Die Sonntagsfrage

Wie macht sich die Edition Braus unterm Aufbau-Dach, Herr Stamm?

7. August 2011
von Börsenblatt
Was tut sich im Berliner Aufbau Haus – jenseits der gescheiterten Eichborn-Pläne? Jochen Stamm, vorher 20 Jahre bei Prestel, ist seit März Verlagsleiter der Edition Braus. Wie soll die Edition, die im Herbst 2010 zu 100 Prozent von Aufbau-Verleger Matthias Koch übernommen wurde, künftig Profil zeigen? Und hat der Bildband-Spezialist Exotenstatus im Reich der Belletristik?

"Als Exot würde ich die Edition Braus in diesem Zusammenhang nicht bezeichnen. Wir sind eine eigenständige GmbH, verantworten Programmplanung und Herstellung selbst – nutzen aber den Vertrieb der Aufbau-Gruppe. Und durch die Aufbau-Vertreter einen Türöffner zum Buchhandel zu haben: Das ist nicht exotisch, sondern ausgesprochen luxuriös.

Wir planen 15 bis 20 Neuerscheinungen pro Jahr, wollen uns thematisch dabei aber nicht einschränken, sondern offen sein für vieles. Ein programmatischer Bezug zu Berlin bietet sich natürlich an. Die Stadt gibt schließlich genug her, um schöne Bücher zu machen.

Eines davon erscheint im Herbst mit dem Band „1055 Berlin. Der Prenzlauer Berg 1980 bis 1990". Zu den Fotos von Jürgen Hohmuth, die den Prenzlauer Berg von damals jenseits der Klischees zeigen, hat Buchpreisträgerin Kathrin Schmidt einen Essay geschrieben. Von solchen Verbindungen aus Fotografie und Literatur würde ich mir für die Edition Braus noch mehr wünschen. Sie findet sich auch in dem Kunstband „Männerbilder". Zur Malerei von Robert Rore haben Arnold Stadler und Boris von Brauchitsch Texte geschrieben. Aber wie gesagt: Bei uns hat vieles Platz. Beispielsweise auch ein Buch über das globale Phänomen Couchsurfing oder ein Katalog über drei Künstler, die hier in unserer Galerie im Aufbau Haus ausstellen.

Die Galerie Kai Dikhas, betrieben von Aufbau, konzentriert sich ausschließlich auf die Kunst der Sinti und Roma – nicht auf Volkskunst, sondern auf moderne, zeitgenössische Kunst. Das ist ein hochspannendes Projekt unter der Leitung von Moritz Pankok, dem Großneffen von Otto Pankok.

Ohnehin ist das Aufbau Haus am Kreuzberger Moritzplatz ein Ort für Kreative. Fotografen, Architekten, Designer, die Firma Modulor, die Modellbau-Material für Architekten anbietet, eine Schneideratelier – und oben auf dem Dach ein Kindergarten, den nicht nur die Mieter, sondern auch viele türkische Familien ringsum nutzen: Dieser Mix, dieses Klima kann der Edition Braus nur gut tun. Ich arbeite hier auch nicht im stillen Kämmerlein vor mich hin, sondern Matthias Koch und seine Frau Ingrid begleiten die Edition mit großem Engagement, lassen ihre eigenen Vorstellungen und Ideen einfließen.

Bildbände wie unsere in den Buchhandel zu bringen, ist zwar nicht gerade leicht. Aber wir hoffen, das Sortiment mit originellen Themen, Qualität und einem guten Preisleistungsverhältnis zu überzeugen. Auch wenn es bei einer aufwendigen Herstellung immer schwieriger wird, die Preise nicht aus dem Ruder laufen zu lassen. Kooperationen mit Museen und Institutionen suchen wir da, wo sie sinnvoll sind. 2012 wird sich das Programmprofil schon etwas deutlicher zeigen. Auch an einem neuen Corporate Design und einer neuen Website arbeiten wir."