Autoren, die auf eigene Hand die vorhandenen Titel in einer Buchhandlung umstellen, sich lauthals über die unzureichende Präsentation ihrer Werke beschweren oder sich lieber doch von Freunden die monumentalen Bücherstapel schildern zu lassen, deren Vorhandensein sie sich nicht wagen zu überprüfen: Burkhard Spinnen, Autor und Vorsitzender der Bachmanntage-Jury und Buchhändler Michael Lemling hatten vieles miteinander zu besprechen: "Jahrhundertelang waren die schwierigen und vertrackten Schriftsteller die Partner der gleichermaßen schwierigen und vertrackten Buchhändler," zeigte sich Spinnen überzeugt und hatte dem Münchner Buchhändler Michael Lemling (Lehmkuhl) gleichwohl ein Geständnis zu machen. Der versierte Autor outete sich als einstiger Bücherdieb: "Das gehörte in den 70ern zur Lebensform, ich habe mich immer fürchterlich geängstigt und griff nur bei den Büchern in der Nähe des Ausgangs zu."
Bei Lehmkuhl wurde vor kurzem massiv umgebaut – die Zeit war natürlich auch fällig – wie Michal Lemling gestand, "aber inmitten der hektischen Branchendebatten war es ein besonders schönes Zeichen eine ordentliche Menge Geld in die Hand zu nehmen und ein Zeichen zu setzen." Die Münchner Stadtteilbuchhandlung Lehmkuhl läuft unverändert gut. Grund dafür sind treue Kunden und ein engagiertes Team, das das Sortiment zu einer Art kleines Literaturhaus macht: "Sie sehen einen glücklichen Buchhändler vor sich", resümiert Michael Lemling, Inhaber der florierenden Stadtteilbuchhandlung.
Lemling ist überzeugt davon, dass die Kunden nicht so sind, wie über sie so oft gesprochen und geschrieben werde. Seine Kunden legten Wert auf Beständigkeit – unmöglich, dass aus ihnen plötzlich samt und sonders E-Bookianer werden. Beim Umbau wurde sogar das hassgeliebte Grün der Wände nicht ohne Hintersinn beibehalten. "Die Kunden hängen sogar am durchgesessenen Sofa", ist der Buchhändler überzeugt, der sich und sein Sortiment nicht komplett neu erfinden musste.
Von der wichtigen Rolle, die ein Buchhändler in der Gemeinschaft spielt zeugte auch folgende Episode, die Burkhard Spinnen von sich gab: "Vor vielen Jahren kam ich nach Datteln für eine Lesung. Ich stand am Amfang meiner schriftstellerischen Laufband und der Dattelner Buchhändler ließ mich 50 Bände signieren." Spinnen sorgte sich, dass sich der Buchhändler mit der Entscheidung verhoben hätte und nach der Lesung auf seinen Büchern sitzen bleiben würde, "aber der Buchseelsorger meinte gelassen: 'Keine Angst, was in Datteln gelesen wird, bestimme ich.'"
"Es gibt diese Sehnsucht nach dem Laden", bekannte Spinnen, der weder dem E-Book noch dem Onlinehandel abgeneigt ist. In seinem Beitrag in "Die beste Buchhandlung der Welt" schrieb er über Buchhandlung Bolze (Mönchengladbach) als Ort seiner eigenen literarischen Sozialisation.
Auch für Buchhändler Leming gilt das Erfolgsrezept der Nähe: "Wir sind im Leben unseres Stadtteil fest verankert, dazu gehören auch die Kindergärten, Schulen und einige Kanzleien." 50 Autoren berichten im Buch auf aus ihrer Sicht, warum es auch in Zeiten des E-Books möglich, aber sinnlos ist, ein Leben ohne seine Lieblingsbuchhandlung zu führen.