Institut für Handelsforschung

Konjunkturumfrage Buchhandel

11. Oktober 2011
von Börsenblatt
Im Buchhandel läuft das Jahr nicht gerade rund. Von der Weihnachtssaison erwarten die Sortimenter deshalb nicht allzu viel – auch wenn sie ihr Angebot optimieren wollen. Das zeigt die Konjunkturumfrage des Börsenvereins zum ersten Halbjahr und den Aussichten für das zweite Halbjahr 2011.

An Minuszeichen vor der Umsatzentwicklung mag man sich nur schwerlich gewöhnen. Viele stationäre Buchhändler mussten es in den vergangenen Monaten dennoch tun. Entsprechend hat sich auch ihre Stimmung verändert – abzulesen an der aktuellen Konjunkturumfrage des Börsenvereins. Rund 430 Sortimenter haben sich an der Befragung beteiligt und unter anderem Angaben zu ihrer Umsatzentwicklung im ersten Halbjahr gemacht sowie Prognosen für die Monate Juni bis Dezember 2011 abgegeben. Die Ergebnisse bieten keinen Anlass zum Jubeln:Lediglich etwas mehr als ein Fünftel der Buchhändler hatten im ersten Halbjahr mehr Geld in den Kassen als im Vorjahreszeitraum. Eine starke Verbesserung bei den Einnahmen im Bargeschäft konstatierten nur fünf Prozent der Befragten (siehe Grafik). 30 Prozent der Buchhändler blicken auf etwa gleichbleibende Einnahmen zurück. Fast die Hälfte beklagt eine verschlechterte Kassenlage – acht Prozent sogar eine stark verschlechterte.


Unterschiede zwsichen Ost und West

Die Wiedervereinigung ist 21 Jahre her. Da mag man es kaum mehr hören, dass die Unterschiede zwischen West und Ost immer noch evident sind. In den alten Bundesländern hat ein Viertel der Sortimenter mehr Umsatz generiert, in den neuen Ländern waren es 18 Prozent. Bei den Umsatzrückgängen stellt sich die Situation genau andersherum dar: Knapp 50 Prozent der ostdeutschen Buchhandlungen konnten das Vorjahresniveau nicht halten, im Westen belief sich der Wert auf 44 Prozent. Auch der Blick auf die Größenklassen lässt starke Unterschiede erkennen:

  • Etwa 30 Prozent der Buchhandlungen mit Einnahmen zwischen 500.000 Euro und einer Million Euro blicken auf eine verbesserte Situation beim Barumsatz zurück. Dagegen wurde diese Aussage nur von circa 18 Prozent der Unternehmen mit einem Umsatz zwischen 250.000 und 500.000 Euro getroffen.
  • Den höchsten Anteil der Nennung "stark verbesserter Umsatz" gibt es mit 25 Prozent in der Größenklasse über fünf Millionen Euro.
  • Am meisten zu kämpfen hatten die Geschäfte mit Einnahmen zwischen einer und 2,5 Millionen Euro – 47 Prozent von ihnen konstatierten eine schlechtere geschäftliche Situation.

Rückläufige Kundenzahl: ein Grund für sinkende Umsätze

Erklärungsansätze für die sinkenden Einnahmen liefert die Konjunkturumfrage gleich mit. Einer davon: die rückläufige Kundenzahl. Mehr als 40 Prozent der Sortimenter hatten vergleichsweise weniger Kunden im Laden, bei einem Drittel blieb der Andrang in etwa gleich – und bei einem Viertel schauten weniger Bücherfreunde vorbei.

Und selbst die Kunden, die sich dann mit Büchern eingedeckt haben, zeigten sich sparsamer als zuvor. Der Umsatz pro Kunde hat sich nur bei gut einem Fünftel der Händler erhöht, bei 40 Prozent zeigte er sich unverändert – und bei 37 Prozent sank er sogar. Ein Blick auf das Ost-West-Gefälle: In den alten Bundesländern stellten 22 Prozent der Befragten eine Erhöhung des Pro-Kopf-Umsatzes fest, in den neuen Ländern nur 16 Prozent.

Sparsamkeit der Kunden führt zum Taschenbuch

Taschenbücher erfreuen sich, analog zur Sparsamkeit der Konsumenten, bei den Lesern besonderer Beliebtheit. In 34 Prozent der Buchhandlungen haben sie sich besser verkauft als im Vergleichszeitraum, bei rund der Hälfte hat sich am Taschenbuchverkauf nichts geändert. Und nur bei 14 Prozent der Sortimenter liefen die Softcover schlechter. Bei den Hardcovern ergibt sich genau das gegenteilige Bild: Sie waren bei 40 Prozent der Buchhändler weniger gefragt, nur rund ein Fünftel der Sortimenter meldete ein lebhafteres Geschäft mit gebundenen Büchern.

