Wie würden Sie den Charakter der illustrierten Kochbücher beschreiben – ihren USP gewissermaßen?
Filthaut: Die Bücher unserer Reihe „KochKunst Gerstenberg" sind eine Kombination aus Geschichten über Kultur und Lebensgefühl anderer Länder, erprobten Rezepten und künstlerischen Illustrationen, das heißt Kochbücher mit Zusatznutzen. Kochlust ist immer auch Les- und Lebensart! Die Reihe ist ein Lifestyle-Angebot für ein intelligentes und weltoffenes Publikum!
War es für Gerstenberg nicht ein ziemliches Wagnis, mit illustrierten Kochbüchern auf den Markt zu gehen? Immerhin scheint es gerade beim Kochen ein No-Go, ohne Fotos auskommen zu müssen?
Filthaut: Ungewöhnlich ja, aber für Gerstenberg als Autoren- und Illustratorenverlag eben auch die besondere Stärke und Kernkompetenz unseres Hauses. Bei uns erwarten Buchhändler und Leser immer wieder Überraschungen jenseits des Mainstreams mit ästhetischer und inhaltlicher Qualität. Genau das haben sie bekommen und das goutieren sie.
Sie hätten auch einen weniger aufwändigen Weg einschlagen und Lizenzen einkaufen können...
Filthaut: Unsere Strategie ist es, mit eigenen Buch- und Reihenkonzepten dem Kochbuch- ebenso wie dem gesamten Verlagsprogramm ein unverwechselbares Gesicht zu geben. Originalausgaben in allen Programmbereichen schärfen das Profil des Hauses, eröffnen Lizenzverkäufe, machen das Programm weniger abhängig vom Lizenzangebot auf dem internationalen Markt und verstärken letztlich die Kundenbindung im Handel. Ein aufwendigerer und ökonomisch risikoreicherer Weg als der schnelle Zugriff auf dem internationalen Markt, aber eben auch nachhaltiger.
Es scheint so etwas wie eine Emotionalisierung des Kochbuchmarktes zu geben. Vieles ist sehr heimelig, höchst persönlich und scheint direkt unseren Gefühlshaushalt anzusprechen – spiegeln sich in der Nachfrage nach solchen Büchern Bedürfnisse wieder, die in der heimischen Küche nicht mehr befriedigt werden (kaum noch gemeinsame Tischrunden, viele Snacks etc.)?
Filthaut: Die Emotionalisierung speist sich aus der Sehnsucht nach Authenzität, Einfachheit, Tradition und Werthaltigkeit. Alles Zutaten, die sich in unseren Kochbüchern wiederentdecken lassen und die „heimische" Küche bereichern können.
Was denken Sie, wo sind die illustrierten Kochbücher eher zu finden: Im Kochbuchregal in der Küche, auf dem Coffee-Table im Wohnzimmer oder gar auf dem Nachttisch?
Filthaut: Unsere Kochbücher haben an jedem Ort ihre Berechtigung: die besondere Optik macht sich gut im Wohnzimmer, der abwischbare Flexcovereinband ist für den Gebrauch in der Küche geeignet, und die Geschichten sind eine unterhaltsame Bettlektüre. Das Preis- Leistungsverhältnis entspricht den Bedürfnissen des Marktes für ein „Koch-Geschenkbuch" im mittleren Preissegment und bewusst nicht auf dem Niveau hochpreisiger Coffeetable-Bücher.
Wie wird sich der Kochbuchmarkt in den nächsten Jahren weiter entwickeln? Wie ist Ihre Prognose? Und welche Trends empfinden Sie derzeit als besonders bemerkenswert?
Filthaut: Austauschbare Konfektionsware im Kochbuch wird sich wohl zunehmend der Konkurrenz durch vielfältige Web-Angebote stellen müssen. Wir setzen deshalb auf Buchliebhaber, die bei Kochbüchern nach einem ästhetischen und inhaltlichen Mehrwert suchen.
Welches Buch nutzen Sie selbst daheim für sich, für den Küchen-Alltag?
Filthaut: Selbstverständlich finden sich alle Gerstenberg-Kochbücher in meinem Küchenregal und werden getestet und genutzt – neben den Grundkochbüchern wie „Der Silberlöffel" und „Bairisches Kochbuch". Aktuell probiere ich vieles aus „Afiyet olsun! Die wunderbaren Rezepte meiner türkischen Familie", um die Urlaubszeit kulinarisch zu verlängern.
Mehr über den Kochbuchmarkt in der aktuellen Printausgabe des Börsenblatts - im Extra Essen, Trinken, Genießen.
