Branchennachwuchs – das Thema hat zwei Seiten, mindestens. Auf der einen Seite stehen junge Menschen, die in die Buchbranche möchten, auf der anderen die Arbeitgeber, meistens Verlage, die Nachwuchskräfte benötigen. Und jede Seite vertritt einen Standpunkt, hat etwas zu sagen, zu bemängeln, zu kritisieren. Eine Kommunikationsschnittstelle für die Partner liefert die neue Karriereplattform „BuchKarriere - Dein Platz in der Buchbranche“. Allerdings kann es für alle Probleme nur Hilfestellungen geben, die Lösung und Umsetzung liegt beim Nachwuchs und bei den Arbeitgebern.
Nehmen wir etwa den steigenden Mangel an qualifizierten Nachwuchskräften. Das hängt mit dem demographischen Wandel zusammen, einerseits. Andererseits liegt es aber auch an der in den letzten Jahren aufrecht erhaltenen Schutzhaltung der Verlage, die eventuell sogar mit Arroganz gleichzusetzen ist. Einige Verlage haben bereits realisiert, dass sich der Spieß drehen lässt oder sogar schon gedreht hat: Man muss um fähige Arbeitskräfte werben und sich selbst ein positives Image verschaffen. Dazu gehören nicht nur eine gute Betreuung während des Arbeitsverhältnisses, sondern auch Vertrauen, nette Kollegen, ein angenehmes Arbeitsklima und eine angemessene Entlohnung.
Wenn ein fähiger, junger Mensch zwischen zwei Arbeitsangeboten entscheiden muss, wird er das Bessere nehmen. Eine unbezahlte Praktikantenstelle ohne jegliche Vergütung ist wenig attraktiv und die Rechtfertigung, dass ein sechsmonatiges Praktikum deswegen nicht vergütet wird, weil der Name des Arbeitgebers Bezahlung genug sei, ist so lächerlich, dass darauf gar nicht weiter eingegangen werden muss.
Engagement muss natürlich nicht nur vom Arbeitgeber kommen, auch der Nachwuchs sollte sich engagieren – manchmal wirkt der nämlich etwas lethargisch. Ab und an hat man das Gefühl, dass man die Newcomer zu ihrem Glück prügeln muss. Oder solange piksen, bis sie genervt aufschreien und endlich ihre Stimme benutzen. Diese Einstellung – bloß nicht auffallen, niemanden auf den Schlips treten, keinen Fehler machen – hat Vorteile. Aber den großen Nachteil, dass Arbeitgeber dann einfach nichts oder sehr wenig vom Nachwuchs mitbekommen. Dabei haben junge Leute doch Ideen im Kopf, Lust auf tolle Bücher, Interesse an neuen Medien und machen mit der Wahl der Ausbildung und des Studiums klar, dass sie in der Buchbranche arbeiten wollen.
Vielleicht liegt es daran, dass lange Zeit der Nachwuchs nicht ernst genommen und als günstige Arbeitskraft angesehen wurde. Oder es liegt daran, dass die Jungen lange Zeit kein Sprachrohr hatten und sich Institutionen wie Nachwuchsparlament, BuchKarriere, Verlage der Zukunft und Junge Verlagsmenschen erst in den letzten Jahren etabliert haben. Vielleicht aber schließen die Verlage zu schnell von einer schlechten Erfahrung auf die Gesamtheit: Wenn einer kein HTML kann, E-Books nicht mag oder Social Media nicht versteht, heißt das nicht, dass er nichts kann. Und noch weniger heißt das, dass der Nachwuchs per se nichts kann.
Was folgt daraus? Verlage, kümmert euch um eure Nachwuchskräfte, bezirzt, bewerbt, überzeugt sie und nehmt sie ernst. Und der Nachwuchs? Der muss lernen, seine Stimme sinnvoll einzusetzen und mehr Präsenz zu zeigen. Sonst endet das Lied damit, dass fähige Arbeitskräfte in andere Bereiche abwandern und nur noch die Lethargischen übrigbleiben, die ihre Arbeit gut machen - aber nicht mehr. Und „mehr“ braucht die Buchbranche, damit diese sich weiterentwickeln kann.