Publishers Day der HDM

Der Endkunde zwischen Leser und Nutzer

6. Juli 2015
Redaktion Börsenblatt
„Wenn Medien konvergieren und Kunden divergieren – Herausforderungen für die Buchbranche“ war am 7. Juni das Thema beim Publishers Day der HDM in Stuttgart. 200 Medienschaffende, davon 130 Studenten und 70 Professionals, diskutierten Chancen und Herausforderungen des Wandels für die Buchbranche.
Der Ausgangspunkt war, dass Endkunden nicht mehr nur Leser sind, sondern Nutzer. Die Konsequenz – insbesondere für Fachverlage – ist, dass sie ihren Content medien- und plattformübergreifend aufbereiten müssen, um ihre Zielgruppe z.B. im Arbeitsleben bedarfsgerechter unterstützen zu können.

Keine Chance für Zwangsimigration

Aber auch, wenn Arbeit weniger denn je „nur“ im Büro stattfindet, wäre der Schluss falsch, nur noch digitale Medien für mobile Endgeräte zu produzieren, meint Thomas Lennartz, Leiter Forschung und Entwicklung beim NWB Verlag. „Kunden lassen sich nicht zwangsmigrieren,“ so seine These. Vielmehr werde durch eine haptische Leistung auch eine Zahlungsbereitschaft für digitale Produkte erzeugt. Für einen wirtschaftlichen Erfolg sei es darüber hinaus wichtig, die Medienproduktion effizient zu gestalten. Es empfehle sich die Fokussierung auf ein Produkt in der Produktfamilie, das als Leitmedium definiert wird, während die Portierung der Inhalte in andere Produkte dieser Familie mit überschaubarem Aufwand und Kompromissbereitschaft hinsichtlich Zeit und Qualität zu betreiben sei.

Während Fachverlage eine erweiterte Wertschöpfung durch Granularisierung des Contents angehen, zeigt sich insbesondere bei Belletristikverlagen eine gegenläufige Tendenz: Hier wird versucht Mehrwert durch das Zusammenführen unterschiedlicher Medientypen in einem neuen Medienprodukt zu generieren. Bastei Lübbe experimentiert mit Projekten wie „Apocalypsis“ und „Coffeeshop“ – Apps, in denen eine Geschichte mittels Texten, Animationen, Realfilm-Szenen, Audiosequenzen usw. „erzählt“ wird.

Von Selfpublishern lernen

Bisher mit mäßigem wirtschaftlichen Erfolg, dafür aber mit hohem Erkenntnisgewinn: Die Stärken der Verlage bei der Vermarktung von Büchern lassen sich nicht so einfach auf erweitere Medienprodukte übertragen, wie angenommen, meint Helmut Pesch, Programmleiter E-Pubslishing bei Bastei Lübbe. Bisher standen die Buchhändler im Fokus der Vertriebler und Marketingmitarbeiter – hier, im B2B-Bereich, seien sie bestens aufgestellt. Im B2C-Bereich hingegen müssten sich (Belletristik-)Verlage noch professionalisieren. Sichtbarkeit erzeugen, vor allem in den Social Media-Kanälen, sei sehr schwierig – mit fiktionalen Figuren überhaupt nicht erfolgsversprechend. Verlage könnten aber von Selfpublishern lernen, die ihre eigene Community nachhaltig aufgebaut haben, so sein Fazit.

Zwischen Weiterbildung und Dienstleistern

Den Aspekt, dass Medienkonvergenz Prozesskonvergenz erfordere, griff Martin Schöllhorn (Vertriebsleiter der Druckerei C.H. Beck) auf und konkretisierte, dass Medienbrüche stets Zeit und Geld kosten. Die technischen Voraussetzungen für konvergente Prozesse sind vorhanden, Autoren und Lektoren seien jedoch häufig nur unzureichend in diese Prozesse eingebunden. Schöllhorn vertrat die Ansicht, es herrsche bei diesen Personengruppen oftmals die Angst, sich nicht mehr ausreichend um den Kern des Produktes – die Inhalte – kümmern zu können, wenn sie sich zu sehr um Korrelationseffekte kümmern müssen. Allgemeiner Konsens bestand darin, dass es für die Gestaltung effizienter Workflows einer kontinuierlichen Weiterbildung aller Mitarbeiter eines Verlages bedürfe.

Der Herausforderung, ein Technologieunternehmen zu werden, können Verlage aber nicht nur mit internem Kompetenzaufbau begegnen, sondern auch durch den Einkauf von Dienstleister oder Kooperationen mit anderen Medienunternehmen, z.B. Filmproduktionen. Hierdurch wird im besten Fall nicht nur deren Produktions-Know-how gewonnen, sondern auch How to-Wissen in Sachen  dramaturgischer Aspekte des Storytellings oder auch Kulturförderungen als Finanzierungsquelle um nur einige Beispiele zu nennen.

Der jährlich stattfindende Publishers Day fand dieses Jahr zum 3. Mal statt. Für einen reibungslosen Ablauf sorgten 17 Studenten des 3. und 4. Semesters des Studienganges Mediapublishing unter der Leitung von Prof. Dr. Okke Schlüter. Ziel der Veranstaltungsreihe ist es, mittels aktueller, branchenrelevanter Inhalte Kontakte zwischen Studenten und Professionals herzustellen.