Meinung: Preisbindung

Das Geschäft mit den Gutscheinen

14. Juli 2011
von Börsenblatt
Ein Urteil des Hamburger Landgerichts könnte wegweisend sein. Von Preisbindungstreuhänder Christian Russ.

Das größte Problem für die Buchpreisbindung stellen derzeit die sogenannten Gutscheinmodelle dar: Ein Händler drückt dem Kunden beim Kauf eines Buchs einen Fünf-Euro-Gutschein in die Hand, den der Kunde beim Kauf eines Buchs wieder einlösen kann. Die fünf Euro werden dann – angeblich – von einem Unternehmen bezahlt, das dem Kunden gern ein solches Geschenk machen und gleichzeitig für sich werben will. Ein klarer Preisbindungsverstoß, möchte man meinen. Aber so einfach ist es nicht: Es gibt ein Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main aus dem Jahr 2004, wonach der gebundene Ladenpreis beim Händler auch in zwei Zahlungen ankommen könne.

Nun gibt es Hoffnung: Mit seinem Urteil vom 8. Juni 2011 hat das Landgericht Hamburg der Firma studibooks unter Androhung von Ordnungsstrafen verboten, beim Verkauf von verlagsneuen Büchern andere Preise als die von den Verlagen gebundenen Ladenpreise zu berechnen.

Hintergrund des Rechtsstreits ist ein »Sponsorenmodell«, das den Gutscheinmodellen ähnelt: Bei studibooks konnte man Bücher zehn Prozent unterhalb des gebundenen Preises kaufen, wobei nach Darstellung von studibooks der Rest des Kaufpreises von Sponsoren gestiftet würde und deshalb kein Verstoß gegen die Preisbindung vorliege. Die Motivation für die Zuzahlungen sei das Bestreben der Unternehmen, Imagewerbung bei der Zielgruppe der Studenten zu betreiben.

Nach Auffassung des Landgerichts Hamburg ließen bereits Sinn und Zweck des Preisbindungsgesetzes daran zweifeln, dass das Sponsorenmodell von studibooks zulässig sei: Denn für den Käufer sei studibooks wegen des geringeren Preises attraktiver, weshalb es zu einem Preiswettbewerb käme, den die gesetzliche Buchpreisbindung ja gerade verhindern solle. Würde das Modell von studibooks Schule machen, so würde »die Zahl möglicher Bildungs-, Leseförderungs- und sonstiger Sponsoring­initiativen unüberschaubar geraten«. Auf Deutsch: Die großen Buchhandlungen würden zum Beispiel die Verlage auffordern, ihre Buchverkäufe durch Zuzahlungen zu fördern, um im Preiswettbewerb mit studibooks und anderen konkurrenzfähig zu bleiben.

Entscheidend war für das Gericht aber letztlich ein anderes Argument: Da die Sponsoren ihre Zahlungen auch zum Zwecke der Imagewerbung erbrächten, sei die von ihnen übernommene Zahlung zu einem mehr oder weniger großen Teil als Werbeentgelt zu betrachten. Daher könne die Zahlung des Sponsors nicht komplett auf den Ladenpreis angerechnet werden, beim Händler komme somit nicht der volle gebundene Ladenpreis an. Dann liege aber ein Preisbindungs­verstoß vor.

Sollte das Urteil rechtskräftig werden – studibooks will nach eigenem Bekunden Berufung einlegen –, so hätte es mit dieser Begründung erhebliche Auswirkungen auf die Praxis der Gutscheinmodelle. Denn dann müsste künftig jeder »Sponsor« außer dem Nennbetrag des Gutscheins dem Buchhändler auch noch den Wert der Imagewerbung zum Marktpreis bezahlen. Damit aber würde ein solches Modell wirtschaftlich unsinnig und die Umgehungsabsicht überdeutlich.

Das Urteil des Landgerichts Hamburg könnte also eine Zäsur darstellen und zum Startschuss für einen erfolgreichen Kampf gegen die Gutscheinmodelle einzelner Händler werden.