Zukunftskonferenz

"Zu einem guten Teil gestaltet die Branche ihre Zukunft selbst"

9. September 2011
von Börsenblatt
Viele kluge Köpfe versuchen auf dem mediacampus in Frankfurt ein realistisches Bild der Zukunft zu entwerfen. Nach dem gestrigen Nachmittag gibt es erste neue Erkenntnisse. Was die Teilnehmer durch den offenen Austausch gewonnen haben, berichten sie in der Börsenblatt-Umfrage:

Nicolai Eckerlein, Carlsen (Herstellung / Entwicklung)
Gruppe Kinder- und Jugendbuch

"Nur wenig mehr als 1 Million Euro – wie klein der Kinomarkt in Deutschland ist, das war für mich die überraschendste Erkenntnis. Ansonsten fand ich es spannend zu erleben, wie groß die Unterschiede in der Wahrnehmung bei den Teilnehmern waren: eher optimistisch oder eben eher ängstlich. Die Erkenntnisse, die ich heute gewonnen habe, sind weniger der "Matrix-Methode" als der Dynamik und Offenheit der Gruppe geschuldet." 

Christine Kranz, Stiftung Lesen (Kinderbuchempfehlungen, Fortbildung)
Gruppe Kinder- und Jugendbuch

"Mich hat überrascht, mit wie viel Bauchgefühl wir uns alle an die Definition der Zukunft gewagt haben. Ich hatte erwartet, dass wir uns enger an den 55 Thesen der Buchtage orientieren - zur Vorbereitung habe ich sie alle vorher noch gelesen. Sehr angenehm war die Offenheit und auch die Bereitschaft der Teilnehmer, ihre eigene Haltung in Frage zu stellen."

Christian Langer, Mohr Morawa Buchvertrieb GmbH

"Für mich war heute das überraschendste Ergebnis, wie schnell sich die Gruppe einig über den starken Zuwachs im Bereich Paid Content – sogar zu Ungunsten des Internets – war."

Kai Hudetz, Geschäftsführer des Instituts für Handelsforschung in Köln
Gruppe Recht, Wirtschaft, Sozialwissenschaften

"Das Überraschendste am heutigen Tag fand ich die Einigkeit darüber, wie enorm die Verwerfungen auf dem Buchmarkt sein werden. Es wird nicht mehr darüber gesprochen, ob der Wandel stattfindet, sondern nur noch über dessen Ausprägung."

Marion Winkenbach, Geschäftsführerin des Bibliographischen Instituts in Mannheim:
Gruppe Sachinformation

"Die wichtigste Einsicht dieser Arbeitsgruppe ist, dass ein so hoher Anteil des Geschäfts mit Sachinformation ins Internet wandern wird, und dass der größte Teil davon kostenlos sein wird."

 

Dagmar Gruß, Ulmer Verlag:
Gruppe Praxisinformationen

"Der Buchhandel wird stark an Bedeutung verlieren, wenn es um den Verkauf von Ratgebern geht. Wir prognostizierten in der Gruppe "Praxisinformationen" einen Umsatzrückgang von 30 Prozent in 15 Jahren für das Sortiment. Das stimmt mich sehr traurig. Ich hoffe, dass wir auf der Zukunftskonferenz Tools aufzeigen können, dass es nicht soweit kommen wird."

Alexander Bob, Cornelsen Bildungsholding:

"Überrascht hat mich bislang eigentlich nichts. Ich bin hierher gekommen, um die Tendenz in den Köpfen kennenzulernen – denn ich bin überzeugt: Die Branche treiben nicht nur äußere Kräfte, zu einem guten Teil gestaltet sie ihre Zukunft auch selbst, durch das eigene Denken. Mal ein Beispiel: Wenn alle der Ansicht sind, dass der Internetbuchhandel weiterhin kräftig wächst, könnte es durchaus sein, dass es tatsächlich soweit kommt – im Sinne einer selbsterfüllenden Prophezeiung."

Miriam Hofheinz, Bookwire:
Gruppe schulisches Lernen

"Dass ich oft durch eine digitale Brille schaue – und dadurch manches übersehe. Ich bin in der festen Überzeugung hiergekommen, dass es im Jahr 2025  keine Bücher mehr in den Schulen geben wird. Jetzt weiß ich: Die Realität ist komplexer, und sie gestaltet sich auch nicht in erster Linie vom Markt her. Politik und Kultusministerien entscheiden, was wie an den Schulen passiert. Und da mahlen die Mühlen offensichtlich deutlich langsamer als ich dachte."