das bestrickte Buch hat sogar eine eigene Facebookseite mit mehr als hundert Fans gewonnen.

Als Dreh- und Angelpunkt der Strickaktion konnte sich die Buchhandlung nicht nur über viele Kundenbesuche und infolgedessen ein erfreuliches Umsatzplus von fünf Prozent freuen – noch mehr wiegt die Freude über den Erfolg. Das leerstehende Haus an der Bad Wildbader Hauptstraße hat durch die Strickaktion einen Käufer gefunden und wird nun renoviert.

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