"Das hatten wir schon länger nicht mehr bei einem Gastland-Auftritt: Überall sitzen hier die Leute und lesen, lesen, lesen", befand nicht nur Buchhändlerin Monika Steinkopf (Berger Bücherstube), die gerade mit Kollegin Helma Fischer (Steinmetz'sche Buchhandlung, Offenbach) durch die Wohnzimmer streift. Richtig, Wohnzimmer, denn überall stehen runde und eckige Tische, Sessel, Sofas, Stühle, alle nicht von Messebauern und nigelnagelneu, sondern angeschrammte mit Gebrauchsspuren, die sagen: Wir haben schon was erlebt. Da fühlt man keinerlei Distanz, es ist, als tauche man ein in isländische Stuben, ab und an spielt ein Trio dezent Musik im Hintergrund, es darf gegessen und getrunken werden und vor allem: gelesen.
Denn wo man auch hinguckt: Überall stöbern die Besucher neugierig in den Buchregalen, nehmen Novitäten und Backlisttitel heraus (da ist kein Buch sorgsam angekettet) und lesen an den Tischen, stupsen sich mit dem Ellbogen an: Hier, lies mal, ist das nicht schön beschrieben? Gesprochen wird natürlich auch, hier herrscht keine ehrfurchtvoll museale Stille wie bei manch anderen Gastland-Auftritten, die ihre Autoren, ihre Geistesgrößen, ihre Landschaften, ihre Politik zeigten; nein, hier wird über Literatur, über einzelne Bücher geredet. Ringsum animieren auf großen Leinwänden Videos, die Lesende aus Island zeigen: Kinder, Schüler, Studenten, Schriftsteller, unterschiedlichste Altersgruppen und Professionen, ein lesendes Land offenbar. Im Wechsel ist die jeweilige Stimme zu einer Person zu hören, auch hier dezent, und man fängt an, sich für die isländische Sprache zu interessieren. Eine gelungene Inszenierung, denn sie macht neugierig. Auf die Bücher und noch mehr: aufs Lesen.