Ich war damals 29. Nach diesem Telefonat dauerte es noch etwa eineinhalb Jahre, bis ich der inneren Chefin in mir folgte und meine Festanstellung als Redakteurin kündigte. In diesen eineinhalb Jahren habe ich alles für meine Selbstständigkeit vorbereitet: Meinen Webauftritt, Visitenkarten und Geschäftsbriefpapier gestalten lassen, mein XING-Profil überarbeitet und aktualisiert, Netzwerkveranstaltungen für junge Unternehmer/innen, Selbstständige und Verlagsmenschen besucht, bestehende Verlagskontakte zu Kollegen gepflegt und erste Aufträge akquiriert.
Diese Strategie hat funktioniert. Dieses Jahr, am 1. Juli 2012, habe ich eine Flasche Sekt geköpft – genau ein Jahr zuvor war mein erster Arbeitstag als Selbstständige. Ich hatte die Komfortzone verlassen, Neuland betreten und mir meinen großen Traum erfüllt: Ich saß an MEINEM Schreibtisch, in MEINEM Büro und arbeitete für MICH. Jetzt war ich meine eigene Chefin. Bis zum heutigen Tag habe ich meine Entscheidung keine einzige Sekunde bereut.
Denn ich hatte das Privileg, seither immer eher zu viele Aufträge zu haben als zu wenige. Vor allem Dank vieler wohlwollender ehemaliger Kollegen und Autoren, die meinen Weg mitverfolgt, unterstützt und mich tatkräftigt mit Aufträgen versorgt haben.
Wenn man sich einen so großen Lebenstraum erfüllt, entwickelt man nicht nur eine unglaubliche Kraft in sich selbst, sondern auch eine starke Anziehungskraft auf zukünftige Kunden. Mein Enthusiasmus und meine Motivation, durchzustarten, waren und sind weiterhin riesengroß – und diese inspirierende Ausstrahlung zieht andere Menschen an. Ich kooperiere auch leidenschaftlich gern mit anderen Freiberuflern, vermittle ihnen Aufträge weiter oder rufe gemeinsam ganz neue Projekte ins Leben.
Wer mit der Entscheidung zur Selbstständigkeit liebäugelt, dem empfehle ich, keine Schnellschüsse zu starten, sondern das gut vorzubereiten. Am besten ist es, sich im Vorfeld mit anderen auszutauschen, die bereits erfolgreich selbstständig sind. Aus ihren Erfahrung gewinnt man die wichtigsten Tipps.
Auch gibt es Möglichkeiten, mit einer finanziellen Sicherheit in die Selbstständigkeit zu gehen: Ich habe den Gründerzuschuss beantragt und auch das Gründercoaching-Angebot der KfW-Beraterbank in Anspruch genommen. Außerdem habe ich auf eigene Kosten einen privaten Coach gebucht, der mich unterstützt hat, mein Profil und wodurch ich mich von anderen unterscheide, zu schärfen.
Natürlich gibt ein Startkapital zu Beginn der Selbstständigkeit eine Sicherheit, es ist meiner Erfahrung nach aber nicht Voraussetzung. Wichtig ist vielmehr, bereits ausreichend berufliche Erfahrung gesammelt, Kontakte geknüpft und unternehmerisch denken gelernt zu haben.
Was mein Protfolio angeht, bin ich stets flexibel geblieben und habe einige neue Wege beschritten: Zu meinem Dienstleistungsangebot zählen inzwischen neben Projektmanagement, Redaktion und Ghostwriting zusätzlich Buchcoaching für angehende Autoren, Autorenvermittlung, Webtexten sowie Moderation. Außerdem veranstalte ich regelmäßig eigene Netzwerkevents und Impulsabende für Existenzgründer, Selbstständige und junge Unternehmer/innen – und solche, die es werden wollen oder die einfach neugierig sind.
Die Autorin von damals habe ich übrigens gerade als Buchcoach begleitet, mit ihrem ersten verlagsunabhängigen Buch. Von der Idee, über die Realisierung und Produktion, bis zur Vermarktung – eine vollständige Eigenproduktion.