Zukunftskonferenz

"Viele Thesen haben sich erhärtet"

9. September 2011
von Börsenblatt
Was bleibt von den 55 Thesen übrig, nach der zweitägigen Zukunftskonferenz in Seckbach? Ziemlich viel, sagt Matthias Heinrich, Mitautor der Thesen.

Sie haben sich mit Heinrich Riethmüller und Matthias Ulmer zusammengesetzt und die 55 Thesen erarbeitet. Gestern und heute wurden Ihre Annahmen in verschiedenen Diskussionsgruppen zerpflückt. Wie geht es Ihnen dabei?
Ich finde das Wort "zerpflückt" falsch. Wenn überhaupt, dann werden hier zu den Thesen Antithesen formuliert. Und aus These und Antithese ergibt sich eine Synthese. Ich habe den Eindruck, dass vieles von dem, was wir zu dritt aus dem Bauch heraus entwickelt und zusammengefasst haben, so falsch gar nicht war. Viele Thesen haben sich durch die Konferenz eher noch erhärtet.

Was erwarten Sie sich von der Zukunftskonferenz?
Ich habe das Gefühl, dass von vielen Teilnehmern, auch von den Buchhändlern, ein sehr realistisches Bild der Zukunft gezeichnet wird. Wenn die Konferenz also dazu beiträgt, dass sich die Mitglieder intensiver mit Ihrer Zukunft auseinandersetzen, dann haben wir sehr viel erreicht. Hier auf der Konferenz sehe ich einen optimistischen Ausblick. Man will seine Zukunft gestalten und lässt sich nicht von ihr erschlagen.

Besonders die Buchhändler waren im Vorfeld skeptisch im Hinblick auf die 55 Thesen...
Von vielen Buchhändlern bekamen wir zu hören, dass die 55 Thesen eher destruktiv sind und wir schwarzsehen. Ich denke, dass der Umgang mit dem konkreten Zahlenmaterial auf der Konferenz gezeigt hat, dass unser Ansatz pragmatisch war und keine Schwarzmalerei.

Wie würden Sie die Atmosphäre auf der Konferenz beschreiben?
Sehr arbeitsintensiv, sehr diskussionsfreudig, sehr offen. Ich finde, dass die Teilnehmer äußerst strukturiert gearbeitet haben. Diese Strukturierung lag aber auch daran, dass Frau Werner und ihr Team die Konferenz professionell vorbereitet haben und ihre Motivation auf die Teilnehmer übertragen haben.

Wie können die Ergebnisse im Börsenverein verarbeitet werden?
Der Verband sollte die Ergebnisse erst mal genau analysieren. Ich als Vorstandsmitglied werde mich dafür einsetzen, dass die Anforderungen und Empfehlungen, die seitens der Mitglieder an den Verband herangetragen werden, weitergedacht und umgesetzt werden. Der Verband muss aber auch immer aufpassen, nicht selbst in den Markt einzugreifen.

Welches Signal kann nach draußen, außerhalb der Branche, kommuniziert werden?
Ich würde sicher nicht nach außen tragen, dass wir weniger Bücher verkaufen werden, sondern vielmehr den Wandel der Buchbranche kommunizieren. Wir stellen uns auf das veränderte Medienverhalten ein. Die Branche tut dies im Schulterschluss aus Verlegern, Buchhändlern und Zwischenbuchhändlern. Es wird Veränderungen geben, es wird Verwerfungen, Verlierer und Gewinner geben. Aber insgesamt gibt es für unsere Branche keine besorgniserregenden Tendenzen. Wir müssen nur uns jetzt darauf einstellen, dass wir mit den Arbeitsmitteln und Methoden von gestern nicht die Zukunft gestalten können.
 
Sie selbst haben gestern an der Gruppe "Praxisinformationen" und heute an der Gruppe "Zwischenbuchhandel/Dienstleister" teilgenommen. Gab es Aha-Erlebnisse?
Ehrlich gesagt: Nein.
 
Im Jahr 2025 sind Sie 61 Jahre alt. Wie sieht dann Ihr persönlicher Medienmix aus?

Mein Augenlicht hält hoffentlich an. Mein Mediennutzungverhalten wird sich wahrscheinlich nicht dramatisch verändern. Es sei denn, die Medien zwingen es mir auf, weil es beispielsweise gar kein Fernsehen mehr geben wird und ich mich auf ein anderes Medium einstellen müsste. Ich glaube zudem, dass der Medienkonsum meines Sohnes, der heute 15 ist, auch mein Medienverhalten beeinflussen wird. Bisher liest er noch viel und gerne. Schaun wir mal...

Matthias Heinrich ist seit 2006 Vorsitzender des Ausschusses für den Zwischenbuchhandel im Börsenverein des Deutschen Buchhandels. Nach dem Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Fachhochschule Nürnberg arbeitete er von 1990 bis 1995 für die Klett Gruppe als Assistent der Geschäftleitung und danach in leitenden Vertriebsfunktionenn Von 1995 bis 1997 war er als Vertriebs- und Marketingleiter im Frechverlag tätig. 1998 wurde er bei Brockhaus/Commission zunächst Prokurist, seit 1999 ist er dort Geschäftsführer.