Non-Books als Umsatzbringer

Gut entwickelte sich die Belletristik, für die meisten Buchhändler die wichtigste Warengruppe. Ein Viertel der Sortimente gab hier steigende Umsätze zu Protokoll, etwa die Hälfte konnte die Einnahmen mit belletristischer Literatur auf gleichem Niveau halten (siehe Grafik). Als ausgesprochen erfolgreiche Einnahmequelle erwiesen sich die Non-Books. 30 Prozent der Sortimenter setzten damit mehr um. Keine Rolle spielen dagegen nach wie vor elektronische Medien. Zwei Drittel aller Buchhändler führen sie bislang nicht. Und von denjenigen, die sie im Sortiment haben, erzielten lediglich drei Prozent einen Mehrumsatz.
Um ihre Geschäfte in den kommenden Monaten anzukurbeln, planen die Sortimenter verschiedene Maßnahmen:

  • Mehr als ein Drittel will die Sortimentsstruktur verändern und die Zusammensetzung ihres Angebots modifizieren.
  • Ebenfalls hoch im Kurs steht die Neugestaltung des Verkaufsraums (27 Prozent).
  • Gut ein Fünftel will nun auch Non-Books ins Programm heben.
  • 13 Prozent planen, E-Books neu ins Sortiment aufzunehmen.


Zwischen Beharren und Neupositionierung

Trotz vieler guter Vorsätze: Nicht alle Buchhändler erkennen die Notwendigkeit zur Neupositionierung. Ein Viertel steht auf dem Standpunkt, dass alles gut ist, so wie es ist, und möchte deshalb nichts ändern. Wo es nicht so rund läuft, sehen die Unternehmer die Ladenschließung als letzten Ausweg – 2,5 Prozent der Befragten ziehen diese Option in Erwägung.

Wer seine Situation verbessern möchte, kann verschiedene Stellschrauben justieren. Einen hohen Optimierungsbedarf sehen die Sortimenter beispielsweise beim Lagerbestand, der von vielen als zu hoch empfunden wird. Zwei Drittel der Händler möchten die Lagerhaltung zurückfahren. Eng damit verbunden ist der Vorsatz, das Einkaufsvolumen zu reduzieren. 60 Prozent wollen den Hebel an diesem Punkt ansetzen. Nur sechs Prozent planen, mehr einzukaufen.

Um den Einkauf rationeller zu gestalten, wollen fast 30 Prozent der Sortimenter mehr bei den Barsortimenten ordern. Damit einher geht das Vorhaben, die Anzahl der liefernden Verlage zu reduzieren. 45 Prozent wollen künftig mit weniger Lieferanten arbeiten, bei der Hälfte der Sortimenter soll sich an der Zahl der Zulieferer nichts ändern.

Internethandel als Option

Ein Handlungsfeld hat mehr als jeder zweite Buchhändler erkannt: die Erweiterung des Internet-Auftritts. 54 Prozent der Befragten haben sich fest vorgenommen, ihre Multichannel-Strategie zu forcieren. Damit die Buchhandlung bei den Kunden nicht in Vergessenheit gerät, wollen die Sortimenter fleißig die Werbetrommel rühren. Gut ein Viertel hat vor, Werbemaßnahmen auszudehnen, 57 Prozent möchten am Status quo nichts ändern. Den größten Kostenblock, die Personalkosten, will etwa ein Viertel der Buchhändler einschmelzen – sie haben vor, Personal abzubauen. Bei gut 70 Prozent soll die Teamstärke beibehalten werden.

  • Die Erwartungen der Sortimenter an das zweite Halbjahr sind vor dem Hintergrund der vergangenen Monate nicht allzu hoch.
  • Nur gut ein Viertel der Buchhändler rechnet damit, dass die Einnahmen nach oben gehen (siehe Grafik).
  • Von einer sehr guten Umsatzentwicklung gehen vier Prozent aus.
  • Mehr als die Hälfte schätzt den Verlauf eher mittelmäßig ein.
  • Und knapp ein Fünftel geht davon aus, dass die Umsatzentwicklung negativ sein wird.

Bei der Einschätzung der Umsatzchancen gibt es starke Abweichungen zwischen den Größenklassen. Am optimistischsten zeigen sich die Buchhandlungen mit einem Jahresumsatz von mehr als fünf Millionen Euro: Hier rechnet die Hälfte mit einer sehr guten oder guten Umsatzentwicklung. Annähernd so positiv gestimmt sind sonst nur noch die Sortimente mit Einnahmen zwischen 500.000 und einer Million Euro: 43,5 Prozent gehen von steigenden Einnahmen aus. Sorgenvoll äußern sich die untersten Größenklassen – bei ihnen glaubt nur ein Viertel an die Verbesserung der Umsatzsituation. Wer am Jahresende recht behält, hängt jetzt vor allem vom Verlauf des Weihnachts-geschäfts ab. Verloren ist bislang noch nichts.

Christina Schulte