Zukunftskonferenz

"Die dummen Anwälte werden schlauer"

8. September 2011
von Börsenblatt
Der Umsatz mit Fachinformationen im Segment Recht, Wirtschaft, Steuern wird bis zum Jahr 2025 um rund acht Prozent zurückgehen - und das trotz steigenden Informationsbedarfs. Zu diesem Ergebnis kam die Arbeitsgruppe Recht, Wirtschaft, Steuern bei der Zukunftskonferenz des Börsenvereins.

Eine interessante Teilnehmermischung gab dieser Arbeitsgruppe einen besonderen Anstrich: C.H. Beck-Verleger Hans Dieter Beck und der ehemalige Geschäftsführende Gesellschafter des Verlags Otto Schmidt, Karl-Peter Winters, waren darin ebenso vertreten wie Mitarbeiter von Fachverlagen à la Wiley-VCH, Schulthess Juristische Medien, Unternehmensberater oder Kai Hudetz, Geschäftsführer des Instituts für Handelsforschung in Köln.

Und interessant, weil sehr differenziert, waren auch die Einschätzungen über die Zukunftschancen der Fachinformationen. Hans Dieter Beck („Sie wissen ja, dass ich kein Euphorist bin“) geht davon aus, dass der Markt zurückgehen werde. Der Trend ginge weg vom gedruckten Buch hin zu den Online-Medien. „Online wird bei den Fachinformationen zum Normalmedium, das Buch kommt in Schwierigkeiten“, meint Beck. Die Abstände zwischen den Auflagen würden sinken, ebenso die Auflagenzahl selbst. Dies würde zu steigenden Preisen führen, was wiederum das günstigere Online-Angebot beflügeln könnte.  Als gegenläufigen Prozess sieht Beck die steigende Informationsflut etwa durch das Europarecht, wodurch auch mehr Fachinformationen nötig würden. „Ob dies allerdings die andere Entwicklung aufwiegen kann, ist fraglich.“

Michael Vogelbacher, Leiter Informationsdienste bei der MVB, vertrat eine andere Meinung: „Meiner Ansicht nach bleibt der Umsatz gleich oder steigt sogar“. Seine Begründung: Die Zielgruppe würde wachsen, „da mehr Menschen Informationen brauchen“. Allerdings hat auch er das Gegenargument parat: „Die Nutzer wollen die Fachinformationen fokussiert erwerben, etwa nicht mehr den gesamten Palandt, sondern nur noch die benötigten Paragrafen.“ Das wiederum würde dazu führen, dass ich der Markt reduziert.

Optimistisch zeigte sich auch Karl-Peter Winters. Er zog einen Vergleich mit der Entwicklung in der Softwareindustrie. „Software ist nicht mehr so teuer, dafür ist sie immer tiefer in die Unternehmen hinein getragen worden.“ Ähnliches könnte auch bei den Fachinformationen passieren. „Die Durchdringung wird steigen, vor allem auch mit Produktlösungskonzepten. Der dumme Anwalt wird schlauer, wir verkaufen ihm nicht mehr nur reine Informationen, sondern auch Vorschläge, wie er seinen Fall bearbeiten kann.“ Winters warf auch eine Zahl in den Raum: „Ich rechne mit einem Wachstum von 20 bis 25 Prozent.“ Nicht zuletzt auch deswegen, „weil die Preise letztlich steigen werden“. Es werde schlussendlich nur wenige Anbieter geben, die die umfassenden, von den Kunden geforderten Serviceleistungen bieten könnten. „Und im Oligopol steigen erfahrungsgemäß die Preise.“

Kai Hudetz, Geschäftsführer des Instituts für Handelsforschung, warf ein, dass es vor allem darauf ankomme, „Preismodelle für online zu finden.“ Bislang stünde das „Kostenlos-Modell Internet“ sehr im Vordergrund. Er geht davon aus, dass sich die Umsätze für Fachinformationen reduzieren würden. Die Reduktion werde mehr oder weniger stark ausfallen, je nachdem, wie viele Inhalte künftig kostenlos ins Netz abwanderten.

Weil es aber bei der Zukunftskonferenz darum geht, detaillierte Prognosen zu treffen, kam die Arbeitsgruppe zu folgendem Ergebnis: 550 Millionen Euro (Ausgangsbasis 2010: 600 Millionen Euro) werde der Umsatz mit Informationen zu Recht, Wirtschaft und Steuern im Jahr 2025 betragen. Ein Rückgang von rund acht Prozent also.

Bei der Verteilung des Umsatzes erarbeiteten die Diskutanten folgende Werte: 

Buch: 15 Prozent

Zeitschriften: 5 Prozent

Internet: 30 Prozent

Paid Content: 50 Prozent

 

Als zusätzliche, wichtiger werdende Einnahmequelle wurden Veranstaltungen genannt, deren Umsätze von den anderen Positionen abgehen würden.

Bei der Verteilung des Buchumsatzes (82,5 Millionen Euro = 15 Prozent von 550 Millionen Euro) ergab sich in Bezug auf die unterschiedlichen Vertriebswege folgendes Bild:

Buchhandel: 15 Prozent

Versandbuchhandel inkl. Direktvertrieb der Verlage: 70 Prozent

Nebenmärkte: Null Prozent

Institutionelle Aggregatoren: 15 Prozent

Am morgigen Konferenztag werden diese Ergebnisse in weitere Arbeitsgruppen getragen. Dort wird dann untersucht, welche Konsequenzen diese Entwicklungen für die einzelnen Marktakteure mit sich bringen.