Schon verrückt, das Aktienrecht. Im Fall des Frankfurter Eichborn Verlags sorgt es für allerlei Kapriolen – und setzt die normative Kraft des Faktischen kurzerhand außer Kraft: Denn bei Eichborn hat der Eigentümer keineswegs das Sagen. Ein Hauptaktionär, der keine Mittel findet, seine Vorstellungen im Verlag durchzusetzen, Hauptversammlungen, in denen rund ein Zehntel der Anteilseigner über die Geschicke des Unternehmens entscheidet – das gibt es in der Buchbranche normalerweise nicht. Die Verlagswelt verfolgt das Ganze staunend.
Paradox: Ohne die abschreckende Wirkung des Aktienrechts gäbe es Eichborn wohl heute nicht mehr – der Verlag wäre schon längst übernommen, geschluckt, liquidiert worden.
Nun hat der Hauptaktionär seine Mehrheitsbeteiligung abgegeben, und dass es alle wissen, ist auch eine Besonderheit des Aktienrechts: Fast jeder Schritt muss öffentlich gemacht werden, Bilanz inklusive – solche Transparenz scheuen viele Unternehmen. Doch einerlei, ob es nun einen Käufer von außen gibt oder ob der Hauptaktionär die Mehrheit an den Verkäufer von einst zurückgereicht hat – die Aktien dürften so gut wie wertlos sein. Denn das Insolvenzrecht, so hat der vorläufige Insolvenzverwalter klargestellt, steht über dem Aktienrecht: Erst werden alle Gläubiger bedient, dann die Eigentümer. Die Ereignisse haben das Zeug zu einem Shakespeare’schen Drama. Aus dem die kleine Frankfurter Fliege am Ende doch noch wie Phönix aus der Asche steigen könnte. Rußgeschwärzt und ohne Börsennotierung – aber wieder flugfähig.