Island ist ein Paradies

Die Leute, denen man in Island begegnet, sind entweder Schriftsteller oder Figuren in einem Buch. So ist alles Literatur. Es ist ein Schriftsteller-Paradies. Wenn man in der Bar sitzt, dann ist es nicht ungewöhnlich, dass jemand vorbeikommt und von seinem Onkel erzählen will, der so verrückt ist, dass er unbedingt als Figur ins nächste Buch muss. So wird man als Autor zum Drink eingeladen, nur damit man zuhört.

Das Erzählen gehört zu uns. Wir haben keine alten Tempel, Kirchen, Schlösser – wir haben die Tradition der Sagas, diese uns überlieferten Geschichten. Vor der Krise waren Banker und Businessleute die Stars. Heute weiß man wieder, dass Literatur wertvoller ist. Aber es war eine harte Lektion.

Island war in seiner Geschichte immer ein Opfer. In der Krise waren wir zum ersten Mal Täter. Es gab viele Leute, die spekuliert, über ihre Möglichkeiten gelebt hatten. Am Ende blieb ein riesiges Gefühl von Scham. Die Frankfurter Buchmesse ist deshalb eine große Chance: Wir haben anderen Leuten Geld gestohlen, in Frankfurt können wir etwas geben: Bücher und Musik –  das Beste, was wird haben.

Die Buchmesse ist ein überwältigendes Erlebnis. Ich war 2006 zum ersten Mal da. Man kommt dahin und denkt, da sind vielleicht noch 100 andere Autoren und dann nimmt man wahr, dass es 100.000 sind. Man fühlt sich sehr klein und  wird schnell ein bisschen depressiv. Ich denke, ich bin jetzt darauf vorbereitet. Und es ist gut, zu erleben, dass Literatur so vital ist, dass daraus ein großes Business werden kann. Ich mag das. Es gibt die Filmindustrie, die Autoindustrie und eben auch die Buchindustrie. Das heißt, es ist nicht irgendwas Absonderliches, für ein paar Vereinzelte, es ist eine Industrie für die Massen.

Am 23. September erscheint der neue Roman von Hallgrimur Helgason: „Eine Frau bei 1000°“ (Tropen bei Klett-Cotta)