Übersetzerstreit

Offener Brief an Random House

20. Juli 2015
Redaktion Börsenblatt
In einem offenen Brief an Random House fordern Kinder- und Jugendbuchübersetzer im VdÜ und des österreichischen Schwesterverbands angemessene Honorare für ihre Arbeit. Die Verlagsgruppe zeigt sich in einer Stellungnahme gesprächsbereit − um, so ihre Auffassung, "aufgetretene Missverständnisse rasch zu beheben".
Der offene Brief wurde von einer größeren Gruppe von Übersetzern des VdÜ und des österreichischen Schwesterverbandes, der IG Übersetzerinnen Übersetzer, verfasst. Darin fordern sie die Verlagsgruppe Random House auf, speziell im Bereich Kinder- und Jugendbuch für eine angemessene Vergütung zu sorgen.

Immer wieder müssten Übersetzerinnen von Kinder- und Jugendliteratur feststellen, beginnt der offene Brief, "dass die bei Vertragsverhandlungen mit Random House angebotenen Bedingungen deutlich schlechter sind als anderweitig ausgehandelte Honorare und Beteiligungs­sätze". Und weiter: "Wir möchten daher mit diesem offenen Brief unsere Unzufriedenheit mit der Honorarpraxis in den beiden Jugendbuchverlagen Ihrer Verlagsgruppe zum Ausdruck bringen."

In Bezug auf die Seitenhonorare fahren die Briefschreiber fort: "Die Seitenhonorare bei cbj und cbt übersteigen nur in seltenen Fällen 15 € pro Normseite oder liegen teilweise noch darunter, während andere Verlage bis zu 18 € oder in Einzelfällen auch darüber zahlen (eine Differenz von 20% oder mehr). Auch die Beteiligungssätze weichen bei Random House deutlich von den im BGH-Urteil festgelegten Vergütungsrichtlinien ab − zu Ungunsten der ÜbersetzerInnen: So bieten Sie 0,6% ab 8.000 Expl. für Hardcover statt 0,8% ab 5.000 Expl. (BGH) und 0,3% ab 8.000 Expl. für Taschenbücher statt 0,4% ab 5.000 Expl. (BGH), um nur zwei Beispiele zu nennen."

Weiter beschweren sich die Kinder- und Jugendbuchübersetzer, dass selbst solchen Kollegen, die seit vielen Jahren regelmäßig und gut mit Random House zusammenarbeiten, "jede Erhöhung von Honoraren oder Beteiligungssätzen verweigert wird" und man eher bereit sei, "eine langjährige Zusammenarbeit aufzukündigen, als einer geringfügigen Honorarerhöhung zuzustimmen".

"Unzureichende Honorare gehen jedoch zwangsläufig zulasten der Qualität", heißt es weiter. Schlecht bezahlte Übersetzer "sind gezwungen, unter größerem Zeitdruck zu arbeiten, um ihren Lebensunterhalt zu erwirtschaften". Die Leidtragenden wären nicht nur die Übersetzer sondern auch die Leser. "Gute Arbeit verdient eine leistungsgerechte Bezahlung", so die Übersetzer. Sie fordern Random House auf, "die vom BGH vorgegebenen Beteiligungssätze zu gewähren und angemessene Seitenhonorare zu bezahlen".

Den kompletten offenen Brief lesen Sie hier.

Der VdÜ-Vorsitzende Hinrich Schmidt-Henkel erklärt zu dem offenen Brief:

"Es ist an sich schon unverständlich, dass ÜbersetzerInnen von Kinder- und Jugendbuch durchgehend schlechter gestellt sind als andere. Ich finde es richtig, dass die KollegInnen, die viel für Random House tätig sind, die dort besonders negative Praxis so begründet und sachlich ansprechen.

Die 'Begründung', mit der Random House die Absenkung der Beteiligungen für ÜbersetzerInnen vornimmt − übrigens nicht nur im Kinder- und Jugendbuch −, ist uns durchaus bekannt: Eine Begrenzung der Rechteüberlassung auf 15 Jahre. Sie ist für Verlag wie ÜbersetzerInnen wirtschaftlich vollkommen irrelevant. Unter einem solchen Vorwand die Schlechterstellung der Übersetzenden zu betreiben, ist ein zynischer Missbrauch des Rechts der Stärkeren. Die 'Nummer eins der Bücherwelt' sollte in der Lage und willens sein, auf andere Weise Maßstäbe zu setzen."

 

Stellungnahme von Random House

Die Verlagsgruppe reagierte inzwischen mit einer Stellungnahme auf die Vorwürfe. Darin heißt es, dass eine angemessene Vergütung ihrer Autoren wie ihrer Übersetzer für Random House seit vielen Jahren ein Anliegen sei. Deshalb gehöre man etwa zu den Erstunterzeichnern der 2005 vereinbarten „Gemeinsamen Vergütungsregeln für Autoren belletristischer Werke in deutscher Sprache", so ein Unternehmenssprecher. Aus demselben Grund beachte Random House die BGH-Vorgaben zur angemessenen Vergütung der Übersetzer auch im Kinder- und Jugendbuchbereich, „obwohl der Maßstab des Bundesgerichtshofs für die angemessene Beteiligung der Übersetzerinnen und Übersetzer den Gemeinsamen Vergütungsregeln für Autoren belletristischer Werke entlehnt war". Einschränkend wird hinzugefügt: "Von deren Geltungsbereich ausgenommen aber sei ausdrücklich der Kinder- und Jugendbuchbereich, 'weil in diesen Bereichen andere Bedingungen gelten'."

Vor diesem Hintergrund sei man über die Vorwürfe des Verbands der Übersetzer (VdÜ) verwundert, erklärt der Unternehmenssprecher. "Wir haben keinen Grund zur Annahme, dass sich die bei uns geübten Standards von denen anderer Häuser signifikant unterscheiden." Und signalisiert Gesprächsbereitschaft der Verlagsgruppe: "Gerne würden wir statt öffentlicher Vorhaltungen und Erwiderungen die bisher geübte und bewährte Tradition der vertrauensvollen Gespräche mit dem VdÜ fortsetzen, um die offenbar aufgetretenen Missverständnisse rasch zu beheben."